Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
gut bestellt. Selbst Alina, die
nicht in sonderlich guter Verfassung war, hätte ihn hier leicht abhängen können.
Als sie eine versteckte Nische entdeckte, einige Hauserblocks
und Stockwerke vom Schauplatz des Drakkenüberfalls entfernt,
hielt sie an und wartete auf ihn. Keuchend kam der kleine, dicke
Kerl die Stufen herauf und blieb dann schwer schnaufend vor ihr
stehen. Sie war bereits wieder zu Atem gekommen, ließ sich niedersinken und zog Matz mit zu sich herab. Ihr war eine Idee gekommen. »Die Drakken wissen sehr gut«, erklärte sie ihm leise,
»dass sich Widerstandsnester dort bilden, wo viele Menschen zusammenleben. Deswegen gehen sie hier in Savalgor so brutal
vor. Und sie werden sicher noch brutaler! Wir müssen von hier
fort.« Matz blickte unsicher über die Schulter. »Savalgor verlassen?«, fragte er. »Ich… ich war noch nie außerhalb der Stadt.«
Sie starrte ihn verblüfft an, musterte ihn von oben bis unten. Er
musste gute vierzig sein. »Noch nie? Noch nie außerhalb von Savalgor?« Er schüttelte den Kopf und blickte verloren drein. Sie
verstand. Wahrscheinlich hatte Matz nicht einmal die zwei, drei
Stadtviertel je verlassen, in denen er aufgewachsen war. »Also
gut!«, sagte sie. »Dann wirst du jetzt eine neue Welt kennen lernen. In der Stadt können wir nicht bleiben. Weißt du einen Weg,
wie wir hinaus kommen? Die Stadttore werden streng bewacht
sein.« Matz starrte sie aus großen Augen an. »Ich… nein, Shaba.
Ich meine…«
Alina starrte nachdenklich an ihm vorbei. »Aber ich!«, sagte sie
plötzlich. »Leandra! Sie kam auch schon einmal unentdeckt herein, zusammen mit Hellami!«
»Leandra…?«
»Ja, natürlich! Leandra. Weißt du nicht, wer das ist?«
Er nickte unsicher. »Doch, doch. Hab sogar schon mal mit ihr
geredet…«
Alina nickte. Ja, natürlich. Damals im Roten Ochsen, während
sie alle dort gefangen gewesen waren. Dann ging ihr auf, dass sie
mit Matz eigentlich genau den Richtigen für ihr Vorhaben hatte.
»Es muss einen Weg geben, über den man vom Roten Ochsen
aus zu den Quellen von Quantar gelangen kann!«, sagte sie. »Ich
selbst wurde damals dort entlanggeschleppt – allerdings mit einem Sack über dem Kopf. Kennst du diesen Weg?«
Matz’ Brauen zogen sich nachdenklich zusammen, schließlich
nickte er. »Hm… im ersten Stock geht ‘n Hinterausgang auf ‘ne
Brücke raus und…«
»Richtig! Dort hinaus sind die anderen damals geflohen! Und
genau dort müsste auch ein Weg weiterführen, bis zu den Quellen. Kennst du ihn?«
Matz hob die Schultern. »Ich war lang nicht dort.
Aber da geht’s zu ‘nem Tunneleingang im Fels. Es ist aber ‘n
Stück.«
»Das finden wir!«, sagte sie zuversichtlich. »Wir brauchen ein
Seil – ein langes Seil!« Sie sah sich um. »Wir werden die Stadt
verlassen, uns ein Versteck und ein paar gute Männer suchen und
dann meinen Sohn befreien. Meinen Sohn und Victor.«
Matz sah sie erstaunt an.
»Victor, meinen Ehemann!«, sagte sie.
Er schluckte. »Du… du bist verheiratet, Shaba?«
Alina runzelte die Stirn. »Natürlich! Könnte ich sonst Shaba
sein?«
Matz hob nur die Schultern.
Alina musterte Matz mit prüfenden Blicken. »Hast du nichts von
der Hochzeitszeremonie mitbekommen?
Die ganze Stadt war auf den Beinen!«
Zögernd schüttelte er den Kopf.
»Nichts davon, dass ich den Vater meines Sohnes finden und
ihn ehelichen musste? Das war eine Verfügung des Hierokratischen Rates!« Er starrte sie nur an und ihr wurde klar, dass er
keine Ahnung hatte, was der Hierokratische Rat überhaupt war.
Vielleicht hatte er das Wort einmal gehört, vielleicht auch etwas
vom Cambrischen Orden oder davon, dass es außerhalb von Savalgor auch noch eine Welt gab. Mehr aber nicht. »Wie viel ist
sieben mal sechs?«
»Sieben… mal… äh, sechs?« Er starrte sie verwirrt an.
»Ja, bei den Kräften! Weißt du das nicht?« Er schluckte, dachte
dann kurz nach. »Äh, also… Zweiundvierzig.«
»Und siebzehn geteilt durch drei?« Auch hierfür brauchte er
nicht lange. »Fünf. Und ein paar Zerquetschte.«
Alina nickte verstehend. Sie hob eine Hand und pochte ihm mit
dem Fingerknöchel gegen die Stirn. »Du bist nicht dumm! Aber
du bist das wohl ungebildetste Geschöpf, das mir je begegnet ist.
Seit deiner Geburt lebst du in Savalgor, hast aber keine Ahnung,
was der Hierokratische Rat ist, was? Und du weißt auch nicht,
dass man nicht einfach Leute umbringen darf, wenn einem danach ist.« Nun brauste Matz auf. »Guldor war ‘n
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