Höhlenwelt-Saga - 08 - Die Magie der Höhlenwelt
Freundin in die Arme. Victor
hingegen richtete die Blicke in den inzwischen völlig dunklen
Himmel, in der Hoffnung, die Drachen würden bald zurückkehren.
Aber heute Nacht würden sie hier noch aushalten müssen.
*
Ain nächsten Morgen kamen sie. Und ihre Ankunft war beeindruckend.
»So muss es damals an der Säuleninsel ausgesehen haben, als
die Drachen kamen«, flüsterte Victor ehrfurchtsvoll.
»Als sie kamen und den großen Stützpunkt der Drakken in
Schutt und Asche legten.«
Mit offenem Mund starrte er vom Windhaus aus nach Norden in
den Himmel hinaus. Neben ihm war Marko, alle anderen waren
noch im Drachenhorst und schliefen. Das Unheil und die Trauer
des vergangenen Tages hatten sich bei den meisten in einem tiefen Bedürfnis nach Schlaf niedergeschlagen. Victor war dieses
Phänomen nicht unbekannt. Für ihn jedoch gab es etwas, das ihn
die ganze Nacht wach gehalten hatte. Während die meisten seiner Gefährten mehr ihren Augen trauen wollten als dem Gefühl
von Hochmeister Jockum, war Victor voller Hoffnung, dass man
Cathryn vielleicht doch noch retten konnte. Wenn sie starb, wäre
das mehr als nur ein entsetzlicher Verlust. Cathryn zu verlieren
bedeutete, vielleicht nie mehr etwas von Leandra zu hören oder
von Roya und Munuel. Bisher hatten sie sich wacker gegen die
Übermacht des Feindes geschlagen, doch die Verluste des gestrigen Tages waren grauenvoll. Victor fühlte sich ein wenig, als hätte man ihn aus einem romantischen Traum von Ehre und Heldentum in eine hundsgemeine, kalte Realität voller Blut, Ungerechtigkeit und Tod zurückgeholt. Dass Hellami wirklich von ihnen
gegangen war, hatte sein Verstand zwar widerstrebend akzeptiert, seine Gefühle jedoch weigerten sich, es hinzunehmen. Er
musste dem Gedanken aus dem Weg gehen, dass er sie nie wieder würde lächeln sehen, nie wieder ihre Energie würde spüren
und nie wieder ihre schlichte und schöne Weiblichkeit würde bewundern können. »Sieh mal, wie viele es sind«, flüsterte Marko
und deutete hinauf.
Victor nickte. Ein paar hundert Drachen mochten es sein, die
sich am nördlichen Himmel abzeichneten, Vertreter vieler verschiedener Arten: Fels- und Feuerdrachen, Sturmdrachen, ein
paar große Onyxdrachen und sogar einige vierbeinige Salmdrachen. Wären sie nur gestern schon hier gewesen!
Victor musterte Marko von der Seite her. Auch er hatte ein
schweres Los zu tragen, seine geliebte Roya war verschleppt
worden, und seit Quendras’ Tod und Cathryns Offenbarung, dass
Roya und Munuel aus der MAF-1 entkommen waren, aber nun
sehr weit fort wären, musste es ihn vor Sorge innerlich zerreißen.
Und dann war da noch Leandra. Wie mochte es ihr ergangen
sein? Jetzt, da sie Cathryn nicht mehr hatten – was immer auch
aus ihr werden mochte –, war es doppelt schlimm zu wissen, dass
Leandra so weit fort war. Wenn ihr etwas zustoßen sollte, würden
sie es nie erfahren. Nein – Cathryn musste gerettet werden, wenn
es irgend möglich war.
Die ersten Drachen erreichten nun Malangoor, und Victor und
Marko eilten über den Felsensteig ins Dorf hinab, um dort Tirao
zu treffen. Er war unter den Ersten, die im Dorf landeten, und
nach kurzer Zeit tummelten sich Dutzende der majestätischen
Tiere, groß und klein, auf dem kleinen Plateau des Dorfes.
Die Nachricht über den Tod so vieler Freunde und besonders der
von Hellami, einer der Schwestern des Windes, schockierte Tirao
so sehr, dass er minutenlang in Schweigen versank. Das ganze
Drachenvolk war wie erstarrt, und Victor verstand, dass sie auf
diese Weise die Toten ehrten. Es rührte ihn beinahe zu Tränen,
dass die Drachen ihre Verbundenheit zu den Menschen so ernst
nahmen, und er schämte sich gleichzeitig dafür, dass der Tod
Nerolaans und auch der anderer Drachen längst nicht eine so tiefe Anteilnahme bei den Menschen auslöste. Wieder einmal fühlte
er sich klein und nichtig angesichts der Großherzigkeit der Drachen. Was Cathryn angeht, gibt es vielleicht noch eine Hoffnung,
teilte er Tirao mit, nachdem die Drachen ihr Schweigen beendet
hatten. Hochmeister Jockum meint, es sei noch ein Funke Leben
in ihr, obwohl sie nicht mehr atmet und ihr Herz nicht mehr
schlägt.
Wirklich? fragte Tirao verwundert. Wie kann das möglich sein?
Cathryn ist kein gewöhnliches Mädchen. Sie wurde von den
Kräften Ulfas berührt, in besonderem Maße sogar. Sie ist die einzige der Schwestern des Windes, der er besondere Fähigkeiten
verlieh. Es gibt in Savalgor einen berühmten Heiler,
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