Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
auflösen konnte. Irgendwie erschien ihm das nicht vorstellbar und auch nicht richtig. Er hatte versucht sich vorzustellen, dass dieses Ich irgendwie, nach dem Tod eines Menschen, frei durch den Raum schwebte, durch irgendeinen Äther, eine Sphäre der Transzendenz, und dort, frei von irgendwelchem Wissen, von Gefühlen, Sinnen oder sonstigen weltlichen Dingen, sich wieder einer neuen Existenz, die irgendwo im Kosmos entstand, anschloss. Dass ein neu entstehendes Wesen, vielleicht ein Kind im Mutterleib oder wenigstens irgendein Tier, dieses Ich an sich band, um damit eine neue Partnerschaft für ein Leben von Jahren, Jahrzehnten oder vielleicht sogar Jahrhunderten einzugehen.
Aber so weit, dass Victor eine endgültigen Gewissheit über diese Frage erlangte, kam es nicht. Das Schwarz verwandelte sich in Grau und dann in Licht, und als er wieder glaubte sehen zu können, erkannte er als Erstes die Form eines weiblichen Gesichts über sich.
Rasnor flog schon den ganzen Vormittag lang durch die Gegend - auf der Suche nach einem dieser fliegenden Riesendinger, in denen er die Drakken vermutete. Er war fest entschlossen, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, und sie waren hier, das wusste er jetzt. Sie waren in der Luft, flogen in diesen gewaltigen, länglichen Gebilden - nichts anderes konnte das Wort Drakkenschijf bedeutet haben, das er aufgeschnappt hatte. Die Drakken kamen von jenseits dieser Welt, das hatte Chast schon gesagt, und irgendeine Art Fahrzeug benötigten sie für ihren Weg hierher. Er war bereit, jeden Betrag zu wetten, dass sie in den Schiffen saßen und Hammagor suchten.
Aber er fand keines. Stunden um Stunden kreiste er durch den Himmel über dem Land Noor, aber er hatte einfach kein Glück. Unterdessen wurde sein Drache schwächer und schwächer. Schließlich sah er ein, dass das Tier ihn nicht weiter befördern konnte, wenn er ihm kein Futter gönnte.
Zunächst erschien es ihm problematisch, den Drachen zur Futtersuche zu bewegen. Dann aber wurde ihm klar, dass er nur den mentalen Block lockern musste, damit das Biest der Sache nachging, die es am meisten plagte: Hunger!
Als er es tat, fühlte er den Hass des Drachen gegen ihn aufbranden. Er beeilte sich, ihm zu zeigen, wer hier der Herr war. Das Tier schrie gepeinigt auf, als Rasnor mit seiner Magie den Block zuschraubte - ja, er glaubte sogar, einen Anflug von Dankbarkeit zu verspüren, als er ihn wieder lockerte. Langsam verstand er die Funktionsweise dieser Magie - und mit diesem Wissen stellte sich ein plötzliches Gefühl neu erlangter Macht ein. Ja - wenn er diese Macht klug nutzte, würde er von dem Drachen alles bekommen, was er haben wollte!
Dann begann er sogar mit ihm zu sprechen, baute darauf, dass der Drache wie ein Hund am Tonfall die Laune seines Herrn erkannte und sich lieber unterordnete, ehe er wegen seiner Ungehorsamkeit Schmerzen erleiden musste. Es funktionierte! Rasnor verlegte sich mit seinen Worten auf die Ebene des Trivocums, es hieß ja, Drachen besäßen, neben ihrer niederen Intelligenz, eine schwache, magische Begabung.
Jetzt gehörst du mir, du Bestie!, ließ er den Drachen wissen, und nach ein paar deutlichen Warnungen lockerte er den Block so weit, dass der Drache verstand -er durfte sich um sein leibliches Wohl kümmern. Obwohl das Tier inzwischen sehr, sehr schwach war, spürte Rasnor unter der Oberfläche seines erschöpften Körpers und Geistes immer noch diese lodernde Flamme des Widerstands, und irgendwie gefiel es ihm immer mehr, ein so mächtiges und willensstarkes Biest in seiner Gewalt zu haben. Und dann geschah auch noch etwas ganz Bemerkenswertes.
Der Sturmdrache hatte sich nach Süden gewandt, hin zu einem schmalen Einschnitt zwischen einer Gruppe von Felspfeilern. Rasnor sah schon von weitem, dass aus einem der Felspfeiler, einem sehr breiten, grauen Riesen, eine kleine Stafette von Wasserfällen hervorsprudelte. Das Wasser schoss aus kleinen, höhlenartigen Öffnungen in ein paar hundert Schritt Höhe und stürzte in die schattige Tiefe zwischen den Pfeilern; dort schien es Schluchten und tiefe Täler zu geben. Dann sah Rasnor, was der Drache dort wollte: Bäume und Büsche, klammerten sich an die Felsen und dort irgendwo musste der Drache Futter gewittert haben. Golaabäume, das war allgemein bekannt, wuchsen an Bächen, Flüssen und Seen.
Der Drache steuerte in die enge Passage zwischen den Stützpfeilern und es dauerte nicht lange, da sah Rasnor die Wasserfläche eines kleinen Sees zwischen den
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