Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
schneller. Sein Kumpan war noch nicht ins Heu gesunken, da rollte er sich behände nach vorn, war mit zwei schnellen Überschlägen an der Feuerstelle und zog aus einem Bündel von Kleidern ein großes Schwert hervor. Eine Sekunde später stand er angriffsbereit und in gebückter Haltung fünf Schritte von Victor entfernt.
Victor hörte Leandra stöhnen. Es würde entweder noch einen Toten geben oder noch zwei. Entweder er und Leandra - oder dieser Kerl. Victor war dafür, dass es dieser Kerl sein sollte. Er sah sich um. Vor seinen Füßen lag ein anderes Bündel, und der Knauf eines Schwertes sah ihm entgegen. Eine Sekunde später war auch er bewaffnet.
Die beiden Gegner umkreisten sich.
Victor wog das Schwert in der Hand. Keine schlechte Waffe. Es war viele Jahre her, dass er zuletzt mit einem Schwert geübt hatte, aber damals war er kein schlechter Kämpfer gewesen. Jetzt konnte er zeigen, ob er noch etwas behalten hatte.
Der Kerl machte einen Ausfall auf ihn zu, und Victor sprang zur Seite. Er versuchte den Streich zu parieren, hieb aber ins Leere. Er wünschte sich einen Schild herbei, denn er hatte nie den ungeschützten Schwertkampf geübt.
Wieder probierte der Kerl einen Angriff, eher ungeschickt, und zog das Schwert in einem weiten Bogen von der Seite her auf Victors Hals zu. Victor hob die Waffe, schlug kraftvoll das heransausende Schwert beiseite und sprang schnell an den Kerl heran. Er hieb ihm machtvoll die linke Faust gegen die Brust, und der Bursche taumelte ein paar Schritte zurück.
Dabei kam er gefährlich nahe in die Richtung von Leandra. Victor überlegte nicht lange und stürmte auf ihn los.
Der andere parierte den Streich und hieb Victor das Schwert an den linken Bizeps - zum Glück mit der flachen Seite. Victor heulte auf und schlug mit dem Schwertarm wild um sich. Es gelang ihm, trotz des mächtigen Schlags seinen Gegner von Leandra wegzutreiben. Er musste den Kerl von ihr fern halten. Wenn es ihm gelang, sich ihrer zu bemächtigen, konnte er Victor zur Aufgabe zwingen. Dann würden sie beide sterben.
Der andere, der von der Heugabel durchbohrt am Boden lag, stieß noch ein Stöhnen aus. Er lag nahe bei Leandra und streckte den kraftlosen Arm nach ihr aus, konnte damit aber nichts mehr ausrichten. Victor bohrte ihm mit einem wütenden Grunzen das Schwert in den Rücken.
Diese Aktion kostete ihn beinahe das Leben. Im letzten Moment konnte er den Kopf einziehen, ein paar Haare büßte er dennoch dabei ein. Jetzt wurde es Zeit, zu gewinnen oder zu verlieren. Der andere hatte sein Schwert machtvoll durchgezogen, dabei jedoch seinen festen Stand verloren. Jetzt taumelte er für einen Moment ein, zwei Schritte zur Seite. Ohne viel zu überlegen, setzte Victor nach. Er erwischte seinen Gegner nicht mit dem Schwert, sondern mit der Masse seines Körpers. Victor war schwerer als der andere, und beide stürzten zu Boden.
Im nächsten Moment hatte Victor den Gegner unter sich, sein eigenes Schwert war zwischen ihnen. Für Momente lagen sie still, der andere sah, dass er keine Chance mehr hatte. Victor hätte nur durchziehen müssen, um ihm den Kopf vom Hals zu trennen.
Victor überlegte, ob er das tun sollte. Alle finsteren, brutalen Gedanken der letzten Tage waren plötzlich von ihm gewichen, und er spürte plötzlich seine Seele wieder. Der Mann war wehrlos, und ihn in dieser Situation zu töten war ein dreckiges Geschäft.
Der Mann unter ihm stöhnte. Er rührte sich nicht. Sein Schwertarm lag weit von ihm gestreckt - bis er es erhoben und herangeführt hätte, wäre es Victor ein leichtes gewesen, ihm das Licht auszupusten. Irgendwie wünschte er sich, dass der andere es versuchen würde. Er würde einen Grund brauchen, um ihn zu töten. Einfach so konnte er es nicht tun.
»Was nun?«, keuchte er dem anderen entgegen.
»Ich ... ich hab verloren«, sagte der Mann.
»Genau«, sagte Victor. »Du hast verloren.«
Victor überlegte, ob er ihn entwaffnen und hinaus in den Wald schicken sollte. Aber bis zur Feste war es nicht weit. Er würde innerhalb einer Stunde zweihundert Mann auf dem Hals haben. Leandra war offenbar völlig außer Gefecht - er würde nicht einmal die Zeit zur Flucht nutzen können.
Victor setzte sein Schwert an den Hals des Mannes.
»Wirf dein Schwert weg«, sagte er.
Der andere gehorchte. Mit einem Schubs beförderte er es außer Reichweite seiner Hand.
»Was ist mit dem Magier?«, fragte Victor.
»Weiß ich nicht«, sagte der andere.
»Tot?«
»Keine Ahnung. Er
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