Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
und setzte es ihr an den Hals.
»Was jetzt?«, fragte er kalt. »Was tust du jetzt?«
Leandra bäumte sich auf, versuchte ihn abzuschütteln, aber er hielt sie ohne größere Anstrengung nieder. Die Jambala lag zwar in Griffweite, aber sie wusste, dass sie im Ernstfall längst tot gewesen wäre.
Als Nächstes schloss sie die Augen, und Munuel spürte, dass sie eine Iteration versuchte. Elementarmagie, irgendetwas in der zweiten Iteration. Eine schwache mechanische Kraft baute sich gegen ihn auf. Er lächelte kalt. Mit Leichtigkeit wirkte er gegen sie an, erlaubte sich sogar, Leandra mit seiner Magie noch ein bisschen stärker aufs Bett zu drücken. Nach einer Weile stöhnte sie und gab auf.
Er ließ sie los, stand auf und steckte sein Messer weg. Er spürte eine gewisse Befriedigung, dass er trotz seiner sechzig noch über eine gewisse Schnelligkeit und Kraft verfügte. Leandra rappelte sich hoch. Sie hüstelte und beschäftigte sich verlegen mit ihrem Kleid.
Er fasste sie scharf ins Auge, aber sie war so peinlich berührt, dass sie es vermied, seinen Blicken zu begegnen.
Er legte den Kopf schief. »Du hast gedacht, du wärest plötzlich unsterblich, nicht wahr?«
Sie hob die Schultern. »Na ja ...«
Munuel nickte streng. Nach ihrem derben Auftritt schien es an der Zeit, ihr eine Lektion zu erteilen. Nicht, dass sie im Unrecht gewesen wäre - aber er hatte sich vorgenommen, auf sie zu achten. Im Geiste schrieb er ein paar Punkte Jockum, seinem alten Freund und Gefährten, zu. Er hatte vollkommen Recht gehabt, als er sagte, ihm wäre nicht ganz wohl bei dem Gedanken, dass Leandra diese Waffe führte. Er hatte Recht gehabt. Sie war in der Tat noch zu jung.
Noch immer nestelte sie verlegen an ihrem Kleid.
Sie war wunderschön, so derangiert sie im Moment auch aussah - und für Augenblicke spürte Munuel in sich eine überwältigende Woge der Zuneigung aufsteigen. Sie würde noch viel Zeit benötigen, so ruhig und abgeklärt zu werden, dass sie eine wirklich große Magierin sein konnte, aber die Voraussetzungen dafür besaß sie im Übermaß.
Sie hatte eine starke Persönlichkeit und auch ein starkes Gefühl für Gerechtigkeit. Letzteres gefiel ihm besonders - trotz dieser verfahrenen Situation. Er vertrieb diese Gedanken und konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe. Sie bestand momentan darin, dieses heißblütige Geschöpf zu bändigen.
Langsam wagte sie es wieder, zu ihm aufzublicken. Er atmete innerlich auf, als er sah, dass aus ihren Augen jener wilde Ausdruck des Widerstandes gewichen war. Sie war wieder ganz das junge Mädchen, die reuige Schülerin, die er gekannt hatte, bevor diese Geschichte ihren Anfang nahm.
»Ich muss noch etwas von dir verlangen!«, sagte er streng.
Sie blickte wieder zu Boden.
»Du musst mir versprechen, dass du dich ab jetzt meinen Anordnungen fügst! Du hast eine starke Persönlichkeit, aber du hast nur wenig Ahnung von dem, was auf dich zukommen wird. Wir könnten in Situationen geraten, in denen ich von dir verlangen muss, dich ganz anders zu verhalten, als es dir dein Gefühl und dein Verstand vorgeben würden. Aber du musst Vertrauen zu mir haben und zu dem, was ich anordne! Wir werden sehr wahrscheinlich Leute treffen, die ganz andere Vorstellungen von Gerechtigkeit und Menschenwürde haben als du. Denk nur an diesen von Jacklor. Mit Stolz und Ehre brauchst du solchen Leuten nicht zu kommen. Sie machen dir mit Leidenschaft den Hof und schleichen sich keine Stunde später in dein Zimmer, um dir im Schlaf einen Dolch in den Leib zu stoßen. Dabei kommen sie sich auch noch großartig vor.«
Sie nickte, sah dabei immer noch nicht auf. Er entschied, dass es genug war. Er wollte sie nicht erniedrigen.
»Nun mach dich ein wenig zurecht, mein Kind. Wir wollen dem Kommandanten einen Besuch abstatten!«
Lorin von Jacklor war schon reichlich angetrunken. Er lungerte noch immer im Wappensaal herum, in dem sich einschlägige Gäste an den Weinfässern und auf den Sesseln und Sofas eingerichtet hatten und das späte Fest auf weniger kultivierte Art und Weise fortführten.
Munuel verabscheute solche niederen Verhaltensweisen. Verschiedene Männer hatten sich inzwischen Hosen und Westen aufgeknöpft, um Platz für ihre Völlerei zu schaffen, und einige Frauen empfanden keinerlei Hemmungen, ihre Brüste und Beine zu zeigen und sich kichernd und gackernd mit Wein vollträufeln und mit Delikatessen voll stopfen zu lassen. Der Kommandant saß mit aufgeknöpftem Hemd und wirrer
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