Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
entzündet hatte. Überall lagen Decken, Kleider und andere Dinge herum, die Roya aus dem Innenhof heraufgebracht hatte.
Roya fiel zuerst ihm und dann Leandra um den Hals - sie und Leandra hatten sich seit damals im Roten Ochsen in Savalgor nicht mehr gesehen. Roya warf Victor einen vielsagenden Seitenblick zu. Plötzlich wurde ihm klar, dass sich Leandra Fragen stellen musste - und Roya vielleicht auch. Er verspürte plötzlich das Bedürfnis herauszufinden, ob sie irgendeine Eifersucht gegen Leandra hegte. Er zog Leandra in seine Arme, küsste sie und beobachtete dabei, über ihre Schulter hinweg, ihre Freundin.
Roya grinste nur, streckte ihm die Zunge heraus und erging sich anschließend in einer Reihe von betont frechen Anspielungen über ihn und Leandra - dass er ihr seit Wochen die Ohren vollgeschluchzt hätte, wann er sie endlich wieder sehen könnte, und dass er sie, Roya, stets davongejagt hätte, wenn sie ihn hätte trösten wollen. Zur Bestätigung dessen hakte sie sich wieder bei ihm unter und drückte ihm einen schmatzenden Kuss auf die Wange. Erst jagte er sie davon, dann lachten sie alle drei. Die Anspannung der letzten Tage löste sich endlich.
Dann sahen sie nach Quendras. Er schlief noch immer, aber Roya versicherte ihnen, dass er wieder in Ordnung war, nur noch etwas geschwächt. Sie sagte - und Victor erkannte dabei eine gewisse Verlegenheit in ihren Gesichtszügen -, dass sie es mit Hilfe einer Magie geschafft hätte. Victor schnaufte. Ihn beschrieb eine unangenehme Ahnung, wessen Magie das gewesen war, aber er schwieg. Er wollte das Thema Sardin möglichst noch bis morgen verschieben. Außerdem traf Roya kaum eine Schuld. Er war lange fortgeblieben.
Bei diesem Gedanken kam ihm der Grund dafür in den Sinn, und eine plötzliche Lähmung packte seine Schultern wie ein eiserner Griff. »Roya«, sagte er dumpf. »Ich muss dir etwas sagen...«
Mit schief gelegtem Kopf und erstarrter Miene sah sie ihn an. »Ist... etwas mit... Faiona?«, fragte sie leise.
Er holte tief Luft. »Sie ist tot«, sagte er.
Roya schloss die Augen, drehte sich um und hob die Hände vors Gesicht. Sofort traten Victor und Leandra zu ihr, nahmen sie in die Arme und flüsterten ihr tröstende Worte zu. Als sie aufblickte, war ihr Gesicht tränenüberströmt. »Tot?«, wimmerte sie. »Wirklich tot?«
Victor erklärte es ihr so sanft er nur konnte, und er fühlte sich dabei schmutzig und schuldig, denn er hatte überlebt. Royas Reaktion war unerwartet wie auch liebevoll: Sie nahm wiederum ihn in die Arme, weinend, denn er hatte nicht weniger eine wertvolle Freundin verloren als sie.
Als der Primas kurz darauf von Tirao zurückkehrte, wurde er Zeuge der bewegenden Szene. Roya wurde ihm vorgestellt und er drückte ihr sein Mitgefühl aus. Für Minuten wusste keiner, was er sagen oder tun sollte. Roya wollte zu Tirao, aber Jockum berichtete, dass der Drache schlief. »Wenn er zwei Tage oder auch länger ungestört bleibt, wird er es gut überstehen«, meinte er.
Noch unter Tränen führte Roya ihn zu Quendras. Während er den Puls des schlafenden Magisters der Bruderschaft fühlte, nahm Leandra Roya beiseite und bat sie, ihr dabei zu helfen, eine Mahlzeit herzurichten.
Bald saßen sie um das kleine Feuer herum und aßen. Roya kauerte mit trüben Blicken neben Victor. Er war bestürzt, wie sehr sie diese Nachricht getroffen hatte, wie tief die Freundschaft gewesen war, die sie zu Faiona empfunden hatte. Dann überspülte ihn selbst wieder die Trauer und es fiel ihm immer schwerer zu glauben, dass er ihre mächtige Erscheinung nie wieder erblicken würde. Die unglaubliche Lebenskraft, die ruhige Besonnenheit und die überlegenen, moralischen Werte, von denen sie erfüllt gewesen war, erschienen ihm plötzlich wie ein nicht wieder gutzumachender Verlust in dieser Welt.
Rasnor war verzweifelt. Drei Leute waren mit dem Drachen zurückgekommen, spätabends in der Dämmerung. Das hatte er mitbekommen, weil er seinen Beobachtungsposten an einen günstigeren Ort - hinab in die Ebene - verlegt hatte. Drei Leute mehr... Dadurch waren seine Chancen, sie zu überrumpeln, nahezu auf Null gesunken.
Er wusste nicht, wer die beiden anderen waren, die Victor mitgebracht hatte. Wo hatte er hier in dieser Gegend Verbündete auftreiben können? Nun, er war fast drei Tage lang fort gewesen, aber diese Zeit reichte trotzdem nicht, um bis nach Savalgor und zurück zu fliegen. Viel weiter als bis nach Kambrum konnte er nicht gekommen sein. Es
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