Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
Arme gen Himmel.
Leandra und Hellami tauschten Blicke. Hier wurde ganz offensichtlich ein sehr altes, schon oft durchgekautes Thema wieder gewälzt.
Munuel wurde wütend. Er stand auf und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Woher, zum Stygium, nehmt ihr die Arroganz, so über meine Forschungen zu urteilen? Haben eure Schreiber etwa greifbare Ergebnisse erbracht? Ich sage euch, Unifar muss am Mogellsee gelegen haben! Nirgends sonst auf unserem Kontinent hätte man die Ruinen einer so gewaltigen Stadt übersehen können - als in diesem riesigen, verfluchten Wald!«
»Und was ist mit den Akranischen Steppen?«, rief Ötzli. »Und der Mittelakranischen Wüste? Dem Ostramakorum? Dort gibt es weite unerforschte Gebiete ....«
»Unfug!«, rief Munuel und machte eine wegwischende Geste. »Dort gibt es keine Gegend, durch die nicht wenigstens alle paar Jahre mal eine einsame Karawane oder ein Wanderer kommt. Läge dort eine Ruinenstadt von der Größe Unifars, wäre uns das schon seit tausend Jahren bekannt!«
»Und warum ausgerechnet der Mogellsee?«, fragte Ötzli herausfordernd.
Munuel beugte sich in seine Richtung. »Weil sich große Städte immer am Wasser befinden! Sieh nur auf Savalgor, Usmar oder Wasserstein! Große Städte brauchen Handelsverkehr, und der ist in solchen Ausmaßen nur übers Wasser möglich!«
»Und Soligor? Das ist auch eine große Stadt! Sie liegt mitten in Kambrum, nicht einmal an einem Fluss!«
Munuel winkte kopfschüttelnd ab. »Wir sprechen hier von der ehemaligen Hauptstadt des Großakranischen Reiches und nicht von einem Hinterwäldlerdorf!«
Ötzli grunzte missmutig.
Jockum hatte Munuel zugehört und schien inzwischen nicht mehr so abweisend zu sein wie zuvor. »Meinst du nicht, man hätte Unifar innerhalb des Mogellwaldes ebenso schnell entdecken müssen, wie etwa in der mittelakranischen Wüste?«
»Nein«, sagte Munuel. »Ihr wisst, in welchem Ruf der Mogellwald steht. Selten genug, dass sich jemand in seine Nähe traut. Und selbst wenn jemals ein paar Leute tiefer hineingegangen sind - der Wald ist so gewaltig groß, dass man selbst an seiner schmälsten Stelle über eine Woche benötigen würde, um allein das Ostufer des Mogellsees zu erreichen. Von Durchsuchen kann da keine Rede sein!«
»Und warum, bei den Kräften, soll ausgerechnet in diesem Wald Unifar gelegen haben? Eine menschliche Ansiedlung ausgerechnet dort, wo es so unheimlich ist? Das kann ich nicht glauben!«
»Genau das ist es ja!«, rief Munuel. »Ich glaube, der Mogellwald war nicht immer so!«
Jockum sah ihn erstaunt an. »So?«
Munuel wandte sich um und wies auf die Bäume in der Umgebung. »Ich habe mir Gedanken über die Natur gemacht«, sagte er. »Der Wald ist ein Hort des Lebens. Unendlich viele Dinge entstehen und vergehen in ihm.
An kaum einem Ort sind die sich reibenden Kräfte des Diesseits und des Stygiums einander so nah wie in einem Wald. Stimmt ihr mir da zu?«
»Worauf willst du hinaus?«
Munuel holte Luft. »Wir wissen, dass der Ausgangspunkt des Dunklen Zeitalters Unifar war. Dort kam es zu dem Kampf zwischen der Gilde und den Abtrünnigen, der Bruderschaft von Yoor. Stellt euch nun vor, Unifar habe tatsächlich im Mogellwald gelegen, irgendwo am Ufer des riesigen Sees. Und dann brach dort diese Katastrophe aus. Was wäre dann geschehen?«
Ötzli hob die Schultern und murmelte etwas, aber Jockum schien plötzlich interessiert. »Ich glaube, ich weiß, worauf du hinauswillst.«
»Ich denke«, fuhr Munuel fort, »dass die ganze Macht des Stygiums über den Wald schwappte und ihn nicht mehr losließ. Wir haben genug Beispiele dafür in der übrigen Welt! Leider können wir Bamtori nicht mehr fragen, aber ist es nicht hinreichend bekannt, dass die anderen Kontinente der Höhlenwelt nur deswegen so dünn besiedelt sind, weil es dort so viele stygische Phänomene gibt?«
»Du glaubst, das sind alles Überbleibsel des Dunkeln Zeitalters?«
Munuel ächzte. »Liegt das nicht auf der Hand?«
Jockum und Ötzli hoben gleichzeitig die Schultern und sahen sich an. Es war ein in der Gilde über Jahrhunderte hinweg diskutiertes Thema, warum es auf Veldoor, Chjant, Vulkanoor und Og so viele seltsame Erscheinungen gab; warum dort das Trivocum durchlässiger erschien als in Akrania. Die Meinung hatte sich durchgesetzt, dass dies schlicht und einfach Gebiete mit höheren magischen Potenzialen waren und dass sich deswegen immer wieder unheimliche Dinge ereigneten, die Tiere und Pflanzen veränderten,
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