Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
ein kichernder alter Mann, der mir Rätsel aufgibt?«
Natürlich erhielt er keine Antwort.
Plötzlich war er nicht mehr sicher, ob Sardin dies hier tatsächlich erbaut hatte. Hammagor musste eigentlich noch älter als der Gründer der Bruderschaft sein: soweit Victor wusste, war dieser Ort zum ersten Mal in Zusammenhang mit dem Fürsten von Noor erwähnt worden, Sardins Vater. Dieser grausame Herrscher hatte seine Ehefrau getötet, nachdem sie ihn betrogen hatte, und anschließend seinen eigenen Sohn Sardin, der Zeuge der Bluttat gewesen war, jahrelang wie einen Verbrecher hier in Hammagor in ein Gefängnis gesperrt. Sardin hatte, nach vielen Jahren, als er endlich freigekommen war, seinen Vater erschlagen, dessen Quellen der Rohen Magie an sich gerissen und dann die Bruderschaft gegründet.
Er sah sich prüfend im Raum um, in dem noch immer der Wächter leise schnaubend und fast bewegungslos dastand, wie ein blindes Monstrum, das in die Dunkelheit starrte, um sofort um sich zu schlagen, wenn es irgendein lebendes Wesen wahrnahm. Sardin war nicht in Hammagor geboren, aber er hatte hier sein Leben verbracht. Kein Wunder, dass dieser schreckliche Ort und sein grausamer Vater sein Gemüt verfinstert hatten.
Victor ertappte sich dabei, für einen Augenblick so etwas wie Bedauern für das Schicksal Sardins empfunden zu haben. Für das Schicksal dieses Mannes, der zu so etwas wie einem Gott geworden war, unsterblich, aber beileibe nicht allmächtig oder allwissend. Und der sich in der Sphäre der Unsterblichkeit offenbar tödlich langweilte und sich nun damit amüsierte, Unheil und Verdruss über die Welt zu bringen. Nein, entschied Victor, ein solches Verhalten wurde auch nicht durch die schlimmste persönliche Vergangenheit gerechtfertigt.
Der Wächter dort unten in der Grube fuhr plötzlich herum, so als hätte er aus der anderen Richtung etwas vernommen... und blieb wieder stehen, seltsam unbestimmt in seinen Handlungen. Nunmehr hatte er Victor den Rücken zugewandt. Irgendwie schien von diesem Biest keine allzu große Gefahr auszugehen. Jedenfalls nicht, solange Victor sich nicht bewegte.
Er holte Luft. Kurze Zeit hatte er erfolgreich verdrängt, dass er hier in einer teuflischen Falle saß -eingesperrt in einem unergründlichen und möglicherweise unendlich großen Labyrinth, in dem dieser Wächter wahrscheinlich nur den allerkleinsten Teil seiner Probleme ausmachte.
Diese Gänge ohne Umkehr und die Gruben mit den Wächtern (und wer wusste schon, was es hier noch für Überraschungen gab) würden sein Vorankommen gewaltig verlangsamen, wenn nicht gar völlig zum Stillstand bringen.
Er mahnte sich, das Problem mit Hilfe seines Verstandes anzugehen. Er hatte sich schon öfter mit Klugheit und Umsicht aus bedrohlichen Situationen retten können. Irgendein Prinzip musste hinter dem Aufbau dieses Labyrinths stehen. Was hatten die Erbauer mit all den Räumen und ihren acht zugemauerten Torbögen, mit den Gängen, den Gruben und den Wächtern im Sinn gehabt?
Er fragte sich, ob irgendwer vor Sardin einen Grund gehabt hätte, so etwas wie dieses Labyrinth zu errichten. Wenn ja, zu welchem Zweck? Um einmal so etwas wie einen Pakt darin verstecken zu können, falls fremde Wesen von den Sternen kämen, mit denen man übereinkommen musste?
Unsinn.
Niemand machte sich die Mühe, ein so kompliziertes Ding zu erbauen, wenn es keinen unmittelbaren Grund dafür gab. Das sprach dafür, dass Sardin tatsächlich der Erbauer war. Er hatte dieses Labyrinth errichtet, als er den Pakt erhalten und die Notwendigkeit gesehen hatte, ihn zu verbergen, möglicherweise über lange Zeit hinweg und ohne wirklich zu wissen, ob immer ausreichend viele Männer seiner Bruderschaft da sein würden, um den Pakt zu beschützen. Die Festung als solche mochte schon länger existiert haben, die Hinzufügungen jedoch - von der bedrohlichen Atmosphäre innerhalb der Festung über all die tödlichen Fallen bis hin zu dem langen Tunnel, dem Turm und nun diesem Labyrinth, mussten Sardins Werk sein.
Vorsichtig und sehr langsam stieg Victor die drei Treppenstufen in die Grube hinab, machte einen Schritt zur Seite und trat dann gleich wieder rückwärts in Richtung der Wand, um sich dagegen zu drücken. Der Wächter wandte ihm noch immer den Rücken zu. Langsam, Schritt für Schritt, bewegte sich Victor nach links auf den nächsten Durchgang zu. Plötzlich fuhr der Wächter mit einem grunzenden Laut herum und blieb genau mit dem Blick in Victors Richtung
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