Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
Höhe, denn plötzlich war ihm klar geworden, dass dieses Labyrinth fünfhundert Ausgänge haben mochte, oder seinetwegen auch fünftausend oder gar fünfzigtausend, dass es aber nur wenige Sekunden dauerte, einen davon zu benutzen! Das erleichterte ihn schlagartig. Ein Tag hatte - er rechnete schnell nach -86400 Sekunden, und selbst wenn dieser vermaledeite Irrgarten hunderttausend Durchgänge besaß, würde er sie alle in weniger als... zwei Tagen durchschreiten können!
Wenn ich keinen doppelt benutze, sagte er sich.
Sein Überlebenswille war neu erwacht. Er fasste bewusst einen anderen Ausgang ins Auge als jenen, durch den er gekommen war (konnte er jemals sicher sein, welchen er gerade benutzt hatte?), und schritt hindurch.
Ein weiterer Raum mit acht Durchgängen. Nichts Besonderes gab es hier, also ging er gleich weiter.
Wieder ein solcher Raum, danach noch einer. Er zwang sich, seine Erwartungen zu vermindern, ruhig zu bleiben, und marschierte weiter. Nach einem runden Dutzend weiterer Räume stand er plötzlich am Beginn eines langen Ganges, der sich vor ihm in der Dunkelheit verlor. Er wagte sich ein paar Schritte voran. Dann, als er schon weiter bis zum anderen Ende des Ganges gehen wollte (das hoffentlich irgendwo kam), sagte er sich, dass er vielleicht doch versuchen sollte, irgendeine Methode in seine Suche zu bringen. Also entschied er sich, zunächst einmal alle Gänge auszulassen. Vielleicht führten sie an besondere Orte, und solange er keine Vorstellung von der Art dieses Labyrinths besaß, wäre es sicher gut, nicht sämtliche Wagnisse auf einmal einzugehen. Vielleicht gelang es ihm ja so, das Prinzip des Labyrinths zu ergründen.
Er drehte sich wieder um, ging ein paar Schritte zurück zu dem Torbogen, durch den er eben hier angekommen war... und stieß gegen die Wand.
Verwundert trat er zurück. Vor ihm lag der Durchgang, scheinbar zugemauert, wie alle anderen auch, aber diesmal... Er tastete mit der rechten Hand und fühlte solide Mauersteine!
Victor schnaufte. Hier schien sich etwas gegen ihn zu verschwören. Nichts lief so, wie er es erwartete. Aber egal, sagte er sich, so leicht war er nicht klein zu kriegen. Er drehte sich um und schritt mutig voran - in die Dunkelheit, in der sich der Gang in der Ferne verlor. Das Licht schien ihn zu begleiten, so als wäre er selbst die Quelle der dumpfen Helligkeit. Es dauerte nicht lange, da erreichte er das Ende des Ganges, und vor ihm tat sich ein neuerlicher, steinerner Torbogen auf. Auch er war zugemauert, und wenn sich diese Steine als ebenso solide erwiesen, dann saß er in der Falle.
Er tastete voran - und atmete erleichtert auf, als sich die Wand als durchlässig erwies. Einen Augenblick später war er schon hindurch.
Es handelte sich um einen der Wächter, das sah Victor gleich.
Das Monstrum ähnelte aufs Haar seinen Artgenossen, die sich zu jeweils neunt oben in den Arkaden auf dem Innenhof von Hammagor versammelt hatten: ein typischer, extrem kleiner Kopf mit schmalem Mund und winzigen Augenschlitzen, dazu der grotesk massige Körperbau, die gewaltigen Muskelstränge und eine Körpergröße, die auch einen Krieger wie Jacko in Angst und Schrecken versetzen dürfte.
Nur diesmal schien er lebendig zu sein.
Victor war bewegungslos stehen geblieben. Sein Herz pochte wild. Für den Augenblick tat die Kreatur nicht viel; Victor überlegte, ob es vielleicht an ihren winzigen Augen lag, durch die sie nicht viel sah. Er tastete mit der Hand nach hinten, stellte fest, dass die Wand hinter ihm nach wie vor durchlässig war. Er konnte sich also wieder in den Gang zurückziehen, wenn es gefährlich wurde. Vor ihm führten drei Stufen in den Raum hinab. Von hier gab es nur drei weitere Ausgänge - zusammen mit seinem waren es vier, jeder davon mit drei Treppenstufen davor. Und unten, in der Grube, die vielleicht fünfzehn Schritt im Durchmesser maß, stand das Monstrum, starrte an ihm vorbei ins Leere und schnaubte leise.
Wie in einem Märchen, dachte Victor. Das kann eigentlich nur Sardin erfunden haben.
Victor tastete sicherheitshalber noch einmal mit der Hand nach hinten und vergewisserte sich seines Rückzugweges. »Sardin?«, sagte er leise. Das Monstrum reagierte, wie er vermutet hatte, nicht auf seine Stimme. »Sardin? Hörst du mich?«, wiederholte Victor, diesmal lauter. Auch darauf reagierte das Monstrum nicht. »Was kommt als Nächstes?«, rief er. »Noch ein paar deiner fallenden Hängelüster? Vielleicht Schlangengruben? Oder gar
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