Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
Magieverbot auflehnte. Man war der Meinung, einen wild gewordenen Magier konnte man nicht frei herumlaufen lassen.
Während der Gildenmeister seine Ansprache hielt, spürte Leandra die warnenden Blicke von Munuel in ihrem Nacken.
Remoch ließ sich von Bamtori ein dickes Buch reichen, blätterte mit strenger Miene darin und entschied sich für die erste Frage. »Nenne mir«, sagte er mit großer Ernsthaftigkeit, »die ersten drei Theoreme des Prinzips der Kräfte!«
Leandra stieß leise den Atem aus. Diese Frage war nicht allzu schwer - aber sie vermutete, dass es Remoch darum ging, wie genau sie die Theoreme formulieren konnte.
»Nun?«
»Äh ... also, das erste Theorem lautet: Die ersten beiden elementaren Kräfte des Universums sind das Prinzip der Ordnung und das der Unordnung. Sie stehen sich gegenüber, und jedes von ihnen strebt nach dem Übergewicht.«
Remoch nickte.
Leandra überlegte. »Das zweite Theorem lautet: Die Sphären der Ordnung und der Unordnung sind durch die Grenzlinie, das Trivocum getrennt. Nur die dritte Kraft, die des Verstandes, ist in der Lage, das Trivocum zu beherrschen und die Energien zu lenken.«
»Das war das dritte«, sagte Remoch knapp. »Und wie lautet das zweite Theorem?«
Leandra schluckte. Schnell sagte sie: »Die äh ... dritte elementare Kraft ist der Verstand. Er ist in der Lage, die Prinzipien der Ordnung und der Unordnung zu beeinflussen. Durch den Verstand entstehen die Wertigkeiten des Kosmos. Zusammen ergeben die drei elementaren Kräfte den Zirkel der Urgewalten.«
Remoch nickte befriedigt. Leandra wurde abwechselnd heiß und kalt. Jetzt durfte sie sich keinen Fehler mehr erlauben - sonst war der Traum vom Rang der Adeptin erst einmal ausgeträumt.
Remoch blätterte in seinem Buch und fand dann eine weitere Stelle. »Ich möchte von dir wissen«, sagte er gedehnt, »wie die Intonationen zum Erhitzen von Wasser lauten, und zwar in der ersten, zweiten und dritten Iterationsstufe, samt dem Schlüssel und dem Norikel - und ich möchte von dir wissen, welche Achse des Zirkels dieser Magie zugrunde liegt!«
Leandras Herz blieb für einen Moment stehen. Die Frage war so einfach, dass sie einen Fallstrick dahinter vermutete, Sie blickte zuerst zu Munuel, dann studierte sie Remochs Gesicht. Nichts darin verriet, was er vorhatte.
»Es ist eine Wassermagie, und sie liegt im Zirkel der Urgewalten auf der Achse Wasser-Himmel«, sagte sie schwach.
»Wie bitte? Ich kann dich nicht verstehen!«
Sie wiederholte die Antwort lauter, und Remoch nickte befriedigt.
»Die drei ersten Intonationen lauten: Mar-In-Prim, Mar-In-Sec und Mar-In-Tri«, leierte sie tonlos herunter. »Der Schlüssel ist Wool. Die Intonationen zum Setzen der Aurikel sind Aurim-Nas-Mar, Aurim-Lee-Mar und Aurim-Quo-Mar. Das Norikel für die ersten beiden Stufen lautet Sec-Mar-Ban, das für die dritte ist Quad-Mar-Ban.«
»Und?«
»Und? Äh ...«
»Na, das Norikel!«
»Ach so. Es gilt auch noch für die vierte Iteration.«
»Richtig!«
Remoch wirkte sehr zufrieden. Leandra war jedoch reichlich unsicher. Sie hatte die Intonationen zwar perfekt aufgesagt, aber die Angst, dass Munuel Remoch von ihrer Untat berichtet hatte und er sie deswegen besonders streng prüfen wollte, herrschte noch immer vor.
Mit einem lauten Klapp! schlug Remoch das Buch zu, und Leandra zuckte zusammen. Er reichte es an Bamtori und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Er gab sich locker und begann ein wenig umherzugehen. »Um den Mitbewohnern des Dorfes und deinen Nachbarn ein wenig Erbauung und Bildung zukommen zu lassen, möchte ich mit der dritten Frage dein Allgemeinwissen prüfen. Bestimmte Dinge gehören zur Bildung des Magiers. Bitte erzähle uns allen, was du über die Große Stygische Mauer weißt!«
Leandra atmete erleichtert auf. So etwas lag ihr. Die Geschichte der Stadt Dulbir kannte sie bestens, und sie fühlte sich durchaus in der Lage, dem versammelten Dorf von dieser historischen Begebenheit zu berichten.
Remoch nickte ihr aufmunternd zu.
Leandra erhob sich, strich sich die Kleider glatt und wandte sich um - dorthin, wo die vielen Dutzend Leute standen, die dem heutigen Festtag beiwohnten. Als sie dann die Masse der Leute sah, wurde sie doch ein wenig befangen. Das war ein anderes Publikum als die Schar kleiner Kinder, die sie manchmal behütete.
Nicht weit entfernt saß Leandras kleine Schwester Cathryn im Schneidersitz und grinste sie an. Von irgendwoher kamen auffordernde Zurufe. Sie atmete tief
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