Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
oder drei deuteten mit ihren dürren Armen auf ihn und andere nickten mit ihren hässlichen Echsenköpfen. Victor wusste sofort, dass sie das waren - die Drakken. Zum ersten Mal erblickte er nun selbst welche. Sie waren erschreckend und widerwärtig.
In diesem kurzen Augenblick schössen ihm verschiedene Dinge durch den Kopf.
Erstens konnten sie ihn nun, wenn er weiterlief, direkt beobachten. Wie sie ihn vorher ausgemacht hatten, wusste er nicht, wahrscheinlich mithilfe ihrer überlegenen technischen Mittel. Von einem Gegner allerdings direkt gesehen zu werden, das verschlechterte die Lage des Fliehenden, so jedenfalls empfand es Victor. Der nächste Gedanke war, dass er seinen einzigen Vorteil zunichte machte, wenn er nun weiterrannte: die Nähe. Blieb er dem Drakkenschiff so nahe er konnte, hatte er eine geringe Chance, außerhalb der Reichweite seiner Waffen zu bleiben. Und schließlich: Er wusste nicht, wie weit der Sims noch führte, ob er nicht plötzlich zu Ende war.
Also kehrte er um.
Er bremste ab und rannte sofort in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Unmittelbar danach hörte er das typische Aufjaulen - diesmal aber sehr nah und sehr laut. Abermals löste sich von irgendwo ein grell orangefarbener Schuss, fuhr aber weit oberhalb von ihm in die Felswand. Victor, der nur noch rannte, bekam kaum etwas davon mit. Er sah, wie das Schiff in Bewegung geriet, es schien herumschwenken zu wollen. Dann geschah etwas, womit er nicht gerechnet hätte: Das Schiff stieß gegen die Felswand.
Es hing in der Luft wie an einem riesigen Seil, schlingerte und versuchte sich herumzudrehen. Mit der Vorderseite, dort wo sich die blaue Kuppel mit den Drakken befand, bollerte es an die Felswand - unbeholfen, wie ein Schiff in der Hafendünung gegen die Pier schlägt, wenn es schlecht festgemacht ist.
Hinter ihm, wo das Schiff gegen die Felswand schlug, wurde ein Teil des Simses abgesprengt. Victor geriet nun wieder in den Bereich des hellen Lichtstrahls hinein, aber das war schon egal. Er wusste, dass die Drakken nicht gut schießen konnten, solange sie so nah waren. Aber das würden sie wohl auch selbst sehr bald feststellen, und es war sicher nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich von dem Sims entfernten, um ihn unter Beschuss zu nehmen. Sie wussten, wo er war, und sein Ende näherte sich unausweichlich.
Dann aber ging alles ganz schnell.
Er musste gar nicht mehr nachdenken. Als er aus dem grellen Lichtkegel herauskam, sah er, dass der Zusammenstoß des vorderen Teils des Schiffes mit der Felswand eine Gegenbewegung hervorgerufen hatte, sodass sich jetzt der hintere Teil des Schiffes der Wand bedrohlich näherte. Er konnte förmlich schon das hohle Boooong! hören, das ertönen würde, wenn das Schiff gegen den Pfeiler prallte. Und ebenso hatte er schon den Sims vor Augen, wie er bei dem Zusammenprall bersten und absplittern würde.
Seine Reflexe übernahmen das Kommando. Als die hintere Seite des Drakkenschiffes in seine Richtung schwang, sprang er über den zweifellos gleich abberstenden Teil des Simses hinweg, und noch bevor er das dröhnende Geräusch des Rumpfes vernahm, der gegen die Felswand schlug, hatte er schon wieder Boden unter den Füßen: er war auf der Hülle des Drakkenschiffs gelandet. Eine lebensgefährliche Sekunde kämpfte er um seine Balance, als das Schiff gegen die Felswand stieß, erzitterte und zurückprallte. Dann hatte er sein Gleichgewicht wieder gefunden und schob sich augenblicklich in einen Einschnitt zwischen zwei Ausbuchtungen, die sich auf der Außenseite befanden.
Er kauerte sich nieder, krallte sich irgendwo fest und verhielt sich absolut still.
Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Mit einem beherzten Satz, den man nicht einmal als schlau, sondern fast nur als einen glücklichen Reflex bezeichnen musste, hatte er seine Überlebenschancen verhundertfacht - was immer nun kommen mochte. Auf dem Sims wäre er getötet worden, das stand außer Frage.
Schon wieder rasten seine Gedanken. Würde er sich hier oben halten können, wenn das Schiff Fahrt aufnahm? Wie schnell würde es fliegen? Würde er überhaupt noch atmen können? Er hatte mit Faiona einen wirklich schnellen Flug erlebt, und er wusste, dass man dabei zusehen musste, wie man Luft bekam! Dass so ein Drakkenschiff noch viel schneller fliegen konnte, daran zweifelte er nicht.
Und wohin würde es fliegen? Würde es mitten in einem Nest der Drakken landen, wo man ihn dann nur noch herunterzerren und umbringen musste?
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