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Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes

Titel: Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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hochfliegen, bevor er ihn wieder auffing und einschaltete. Ein scharfer Lichtkegel entstand, den er, ohne Vasquez noch einmal anzusehen, durch die Öffnung des Hoppers richtete.
    Dann trat er ganz nah heran, obwohl in seinem Hirn alle Alarmglocken schrillten. Niemand näherte sich so unvorsichtig unbekannten Gefilden, aus denen im nächsten Moment sonstwas hervorschnellen und einen würgen, lähmen, vergiften oder in mehrere saubere Stücke zerteilen konnte. Unangenehmes Getier gab es in diesem Teil der Milchstraße genug.
    Roscoe blieb stehen und leuchtete mit pochendem Herzen ins Innere des Schiffs. Das Einzige, was er von seiner Position aus sehen konnte, war eine sehr enge Kabine mit nur einem Sitz. Er war leer.
    Schon knapp dahinter begannen die Verkleidungen der Aggregate; nur ein schmaler Durchschlupf gewährte den Zugang zur Steuerbordseite des Cockpits, wo ein wenig mehr Platz sein mochte. »Ein Kurierschiff«, flüsterte er.
    »Was ist, Roscoe?«, vernahm er Vasquez’ Stimme.
    »Sehen Sie etwas?«
    Er zog es vor, nicht zu antworten, und leuchtete stattdessen mit seinem Strahler tiefer ins Innere des Schiffs.
    Plötzlich schluckte er. Ein Drakken war tatsächlich nirgends zu sehen, aber auch einen Menschen hätte er in der engen Kabine längst entdecken müssen. Es musste ein kleineres Wesen sein – ein viel kleineres möglicherweise! Eines, das sich irgendwo zwischen den Röhren, Kästen und Maschinenblöcken im hinteren Teil verstecken konnte… Ihm fiel ein schauriger Film ein, den er vor Jahren einmal gesehen hatte.
    Plötzlich vernahm er ein leises Keuchen.
    Er holte tief Luft.
    Das Keuchen hatte nicht nach der Sorte Wesen geklungen, die im Dunkeln darauf lauerten, dass ein Ahnungsloser vorbeitappte, um ihn anzuspringen und sich in sein Hirn zu bohren. Er nahm sich ein Herz, setzte einen Fuß in die Öffnung und zog sich hinauf.
    »Roscoe!«, hörte er Vasquez zischen. »Sind Sie verrückt? Bleiben Sie hier!«
    Das hatte wirklich mehr nach Bewunderung als nach Tadel geklungen. Es wird mir nur nutzen, dachte er mit pochendem Herzen, wenn ich hier lebend wieder herauskomme.
    Er stemmte sich ganz hoch, blieb aber in geduckter Haltung. Er fragte sich, wo er sein Hirn gelassen hatte, dass er keine Waffe bei sich trug! Doch es war zu spät. Vasquez beeindrucken zu wollen hieß, jetzt todesmutig weiterzumachen und den Hirnbohrer nötigenfalls mit der bloßen Hand zu erwürgen. Er hob die Leuchte, strich mit dem Strahl über die Instrumententafel, auf der noch schwach einige Lämpchen glimmten, und richtete ihn dann seitlich in den hinteren Teil des Schiffes.
    Nichts.
    Langsam leuchtete er noch einmal alles ab, was in seinem Sichtbereich lag. Dann drängte er sich vorsichtig zwischen dem Sitz und der Rückwandverkleidung hindurch auf die Steuerbordseite.
    Als das leise Keuchen ein zweites Mal erklang, setzte für eine Sekunde sein Herzschlag aus.
    Unwillkürlich richtete er sich kerzengerade auf und stieß mit dem Kopf hart an einen Vorsprung, woraufhin ihm vor Schmerz das Wasser in die Augen schoss. Panik stieg in ihm auf, und er leuchtete dabei wild um sich… bis er ihn plötzlich sah.
    Den Engel. Der Strahl seiner Krypton-Leuchte traf das Mädchen mitten in die Augen – erschrocken kniff sie die Lider zusammen und wandte das Gesicht ab. Ein Gesicht, so schön, dass Roscoe ein hilfloses Seufzen entfuhr.
    Sie hatte sich unterhalb des Instrumentenpults in eine Nische gedrückt, wo sie nun furchtsam saß, bis an den Hals in eine kleine Decke gehüllt, das Gesicht von einer Flut von rotbraunen Locken eingerahmt. Der Boden war übersät von seltsamen Dingen – hauptsächlich Stofffetzen und Essensresten; ja, sogar ein kleines Feuer schien dort entfacht worden zu sein.
    Wieder leuchtete er in ihr Gesicht, das ihm so engelhaft schön erschien, dass er sich gemahnen musste weiterzuatmen, sonst hätte er es vor Bestürzung vielleicht vergessen. »Roscoe!«, zischte es wieder von hinten, diesmal lauter. »Was, bei allen Göttern, ist da los?« Er betrachtete sie noch immer.
    Sie war blass und hatte Schmutzflecken im Gesicht, an ihrer linken Schläfe konnte er eine verschorfte Wunde erkennen. Erst als ihm ein unguter Geruch in die Nase stieg, wurde ihm klar, dass sie völlig am Ende sein musste. Nur mit Mühe hielt sie die Augen offen; die Fingernägel ihrer Hände, die unter der zusammengerafften Decke hervorlugten, waren blau angelaufen. Ihr Kopf sackte plötzlich zur Seite. Mit alarmierender Plötzlichkeit wurde

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