Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
Bedarfsfall auch zweihändig führen konnte. Der Griff war mit feinem Golddraht umwunden, und alle blanken Teile des Schwertes waren poliert und teilweise mit filigranen Gravuren überzogen. Leandra konnte keine Bilder darin entdecken, es schien sich ausschließlich um Ornamente zu handeln. Als sie die Jambala wieder wegstecken wollte, sah sie noch etwas. Sie nahm die Klinge näher vor die Augen und fuhr mit einem Finger sacht über die Schneide. Dort war eine Spur getrockneten Blutes, wenn sie das richtig erkennen konnte. Unschlüssig schob sie die Jambala in die Scheide zurück.
Leandra wickelte das Schwert wieder ein, schleppte sich zu ihrem Lager und legte sich dorthin, wo sie zuvor gelegen hatte. Sie breitete die Decken über ihre Beine und lehnte sich zurück. Es ging ihr nun schon besser. Die Kopfschmerzen waren nicht mehr so schlimm, und ihre Muskeln waren ein bisschen zu Kräften gekommen. Sie genoss das Gefühl, auf diesem Lagerplatz zu liegen, neben sich ihre Kleider und der Rest um sie herum in säuberlicher Ordnung. Victor hatte sich hingebungsvoll um sie gekümmert - und das war fast ein wenig wie zu Hause.
Jetzt kam es nur noch darauf an, dass er Munuel fand. Würde das auch noch klappen, dann war fast alles wieder in Ordnung. Sie schob den Gedanken von sich, was passiert wäre, hätte sich Victor nicht dazu entschlossen, ihr zu folgen. Nun glaubte sie, eine Vorstellung davon erlangt zu haben, wie es ihm in der Todeszelle ergangen war.
Sie hatte nun selbst einige Stunden in echter Todesangst verbracht. Eine Sache, die keinem zu wünschen war.
Außer vielleicht seinen schlimmsten Feinden, dachte sie grimmig. Es gab durchaus Leute auf dieser Welt, denen man nur das Allerschlechteste wünschen konnte -selbst wenn man im Grunde seines Herzens ein friedlicher Mensch war.
25 ♦ Die Schmiede am Marschenforst
M unuel hatte zwei äußerst anstrengende Tage hinter sich. Er war nach seiner Flucht aus der Festung von den Häschern des Kommandanten verfolgt worden - zweifellos aus dessen Hoffnung heraus, seine geheimen Machenschaften weiterhin geheim halten zu können. Aber von Jacklor konnte die Verfolgung nicht wirklich ernst gemeint haben. Er musste wissen, dass er mit seinem ungewaschenen Haufen dümmlicher Söldner einem Magier wie Munuel nichts anhaben konnte. Viele von ihnen hatten Munuels Ausbruch aus der Festung am eigenen Leib miterlebt, und sie waren gewiss glücklich darüber, dass ihnen nichts Schlimmeres zugestoßen war.
Der Magier hatte sozusagen Milde walten lassen. Ihn jetzt stellen zu wollen hieße, seine Gnade zu sehr zu strapazieren. Und das würde für manchen von ihnen tödlich ausgehen.
So hatte sich Munuels Flucht mehr lästig als gefährlich gestaltet. Die Soldaten waren mit viel Getöse durch den Wald gestapft und hatten laut miteinander geredet und sich Befehle zugebrüllt - zweifellos, um ihm damit die Gelegenheit zu geben, sich zu verbergen und seine Flucht fortzusetzen. Munuel war sicher, dass so mancher von ihnen nach dieser grotesken Treibjagd gar nicht nach Tulanbaar zurückkehren würde. So viel Geld, um geradewegs in den Tod zu gehen, konnte ihnen von Jacklor gar nicht bezahlen. Das war sein Pech und wiederum Munuels Glück mit diesen Söldnern: Niemand konnte sich auf solche Kerle verlassen.
Immerhin, völlig gefahrlos war die Verfolgung nicht.
Munuel konnte in den Hinterhalt eines Übereifrigen geraten oder er konnte gar einen Suchtrupp übersehen und in einen Pfeilhagel hineinlaufen, ohne dass er Gelegenheit hatte, eine Iteration zu seinem Schutz aufzubauen.
Deshalb verhielt er sich vorsichtig und stapfte mit Mario immer tiefer in die Wälder hinein. Er hoffte nur, dass Leandra an der Schmiede so lange warten würde, bis er endlich da war. Er fühlte sich schlecht und ausgelaugt, und trotz der Heilkräuter, die er aß, und der Magie, die er angewandt hatte, um seine Wunden zu heilen, litt er Schmerzen. Er war eben nicht mehr der Jüngste.
Als die zweite Nacht anbrach, hatte er nicht das Gefühl, sich der Schmiede auch nur um einen Schritt genähert zu haben. Den ganzen Tag war er damit beschäftigt gewesen, den Häschern aus Tulanbaar aus dem Wege zu gehen, und war dabei immer weiter nach Norden in die Wälder hinein geraten. Als er sich schließlich ein Nachtlager zwischen ein paar Findlingen suchte, hatte er seit drei Stunden nichts mehr von seinen Verfolgern vernommen. Die letzte Stunde hatte er damit verbracht, auf magischem Wege ein Dutzend falscher Fährten
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