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Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor

Titel: Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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öffnete sich eine große zweiflügelige Steintüre, die bisher nicht zu sehen gewesen war. Augenblicklich verfielen die Mönche wieder in ihren dumpfen Singsang, und in dem dunklen Durchgang wurde eine Gestalt sichtbar.
    Es dauerte eine kleine Weile, bis sie nahe genug heran war, um sie erkennen zu können, dann aber fuhr ein Aufstöhnen durch die sechs Gefangenen. Es war eine Frau!
    Und Momente später erkannte Leandra sie. Es war Limlora - und sie zeigte einen absolut satanischen Gesichtsausdruck. Sie war in ein blauviolettes Kleid gewandet und schwebte förmlich in ihre Richtung, bis sie in der Höhe von Chast stehen blieb. Der Singsang war lauter geworden, und nun war eine abgrundtief böse Note hinzugekommen; etwas, das aus den Schlünden der Hölle heraufdröhnte. Aber es war nicht der Gesang, nein, es war die Persönlichkeit der Limlora selbst, die dies ausgelöst hatte.
    Leandra konnte sich noch gut an das Gesicht von Limlora erinnern, wie sie es kannte, ein Gesicht von großer Schönheit, mit sanften Augen. Dies hier aber war eine Fratze, in der nur noch einzelne, unverwechselbare Züge an Limlora erinnerten - der Rest war verzerrt von einer Bösartigkeit, die einem fast den Atem nahm. Als die Gestalt zu sprechen begann, war jedem klar, was mit Limlora geschehen war.
    Es war die Stimme einer Frau und doch die eines Mannes, und der männliche Beiklang hatte etwas Verzerrtes, Dröhnendes und Furchteinflößendes, das unmöglich von dieser Welt stammen konnte.
    »Wo ist dieses Mädchen, diese erstaunliche ... Dämonentöterin?«
    Leandra war so abgestoßen von dieser Person wie noch nie zuvor von etwas anderem in ihrem Leben. Es war schlicht unbegreiflich, wie sich so viel Verderbtheit, Fäulnis und Verwesung auf einem Fleck dieser Welt konzentrieren konnte. Im Vergleich zu diesem Wesen hätte man den Dämon, den sie und Jacko bekämpft hatten, wie einen lieben Freund umarmen mögen. Chast winkte, und sie stöhnte auf, als sie sah, dass mehrere Mönche auf ihren Käfig zukamen. Sie wusste, dass man sie nun packen und vor das Limlora-Monstrum schleppen würde.
    »Kratz ihr die Augen aus!«, zischte Victor von der Seite.
    Später überlegte sie, ob es seine Worte gewesen waren, die ihr die Kraft gegeben hatten, in diesem Augenblick nicht zusammenzusinken. All ihre Gefühle, ihre Energie und die Kraft ihres Herzens sträubten sich dagegen, dieser Bestie auch nur einen Schritt näher zu kommen. Und doch riss man ihren Käfig auf, zerrte sie hinaus und schleppte sie die zwanzig Schritte, die sie noch von Limlora trennten.
    Als sie schließlich vor ihr war, brauchte sie nicht ihr Inneres Auge zu bemühen, um die schwarzviolette Aura zu erkennen, die Limlora wie ein heiß glühendes Feuer umgab. Selbst Chast hatte den Blick gesenkt und stand fünf Schritte entfernt von Limlora - unmittelbar rechts neben Leandra. Er hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt.
    Man ließ sie neben ihm stehen, und seine Gegenwart war beinahe tröstlich; sie glaubte fast, es wäre seine Nähe, die sie eben noch auf den Beinen hielt. Chast scheuchte die Mönche hinfort, sodass sie allein auf sich gestellt war.
    Sie blickte Limlora an und sah ein irisierendes Spiel von Farben und Schichten auf ihrem Gesicht. Sie war ...
    besessen!
    »Du ... bist nicht Limlora!«, keuchte sie. »Nein ... da steckt etwas in ihr ...«
    »Ganz recht«, sagte die Frau, und ihre unerträgliche Stimme füllte die ganze Halle aus, wie das ferne Grollen eines Gewitters.
    »Du ... bist Sardin ... und du hast Besitz von ihr ergriffen!« Leandra taumelte einen Schritt zurück und wusste nicht, woher sie die Kraft genommen hatte, diese Worte überhaupt auszusprechen. Die Frau ragte vor ihr auf wie ein Riese, und Leandra fühlte sich unsagbar schwach und elend.
    »Du hast Recht«, dröhnte es höhnisch aus Sardin-Limlora heraus.
    Dann verschwand plötzlich auf einen unbegreiflichen Schlag alle Boshaftigkeit aus dem Wesen, und warme Augen aus einem wunderhübschen Gesicht leuchteten Leandra an. »Und ich bin die Thronfolgerin!«, sagte eine weiche Stimme erfreut. »Die einzige noch lebende Thronfolgerin! Stell dir nur vor!«
    Leandra blickte auf.
    Innerhalb einer einzigen Sekunde tobte ein Sturm von Gedanken durch ihr Hirn. Irgendetwas sagte ihr, dass jetzt ihre Chance gekommen war. Sardin hatte für einen winzigen Augenblick seine bestialische Aura zurückgedrängt, und das gab ihr einen freien Atemzug - einen einzigen freien Atemzug. Sie hätte später nicht mehr

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