Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
lang. Morgen früh werden wir gemeinsam nach Torgard gehen.«
»Morgen früh, Hochmeister?«, Leandra schüttelte den Kopf. »Nein. Lasst uns gleich aufbrechen. Ich habe genug geruht. Ich könnte für den Rest der Nacht gar nicht mehr schlafen.«
Er zog die Brauen hoch, studierte ihr Gesicht. Dann nickte er und nahm wieder seinen Tiegel zur Hand. »Also gut, wie du willst. Dann komm her.«
Leandra trat zu ihm und schweigend begann er sein Werk. Alina erhob sich bald und verabschiedete sich. Sie bat darum, dass man sie, so gut es ging, über den Fortgang informierte. Dann verschwand sie.
Nach einer Weile war der Hochmeister fertig. »Ich denke, deine Wunden sind nun ausreichend gut versorgt. Wollen wir also wirklich gleich los, nach Torgard?«
Sie nickte nur.
»Fein. Dann kleide dich an. Ich warte draußen auf dich.« Damit wandte er sich um und verließ den Raum. Die Tür klappte hinter ihm zu.
Leandra ließ sich auf die Bettkante sinken, faltete die Hände und starrte zu Boden. Sie war zwar in Aufbruchsstimmung, konnte aber eine gewisse Schwermut nicht zurückdrängen. Sie stieß ein kleines, zynisches Lachen aus, als sie sich fragte, wie hoch die Wahrscheinlichkeit war, dass sie Victor binnen eines Tages irgendwo fand, vielleicht gemütlich in einem Wirtshaus sitzend und eine heiße Suppe schlürfend. Dass er den Pakt bereits gefunden hätte und man nur noch in aller Seelenruhe jenes geheimnisvolle Etwas, das dieser Pakt enthielt, zur Anwendung bringen musste... und Schwupps! waren die Drakken weg und alles war wieder in bester Ordnung.
Nein, diese Wahrscheinlichkeit war nicht allzu hoch. Ungefähr so hoch wie die, dass jetzt die Tür aufging, der Primas hereingeflogen kam, ihren Kopf umkreiste, und die alte Volksweise vom Drachenkönig sang. Sie lachte leise auf. Ihr war, als könnte sie bereits jetzt ihr angstvolles Zittern spüren, wenn sie auf den nächsten Schrecken traf, die nächste tödliche Gefahr. Wann würde ihr Glück sich wenden? Wann ging sie den einen Schritt zu weit, der ihr schließlich doch den Tod brachte? Oder war sie gar immun dagegen?
Ihren Naturell gemäß stieß sie die dunklen Gedanken von sich, sprang von der Bettkante auf, ließ das Hemd, das sie die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, fallen und hüpfte ein paar Schritte, bis sie vor dem Spiegel stand, den man für sie gebracht hatte. Sie betrachtete sich eingehend und stellte fest, dass der Primas nicht übertrieben hatte: Sie würde tatsächlich keine Narben davontragen.
Ihre gesamte Hautoberfläche wies rosige Stellen auf, und wenn sie mit dem Finger darüber fuhr, spürte sie, dass die Haut dort so weich wie die eines kleinen Kindes war - frisch verheilte Stellen, die noch einige Zeit brauchen würden, bis sie wieder die Färbung der übrigen Haut angenommen hatten. Ihre Brüste, Knie und Schultern hatten das meiste abbekommen. Sie stellte fest, dass sich ihre Figur verbessert hatte - seit damals, da sie mit Ulfas Hilfe in Angadoor wieder das Laufen erlernt hatte. Ihr Bauch war flach, ihre Beine wieder so schlank wie eh und je, und ihre Brüste waren wieder da, wo sie hingehörten: schön weit oben und hübsch anzusehen. Ja, sie gefiel sich und das tat ihr gut - nach dieser Tortur in der Röhre.
Jetzt, da sie diese seltsame Gewissheit verspürte, Victor schon bald wieder zu sehen, wusste sie tatsächlich, dass sie gewinnen würde. Aber woher? Woher sollte so eine Gewissheit kommen? Lag es wirklich an einem selbst? Dass man mit seinem unbeugsamen Willen und seiner leidenschaftlichen Entschlossenheit Dinge herbeiführte und wahr machte? Wenn das tatsächlich zutraf, dann hatte sie gute Aussichten, auch dieses Abenteuer zu überstehen und wieder einmal als Siegerin daraus hervorzugehen. Ja - das war kein schlechter Ansatz. Sie würde sich einfach nicht unterkriegen lassen.
»Ihr verfluchten Drakken«, knirschte sie und hob drohend die Faust gegen ihr Spiegelbild. »Ihr werdet euch wünschen, niemals hierher gekommen zu sein!« Dann ließ sie ihre kleine, entschlossene Faust sinken und lachte sich selber an. Ja, sie war wieder die Alte und sie würde gewinnen!
»Du hast gute Arbeit geleistet«, sagte der Mönch. »Brauchst du Geld?«
Der Glatzkopf lächelte matt. »Nun, wenn Ihr mich so fragt?«
Ötzli hatte zehn Goldfolint in der Hand und reichte sie dem Alten. »Fünf sind für dich«, sagte er. »Die anderen fünf steckst du diesem Polmar zu, damit er uns treu ergeben bleibt. Denkst du immer noch, ich sollte nicht
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