Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
ihr selbst am besten lernen!«
Jockum gab sich höchst erstaunt. »Aber Leandra! Was sind das für Reden? Du bekommst hier Gelegenheit, den Schwertkampf und die Magie von den höchsten Meistern zu erlernen! So etwas würde kein Adept auf der ganzen Welt ausschlagen, wenn er noch recht bei Sinnen ist!«
Ötzli schenkte ihr einen vernichtenden Blick. Sie fragte sich, ob die gegenseitige Abneigung nicht schon bald in offenen Hass umschlagen würde. Ohne Zweifel würde es die Hölle für sie werden, unter seiner Oberaufsicht Magie und Schwertkampf erlernen zu müssen.
»Ich möchte lieber bei Munuel bleiben«, sagte sie schwach, setzte sich wieder und hatte nicht das kleinste Argument für ihren Wunsch.
Jockum maß sie mit scharfen Blicken. »Du bist kein Kind mehr, Leandra! Du bist Mitglied der Gilde geworden und hast auf den Kodex geschworen! Du bist der Gilde und ihren Belangen verpflichtet und wirst tun, was ich dir sage!«
Widerstand kochte plötzlich in ihr hoch wie Lava in einem heißen Schlund. Der verwegene Gedanke kam ihr, dass sie sich wehren könnte, notfalls mit Gewalt - sie besaß immerhin eine mächtige Waffe. Sie stand auf und starrte verbissen zu Ötzli hinüber. »Ich will nicht!«, rief sie und deutete wütend auf ihn. »Er kann mich nicht ausstehen! Und ich ihn auch nicht! Nicht unter Meister Ötzli!«
»Leandra!« Das Wort war wie ein Peitschenknall gewesen. Plötzlich stand Jockum vor ihr, von seinem Sitzplatz so schnell hochgeschossen, als wäre er fünfzig Jahre jünger. Sie wusste nicht, wie er das gemacht hatte. Er starrte wütend auf sie herab, und seine Autorität war in diesem Augenblick so gewaltig, dass sie zu einem Zwerg zusammenschrumpfte. Es sah ganz so aus, als hätte sie nun zwei Feinde.
Sie setzte sich und senkte niedergeschlagen den Kopf.
»Ich habe einen anderen Vorschlag«, sagte Munuel ruhig.
Alle wandten sich ihm zu, und Leandras Herz machte einen verzweifelten Satz.
»Leider ist er sehr viel gefährlicher für dich, als nach Savalgor zu gehen«, sagte er zu Leandra gewandt. Ohne ihre Antwort abzuwarten fuhr er in die Runde blickend fort. »Ich fürchte jedoch, wir können gar nicht anders.
Mein Plan, nach Hegmafor zu gehen, ist nicht länger aufrechtzuerhalten. Jetzt, da wir so gut wie sicher sind, dass die Bruderschaft von Yoor auferstanden ist und sich die Jambala wieder in unseren Händen befindet, kann es nur noch ein Ziel geben: Wir müssen die Drei Stygischen Artefakte wieder zusammenführen!«
Diese Nachricht hinterließ auf den Gesichtern von Jockum und Ötzli einen ehrfürchtig erstaunten Ausdruck.
»Die Drei Stygischen Artefakte?«, ächzte Jockum. »Bei den Kräften! Du willst die Canimbra suchen?« Er ließ sich niedersinken und hob die Hände. »Munuel! Niemand auf dieser Welt weiß, wo sie ist! Sie gilt seit zweitausend Jahren als verschollen. Wahrscheinlich ist sie längst zerstört!«
Munuel schüttelte energisch den Kopf. »Das ist nicht wahr. Eine alte Überlieferung berichtet, dass die Canimbra in Bor Akramoria liegen soll. Ihr kennt diese Überlieferung!«
»Ha!«, rief Ötzli und winkte ab.
Jockum erhob sich schon wieder. Bei einem solchen Anlass vermochte er nicht darauf zu verzichten, entsprechend seiner Gewohnheit auf und ab zu gehen. So tat er es auch jetzt. »Bor Akramoria!«, rief er beschwörend. »Wenn ich das schon höre! Es scheint mir wie ein Zauberwort, dessen Bedeutung niemand kennt! Weißt du denn nicht, dass die Gildenschreiber schon seit Jahrhunderten versuchen, diesen Ort zu finden, und es ihnen nicht gelungen ist?«
»Weil sie es nur mit den Köpfen tun!«, sagte Munuel streng. »Ich habe euch schon vor dreißig Jahren gesagt, dass es am Mogellsee liegen muss, aber keiner hat auf mich hören wollen.«
»Aber Munuel!«, sagte Ötzli beschwichtigend. »Deine Nachforschungen in Ehren, aber du weißt selber, dass der Mogellsee riesig ist! Er ist eigentlich ein Meer! Das größte Binnenmeer in ganz Akrania! Überdies steigen an seinem nördlichen und westlichen Ufer die höchsten Berge des Ramakorums auf, und an seinem Ost- und Südufer liegt der Mogellwald, und über den brauche ich dir ja wohl nichts zu sagen! Wo, in aller Welt, willst du zu suchen anfangen? Ganz abgesehen davon, dass ich einfach nicht glaube, dass Bor Akramoria dort liegt!«
»Doch!«, rief Munuel leidenschaftlich aus. »Es muss in unmittelbarer Nähe zu Unifar gelegen haben ...«
»Unifar!«, riefen Jockum und Ötzli im Chor und hoben beschwörend die
Weitere Kostenlose Bücher