Höhlenwelt-Saga - 08 - Die Magie der Höhlenwelt
zurückwich,
strich ein heißer Schauer über Ain:Ain’Quas breiten Rücken.
Leandra schien von großer Aufregung ergriffen und sagte noch
etwas zu dem Muuni. Und dann antwortete ihr das Wesen. Mit
Worten, von denen Ain:Ain’Qua kein einziges verstand.
»Leandra!«, stieß er hervor, schon beinahe panisch. »Was geht
da vor? Was redest du da?«
Leandra wandte ihm das Gesicht zu, ihre Miene war nicht weniger schockiert als die seine. »Ich... ich kann mit ihnen reden,
Ain:Ain’Qua!«
»Mit ihnen reden? Du meinst... dieses Gebrabbel, das ihr austauscht? Was soll das bedeuten? Was soll das für eine Sprache
sein?«
Leandra schluckte zuerst einen dicken Kloß herunter. »Das ist
die Sprache meiner Heimat, Ain:Ain’Qua! Das ist die Sprache der
Höhlenwelt!«
27
Die Verdammten
Leandras Herz schlug einen dumpfen und trockenen Rhythmus.
Nicht dass sie glaubte, es könne noch allzu viel geben, womit
man sie überraschen mochte. Zu viel hatte sie in den letzten Jahren erlebt. Sie war von einem einfachen Mädchen vom Lande,
einer kleinen Magiersnovizin, zu einer der wichtigsten Figuren in
der Befreiung einer ganzen Welt geworden und inzwischen sogar
zu einer kosmischen Reisenden, die sich anschickte, der gewaltigsten Macht in der ganzen Galaxis die Stirn zu bieten. Doch sie
spürte förmlich, dass sie nun im Begriffstand, ein wahrhaft galaktisches Geheimnis aufzudecken, etwas, das vor ihr noch niemand
je erfahren hatte. Nur der Pusmoh selbst wusste wahrscheinlich
davon, und er versuchte es zu verbergen.
Jakob, der Muuni, mit dem sie Kontakt aufgenommen hatte,
führte sie mit seiner kleinen Sechsergruppe schon seit mehr als
einer Stunde einen steilen Bergpfad hinauf.
Glücklicherweise war er für Muunis angelegt, und so kamen sie
einigermaßen gut voran.
Muuni?
Hätte sie nicht besser Menschen sagen sollen?
Das war es, was Jakob ihr hatte klar machen wollen, obwohl sie
kaum etwas von dem verstand, was er da erzählte. Aber der Name allein, Jakob, klang schon so vertraut, dass sie innerlich mit
sich kämpfte; ein anderer hieß Michal, ein dritter David, der vierte Lister, und zwei weibliche Muuni, die Leandra kaum von den
männlichen zu unterscheiden vermochte, hießen Megan und Marina. Marina!
Das war der Name einer ihrer Schwestern, und diese Marina –
dieses fette Muuni-Wurmweib – sprach auch noch, wie die anderen, die Sprache völlig ihrer Heimat! Leandra war durcheinander.
Dass sie und die Muuni miteinander reden konnten, deutete auf
eine gemeinsame Vergangenheit hin. Was diese Wesen von sich
gaben, war der heutigen Sprache der Höhlenwelt sehr ähnlich.
Eigentlich hätte das bedeuten müssen, dass die Muuni aus der
heutigen Höhlenwelt stammen mussten, aber das erschien Leandra undenkbar. Wahrscheinlicher war, dass das Anglaan, welches
man in ihrer Heimat bisher für die alte Sprache der Höhlenwelt
gehalten hatte, nur eine von vielen Sprachen der alten Welt gewesen war und die heutige Sprache der Höhlenwelt die gleichen
Wurzeln wie die Sprache der Muuni besaß. Das hieß, dass die
Muuni damals, vor über fünftausend Jahren, dieselbe Welt bewohnt hatten wie Leandras Ahnen. Jakob hatte zugegeben, nicht
wirklich viel über die Geschichte seiner Art zu wissen, das meiste
hatte man hier vergessen im Lauf der Jahrtausende.
Jahrtausende?
Was war hier passiert, auf Imoka? Ja, Jahrtausende, hatte er
gesagt, früher habe man das meiste gewusst, aber nun wäre so
viel vergessen worden in dieser langen Zeit, aber zum Glück gäbe
es den Historiker.
Dorthin brachten die Muuni Leandra jetzt.
Die Menschen.
Früher einmal seien sie Menschen gewesen, hatte Jakob behauptet, jetzt nicht mehr, warum genau, vermochte er nicht zu
erklären. Er wusste nur, dass sie sich selbst die Verdammten
nannten, dass ihnen ein großes Unglück und großes Unrecht widerfahren war. Aber der Historiker hätte Antworten – ein Glück,
dass er so hartnäckig das Archiv am Leben erhalten hatte, meinte
Jakob. Niemand hätte sich mehr darum gekümmert.
Leandra schwirrte der Kopf. Sie hatte Ain:Ain’Qua und Giacomo
gebeten, bei der Faiona zu bleiben, denn sie hatte schon damit
gerechnet, dass es anstrengend werden würde. Wenn sie dann
noch gleichzeitig alles zwei neugierigen Männern übersetzen
musste, würde ihr vermutlich binnen einer halben Stunde der
Schädel platzen. Nun würde sie erst einmal allein mit dem Historiker reden, oben auf dem Hügel über der Ebene, und dann, wenn
sie etwas Klarheit erlangt hatte, ihren
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