Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
sagen können, wie in ihr in dieser einzigen, alles entscheidenden Sekunde der einzig richtige Gedanke aufgeblitzt war - vielleicht war es jemand gewesen, der ihr es zugesandt hatte, Chast, Munuel oder gar einer der Drachen, sie wusste es nicht. Oder sie hatte tatsächlich selbst in diesem Moment ein so unerhörtes Reaktionsvermögen aufgebracht.
Vielleicht aber war es auch die Jambala gewesen.
Sie sah ihren Griff in den Augenwinkeln aufblitzen -wie sie dort an Chasts Gürtel baumelte, keinen Schritt von ihr entfernt, ohne Frage innerhalb der Reichweite einer schnellen Bewegung. Einen winzigen Augenblick brauchte sie noch, um die Entscheidung zu fällen, und dieser Augenblick wäre beinahe zu lang gewesen.
Sie spürte plötzlich, wie Sardin ihre Regung bemerkte, und mit Macht drang wieder seine atemnehmende Verderbtheit durch das weiche Limlora-Gesicht nach außen - eine Verderbtheit, die eine lähmende Wirkung hatte, der ein lebendes Wesen unmöglich widerstehen konnte. Aber in dieser einen Sekunde zehrte sie von dem Zorn und der Furchtlosigkeit, die ihr ihre Gefährten mit auf den Weg gegeben hatten - und sie reichte aus.
Sie holte Luft, und ihre linke Hand fuhr hinab zur Jambala. Das helle Singen, das die Jambala aussandte, als sie aus der Scheide gezogen wurde, war diesmal noch viel durchdringender als sonst und zerschnitt das überraschte, krankhaft verzerrte Aufstöhnen von Sardin, der erkannt hatte, was Leandra zu tun im Begriff war.
Er stöhnte mit vor Entsetzen geweiteten Augen auf.
Leandra hatte keine Zeit mehr, irgendetwas zu überlegen. Noch während sie das Schwert aus seiner Scheide riss, stürmte sie vorwärts, zog das Schwert aufwärts und nach vorn, stemmte sich mit der rechten Schulter und dem Oberarm gegen die ungeschliffene Rückseite des Blattes und riss die Klinge mit vernichtender Kraft mitten durch Sardins Körper.
Die Jambala sprühte Funken und Blitze, wie sie es noch nie getan hatte.
Ein metallisches Kreischen fuhr durch die Halle, und die Mönche duckten sich, von plötzlichem Entsetzen gepackt, angstvoll nieder. Der Körper der Limlora, in dem Sardin steckte, war in unbeschreibliche Bewegung geraten. Die Jambala steckte mitten darin, mit der ganzen Länge ihrer Klinge vom Bauch bis in den Kopf eingedrungen, und Leandra brachte sich mit einem Sprung in Sicherheit - denn das Inferno stygischer Kräfte, das nun losbrach, hätte sie das Leben kosten können, wäre sie ihm zu nahe gewesen.
Sie kauerte am Boden, den Arm schützend vor das Gesicht gehalten, während Limloras Körper wie von einem Riesen geschüttelt über das Podest taumelte. Die Jambala schien alles an Kräften, das sie besaß, unablässig in Sardin hineinzupumpen, und dort, wo sie in Limloras Körper steckte, stob ein Feuerwerk sich schneidender Kräfte hervor - tiefviolette und schwarze Auren, die von beißenden Strömen und Funken weißer Energie aufgefressen wurden. Das Chaos war unbeschreiblich. Alle Mönche waren etliche Schritte zurückgewichen; allein Chast blieb unerschütterlich auf seinem Platz stehen und beobachtete mit kalten Blicken den Auflösungsprozess seines obersten Herrn und Meisters.
777 Dann sank Limloras Körper nieder, und ein letztes Stakkato aus Funken und Energien stob aus ihr hervor.
Schließlich lag sie reglos da, und die Jambala klirrte neben ihr zu Boden. Ihr Körper schien völlig unverletzt zu sein. Kein Blut, keine Wunde. Sardin jedoch - dessen war sich Leandra sicher - war aus ihr gewichen und vom Antlitz dieser Welt getilgt.
»So weit, so gut«, sagte Chast.
43 ♦ Konklusion
S ie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Alles war nur ein Trick gewesen. Chast hatte sie benutzt, hatte sie zum Vollstreckungsgehilfen seiner finsteren Absichten gemacht -aber immerhin war er nur ein Mensch aus Fleisch und Blut, um Welten besser als diese furchtbare Erscheinung aus der Zeit des Dunklen Zeitalters, die sich Sardin genannt hatte.
Mit welcher unerklärlichen Fähigkeit Chast es zuwege gebracht hatte, die Jambala unbehelligt berühren zu können, lag jenseits ihrer Vorstellungskraft. Es war ein ausreichender Hinweis darauf, welche Kräfte in ihm schlummerten. Nun lag das magische Schwert auf dem großen Tisch bei den anderen beiden Stygischen Artefakten, und sie, Leandra, war wieder in ihren Käfig eingesperrt worden.
In Chasts Händen hätte die Jambala keine Macht entfaltet, hatte er ihr erklärt - und so brauchte er sie, um die Tat zu vollbringen, um Sardins dämonische
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