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Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes

Titel: Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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ihm klar, dass sie ihm unter den Händen wegsterben könnte, wenn er nicht sofort etwas unternahm. Rasch lege er seine Lampe auf den Sitz und streckte die Arme nach dem Mädchen aus. Sie wehrte sich nicht, ihre Augenlider flatterten nur kurz, als er sie unter den Knien und Achseln zu fassen bekam, tief Luft holte und sich in einem Kraftakt mit ihr aus der Enge ihres Verstecks in die Höhe stemmte. Gleich darauf stand er, drehte sich, hievte sie über den Pilotensitz hinweg und trat auf die Öffnung zu. Draußen wartete Vasquez. Erst glotzte sie ihn ungläubig-verblüfft an; dann, als er das Mädchen im Durchgang ablegte, um hinausspringen zu können, fing sie an zu maulen. »Was ist denn das für ein Stück Dreck? Völlig verwahrlost! Und sie stinkt! Lebt sie überhaupt noch?«
    Federnd kam er unten auf, wandte sich um und hob das Mädchen wieder hoch. »Weg da!«, brüllte er Vasquez an. »Und noch so eine Bemerkung, und ich vergesse mich! Dann können Sie sich die letzte Frage selber stellen, verstanden?!« Vasquez starrte ihm mit offenem Mund hinterher, als er, mit dem Mädchen auf dem Arm, in Richtung des großen Tors zum Arterialtunnel rannte.
    ***
    Sandy, die gute Fee, hatte die Krankenstation bereits hochgefahren, als er mit dem Mädchen dort eintraf. Er hatte sie den ganzen langen Weg getragen, aus lauter Angst, er könnte vielleicht eine wertvolle Sekunde verlieren, wenn er zu lange auf einen Schweber wartete. Die Moose ist kein Raumschiff, sondern eine scheintote Raumleiche, hatte Vasquez ihn einmal angemeckert.
    So ganz Unrecht hatte sie nicht. Er wünschte sich, er hätte geahnt, was auf ihn zukam. Dann hätte er die ganzen Sekundär-Systeme schon vorher hochgefahren. Aber was sollte er für sich allein und diese Vasquez all das Zeug in Betrieb halten? Vasquez, die ihm hart auf den Fersen geblieben war, drängte sich durch die Tür zur Krankenstation. Aber nun war ihm das auch egal. Unter den skeptischen Blicken seiner Passagierin legte er das Mädchen sanft auf den Behandlungstisch. Zahllose Lämpchen und Geräte summten und blinkten in der hell erleuchteten Station mit all ihre Diagnose- und Therapiegeräten. Die Kleine stank in der Tat gotterbärmlich, war völlig verdreckt und kaum noch bei Bewusstsein.
    Er hatte keine Ahnung, warum er sie zu einem Engel hochstilisiert hatte. Eigentlich sah sie nur Mitleid erregend aus. Vielleicht war es der kurze, verängstigte Blick gewesen, den sie ihm zugeworfen hatte, ein Blick voller Furcht und einem Flehen um Hilfe. Doch irgendwie glaubte er, noch etwas anderes darin gesehen zu haben: eine gute, freundliche Seele.
    Roscoe trat zurück und überließ die momentane Arbeit Sandy.
    Ein Bioscanner trat in Aktion, über einen aufflammenden Holoscreen huschten lautlos Zahlen und Diagramme. Die Decke des Mädchens, eigentlich nur ein grob gewebtes Tuch mit fremdartigen Stickereien, war zur Seite gerutscht, und darunter kam ihre eigentliche Kleidung zutage: seltsam derbe Sachen in erdbraunen Tönen, dunkelbraune, leichte Stiefel, offenbar aus Leder, eine dunkelblaue Bluse aus seidenartigem Stoff und eine hübsche, bunt bestickte Jacke. Alles in allem keine ärmliche oder schlechte Kleidung, aber von ungewöhnlich archaischer Machart und starrend vor Dreck. Es war leicht zu sehen, dass sie sich beschmutzt hatte – offenbar mehrmals, denn ihre ledernen Hosen waren im Bereich des Unterleibs stark verfärbt.
    »Sie hat sich in die Hosen gemacht!«, mokierte sich Vasquez angewidert.
    »Drakkenschiffe haben keine Klos«, entgegnete er. »Wo hätte sie denn hinmachen sollen?« Was die Frage offen legte, woher sie stammte, wie sie in das Schiff gelangt war und wie viel Zeit sie darin verbracht hatte. Ihrem Zustand nach zu urteilen musste es mindestens eine Woche gewesen sein, vielleicht sogar länger.
    »Ein weiblicher Mensch«, begann Sandy ihre Daten zusammenzufassen. »Vierundfünfzigkommadrei Kilo, biologisches Alter zwischen zwanzig und zweiundzwanzig Standardjahren. Herzfrequenz 54 Schläge pro Minute, diastolischer Blutdruck bei 60, systolischer Blutdruck bei 90. Körpertemperatur 35,4 Grad, stellenweise unterkühlt. Blutfette und -zucker im unteren Grenzbereich.
    Unterernährt, Wassermangel, akute Blasenentzündung, verschiedene Pilzerkrankungen und Wundstellen der Haut. Gesamtzustand schwach, aber stabil. Sie schläft.«
    »Schläft?«
    »Ja, Boss. Ich empfehle 5 Milliliter Sorkalyn, einskommafünf Einheiten YHU-500, vorsichtige Nahrungsaufnahme, insbesondere in

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