Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
Kichern ausstieß. »Sie hat immerhin Euren Vorgänger umgebracht.« Er räusperte sich. »Wenn ich das so sagen darf.«
Ötzli winkte ab und spazierte ein wenig herum. »Darfst du. Allerdings solltest du mich nicht mit ihm gleichsetzen. Chast war ein Wahnsinniger, ein Machtbesessener. Ihm ging es um nichts anderes, als seine verrückten Ziele durchzusetzen. Ich hingegen... ich habe etwas anderes vor. Ich will unsere Welt vor der Vernichtung retten.«
Der Alte zögerte. »Aber habt Ihr denn die Macht, die Drakken zu vertreiben, Meister? Oder hat Eure Bruderschaft sie?«
Ötzli überlegte, ob er es sich leisten konnte, diese Frage zu beantworten. Tief in seinem Inneren, so spürte er, wollte er sich rechtfertigen. Er sehnte sich förmlich danach, jemandem erzählen zu können, warum er dies alles tat und warum es auf diese Weise geschah. Seine neue Rolle als Oberhaupt der Bruderschaft stellte ihn in ein Licht, in dem er eigentlich nicht stehen wollte: in das Licht eines Chast - eines Wahnsinnigen und Machtbesessenen. Nein, so war er nicht. Er hatte ein rechtschaffenes Ziel, nur führte der Weg dorthin durch die Schattenwelt. Weil es keinen anderen gab.
Für Augenblicke war er versucht, dem Alten zu erklären, um was es ging. Dass er die Drakken nicht vertreiben konnte, sondern nur eine einzige Möglichkeit sah - nämlich gemeinsame Sache mit ihnen zu machen. Aber es mochte sein, dass der Alte dem nicht zustimmte. Dass er war wie viele andere in dieser Welt und lieber für seine Freiheit kämpfen und nötigenfalls sterben würde.
Sterben? Wofür? Ein kluger Mann wusste sich auch mit den widrigsten Umständen zu arrangieren. Die Drakken wollten die Magie? Nun, dann sollten sie sie haben! Wozu die Magie mit dem Leben verteidigen? Sollten doch die Drakken mit Hilfe der Magie ihre Feinde da draußen im All vernichten. Was ging das die Höhlenwelt an? Er selbst würde so klug sein, sich mit ihnen zu einigen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass dies zu seinem Schaden war. Ein überlegenes Volk wie die Drakken sollte begriffen haben, dass es sehr viel mehr Mühe, Einsatz und Zeit kostete, ein Volk zu unterjochen, als es mit mildem Druck in die gewünschte Richtung zu lenken. Und er, dazu war er fest entschlossen, würde ihnen dabei helfen. Wenn das jeder in dieser Welt tun würde, dann müsste wahrscheinlich niemand sterben und niemand irgendeinen Nachteil in Kauf nehmen. Aber so waren die Menschen nicht. Immerzu mussten sie sich auflehnen - gegen jede Vernunft. Nein, es verlangte ihn nicht nach dem Rang eines Shabibs. Jedenfalls nicht, solange das Volk mit Vernunft auf die unausweichlichen Tatsachen reagierte. Aber so verhielt es sich nun mal nicht. Die Höhlenwelt würde kämpfen, allen voran diese Leandra und sicher auch die Shaba, wenn sie je diesen Posten erlangte, der Hierokratische Rat, die Gilde, die einfachen Leute in den Dörfern und Städten - einfach alle.
Und das konnte er nicht zulassen. Er würde Shabib werden, um die Menschen vor ihrer eigenen Dummheit zu bewahren! Es bedurfte schon einer gewissen Klugheit, Bildung und eines Weitblicks, das Schicksal eines Volkes gegen die unumgänglichen Folgen aufzuwiegen und einen angemessenen Schluss daraus zu ziehen.
Dann allerdings kam ihm kurz der Gedanke in den Sinn, den er schon gehabt hatte, als er sich mit den Drakken traf. Irgendetwas mochte es noch geben, das sie haben wollten, und er wusste nicht, was das war.
Aber letztlich war das nicht so wichtig. Die Sache war für ihn klar, er wusste, was er tun musste. Und es war besser, wenn niemand von seinen genauen Absichten erfuhr. Er würde die Welt vor vollendete Tatsachen stellen, und irgendwann später, vielleicht erst in hunderten von Jahren, würde man anerkennen, was er für die Welt getan hatte. Und wie wenig heldenhaft diese Leandra in Wahrheit gewesen war.
»Ja«, antwortete Ötzli, »ich kann die Drakken vertreiben. Mit der Macht einer speziellen Magie. Aber dazu muss ich diese Leandra finden. Schick deine Leute aus und such sie. Sie ist erst vor wenigen Stunden geflohen und muss noch in der Stadt sein. Finde sie und ich werde dich reich belohnen!«
18 ♦ Begegnungen
Im ersten Morgengrauen, sobald man draußen die Konturen der Landschaft erkennen konnte, weckte Roya Victor. Er schreckte hoch.
»Ich... ich bin eingeschlafen«, sagte er schuldbewusst. Obwohl er ihr Gesicht in der Dunkelheit nur schwach erkennen konnte, sah er die Müdigkeit in ihren Zügen. Durch das Fenster fiel das erste
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