Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
die Oberfläche des Drakkenschiffes einigermaßen gut erkennen. Er heißer Schauer lief ihm über den Rücken, als er plötzlich merkte, dass der Boden unter ihm wärmer wurde; es erinnerte ihn an die Hitze der Drachenrücken. Vielleicht erzeugte solch ein Drakkenschiff Wärme, wenn es schnell flog. An den wummernden Geräuschen hörte er, dass die Drakken noch immer damit beschäftigt waren, die Felswand mit aller Gründlichkeit zu beschießen. Es krachte, zischte und blitzte nur so. Vermutlich blieben ihm nur noch ein, zwei Minuten.
Er versuchte, die Kräfte zu ermessen, die bei einem solchen Flug auftraten. Die Geschwindigkeit, die Kraft des Windes, die Kälte, die Abkühlung des Metalls im Wind - einfach alles, was ihm in den Sinn kam. Er wollte sich einen Platz auf dem Rücken des Schiffes suchen, an dem er eine Chance hatte. Unruhig huschten seine Blicke über all die Ausbuchtungen und Vorsprünge, die es hier gab. An manchen Stellen war die Außenhaut des Schiffes warm. Er hoffte nur, dass die Hitze während des Fluges nicht so weit in die Höhe schnellte, dass er gekocht würde.
Schließlich glaubte er, einen Platz in einem tiefen Einschnitt zwischen zwei riesigen Wülsten gefunden zu haben: Die Stelle war durch einen abgeschrägten metallischen Vorsprung windgeschützt, bot ein paar Griffe zum Festhalten, und in einer länglichen Vertiefung, in die er sich hineinlegen konnte, schien es warm zu sein. Notfalls konnte er dort vielleicht sogar herausklettern und sich weiter vorn hinter den Vorsprung kauern.
Eilig übersprang er ein Hindernis und wollte sich eben in sein hoffnungsvolles Versteck fallen lassen, als er plötzlich etwas sah.
Leandra schlief nicht fest, dazu war sie sich der Gefahr zu sehr bewusst. Sie wachte häufig auf, kontrollierte ihre und auch Jockums Position und gab Tirao kurze Hinweise oder fragte ihn, wie es ihm ging. So blieb es die ganze Nacht hindurch.
Als schließlich der Morgen graute, merkte sie, dass der Primas wach war, sie zu sich herangezogen hatte und sie halb in seinen Armen hielt, wie ein kleines Kind. Sie musste die letzten ein, zwei Stunden tief geschlafen haben.
»Der Drache ist ein wahrer Flugkünstler«, stellte der Primas fest. »Ich habe mich tatsächlich ein wenig erholen können!«
Leandra fühlte sich wie gerädert, aber trotzdem besser als noch in der Nacht. Sie richtete sich auf und spähte in den Wind.
»He«, rief sie und deutete in die milchige Ferne. »Ist das der Landbruch? Der ist ja riesig!«
Guten Morgen, Leandra, lautete Tiraos Gruß. Ja, das ist er. Wir erreichen bald die Hochebene von Noor. Noch fünf oder sechs Stunden, dann sind wir in Hammagor.
Seine Stimme klang müde, obwohl er noch immer überdurchschnittlich schnell zu fliegen schien. Leandra spürte irgendetwas.
Du klingst nicht sehr glücklich, Tirao. Was ist los?
Eine Pause entstand. Leandra lauschte ein wenig ins Trivocum und bemerkte die Anwesenheit des Hochmeisters. Er hörte mit, aber vermutlich verstand er nicht viel.
Tirao - was ist denn?
Es dauerte eine ganze Weile, ehe er antwortete. Ich staune, dass du so empfindsam bist, antwortete der Drache. Ich habe nur wenige Sätze zu dir gesagt.
Leandras Verwirrung wuchs. Sie spürte plötzlich, dass eine sehr, sehr schlechte Nachricht auf sie wartete. Ihre Gedanken flogen zu Victor, eine plötzliche Angst keimte in ihr auf, dass ihm etwas passiert war.
Faiona ist tot, sagte Tirao schließlich. Ich... ich habe es gespürt. Heute Nacht. Kurz nachdem ihr eingeschlafen wart.
Eine eisige Kralle griff nach Leandras Kehle. Sie ist... tot?
Wieder antwortete Tirao nicht, aber es gab auch nicht viel zu sagen. Leandra blickte betroffen zu Hochmeister Jockum; er nickte kaum merklich - zum Zeichen, dass er verstanden hatte.
Bist du sicher?, fragte sie zögernd. Ich meine...
Tiraos Antwort kam sofort. Wir Drachen können so etwas spüren, sagte er. Damit war alles klar.
Leandra fühlte sich schuldig. Ganz plötzlich und mit jeder Faser ihres Körpers - schuldig. Wir hätten euch Drachen nie da mit hineinziehen dürfen, sagte sie tonlos und voller Trauer.
Tiraos Antwort klang ein wenig zynisch. Mach dir keine Vorwürfe, Leandra. Wir haben das selbst entschieden. Und wir würden uns eine solche Entscheidung niemals von euch vorschreiben lassen. Das weißt du.
Sie hätte Tirao am liebsten in den Arm genommen, wenn das irgendwie möglich gewesen wäre. Es tut mir Leid, brachte sie nach einer Weile hervor.
Sein leises, spöttisch klingendes
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