Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
wollen.
Sie öffnete die Augen wieder. Munuel machte einen abgekämpften Eindruck. Victor trug überall Schrammen und Wunden, aber körperlich war er der kräftigste von allen, und so hatte er den Kampf auch am besten überstanden. Dass er allerdings frisch und gesund aussah, davon konnte keine Rede sein.
Leandra sah zu seinem rechten Oberschenkel und konnte dort seine Hose in Fetzen hängen sehen. Der Gebissabdruck des Wurms war wunderschön nachgezeichnet. Die Wunden allerdings waren schon verschorft, zweifellos Munuels Werk. Als sie nach ihrer linken Schulter sah, erwartete sie ähnliches - und so war es auch.
Munuel hatte die Schulterverschlüsse ihres Kettenhemds geöffnet und ihre linke Brust entblößt. Der Gedanke schoss ihr durchs Hirn, dass Victor dieser Anblick nicht eben entsetzen würde - sie hatte seine körperliche Reaktion durchaus verspürt, als sie ihn in der Schmiede umarmt hatte.
Die Quittung für ihre grotesken Gedanken kam sofort. Sie stöhnte auf, als Munuel damit begann, ihr einen Verband um die Schulter zu legen. Die Blutung war gestillt, und auch an ihrer Schulter saß schon trockener Schorf. Sie ließ es jammernd über sich ergehen. Sie ertrug das schmerzhafte Anlegen des Verbands und blieb dann mit geschlossenen Augen an Victor gelehnt sitzen, der neben ihr kniete.
Schließlich öffnete sie die Augen wieder und ließ ein erschöpftes Stöhnen hören. Munuel sah sie besorgt an.
Daraufhin versuchte sie mit der linken Hand eine Faust zu machen. Es gelang - wenn auch unter Schmerzen.
Munuel schien ein wenig aufzuatmen. »Ein paar Wochen, und du bist wie neu«, meinte er zuversichtlich.
Sie lächelte. Eigentlich keine schlechte Aussicht, aber jetzt, in dieser Situation, eine schlimme Nachricht. Sie blickte zu Victor auf.
»Du bist mir um eins voraus, Prinzessin«, sagte er. »Jetzt muss ich wieder dir das Leben retten!«
Sie atmete lang und tief ein. »Wo hast du das mit der Prinzessin her?«, fragte sie mit matter Stimme.
Er nickte in Richtung Munuel. »Hab ich ihm abgeguckt. Aber es passt - du bist wirklich eine Prinzessin. Ohne dich wäre ich jetzt im Jenseits.«
Sie keuchte, streckte den gesunden Arm nach ihm aus und hielt sich für eine Minute lang an ihm fest. Sie wusste nicht recht, warum sie das tat; sie empfand keine Liebe für ihn. Trotzdem - da war etwas. Er besaß etwas, wonach sie sich sehnte, wenn sie einen solch harten Kampf ausgefochten hatte. Menschliche Wärme, vermutlich.
Dann ließ sie sich wieder zurücksinken und schloss die Augen. Der Kampf glitt noch einmal vor ihrem geistigen Auge vorbei. Er hatte nur wenige Minuten gedauert, aber sie fühlte sich, als hätte sie stundenlang gefochten.
»Was nun?«, fragte sie erschöpft.
»Wir müssen weiter«, sagte Munuel. »Wir sind noch nah an der Schmiede. Ich weiß nicht, wie viele dieser Schattenwesen es dort noch gibt!«
»Du glaubst...? Ich meine ... Was ist mit dem Sucher? Du musst ihn erledigt haben. Sonst wärest du nicht hier!«
Munuel lächelte wieder auf die Weise, wie er es vor dem Kampf getan hatte. Er sah im Moment wahrlich aus wie einer, der Tod und Teufel getrotzt hatte - mit Klugheit, Mut und einer gehörigen Portion Angriffslust. »Der Yhalmudt ist wahrhaftig ein widerliches Ding«, sagte er mit schiefem Grinsen. »Jedenfalls für Dämonen. Ich hatte schon fast vergessen, was alles in ihm steckt. Eine ordentliche, saubere Iteration, um ihn aufzuladen, und dann - wumm!« Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
Leandra deutete zu Victor. »Er ist wahrscheinlich der mutigste Kämpfer von uns allen«, stellte sie fest. »Er hatte nur ein Schwert und sonst nichts. Keine Magie, keine magische Waffe, nichts.«
Munuel klopfte Victor anerkennend auf die Schulter. »Du hast eines dieser Vogelmonster fertiggemacht, oder?
Ich wüsste nicht, wer es sonst gewesen sein sollte!«
Victor ließ sich auf den Hintern fallen. Matt, aber gut gelaunt, zählte er auf: »Ein Vogelmonster, zwei Ekelwürmer, einen Stinkbär, vier oder fünf von diesen Schattenheinis und eineinhalb große Dunkelmonster!
Nicht schlecht für ein Würstchen wie mich, was?«
Das Lächeln auf ihren Gesichtern wirkte vielleicht entspannender, als es zwei Stunden Schlaf vermocht hätten.
»Der Sucher ist erledigt«, erklärte Munuel, »aber ich glaube, dass mindestens noch ein Dämon in dem Totenzug ist. Es hilft nichts. Wir müssen weiter, und zwar gleich.«
Mühsam rappelten sie sich auf und halfen sich gegenseitig auf die Pferde. Victor
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