Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes
dafür?« Der Primas wies auf einen Stapel altersbrauner Pergamente, die ordentlich auf seinem Schreibtisch aufgeschichtet lagen. »Dies hier haben wir gefunden. Über zweitausend Jahre alt, sorgfältig magisch versiegelt, wie es in unserem Orden üblich ist. Alles noch gut lesbar.«
Alina und Leandra erhoben sich, traten zu dem Tisch und nahmen die Dokumente in Augenschein. Doch sie konnten die Schriftzeichen auf dem uralten, harten Papier nicht entziffern.
Leandra wusste jedoch, dass sich Hochmeister Jockum gut auf die alten Schriften verstand. »Es sind die Aufzeichnungen eines gewissen Phenros«, erklärte er. »Vor über zweitausend Jahren war er ein berühmter Mann in Diensten des Cambrischen Ordens. Er war nicht nur ein begabter Magier und Gildenmeister, sondern auch ein Philosoph und Künstler. Und er war persönlicher Berater des damaligen Primas. Er hieß Armenas.« Es klopfte, und der Novize brachte Tee – was Jockums Miene sichtlich aufhellte. Er kümmerte sich persönlich darum, dass jeder ein Tässchen Tee bekam. Mit einem wohligen Seufzen lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und genoss mehrere Schlucke seines liebsten Getränks.
Leandra legte ihr Bündel Papiere ab, setzte sich und trank ebenfalls vom Tee. Alina war stehen geblieben und studierte weiterhin die uralten Pergamente.
»Armenas war stets um Frieden und Harmonie bemüht«, fuhr Hochmeister Jockum fort. »Doch als zu dieser Zeit aufgrund von waghalsig gewirkten Magien immer wieder Unfälle passierten, rief er alle Ordensführer zu sich und forderte eine Einigung unter den Gilden. Ihr kennt die Geschichte. Er wollte die Erschaffung eines Kodex, nach dem sich alle Magier zu richten hatten.
Anfangs gab es zahllose Debatten und selbst Anfeindungen, aber schließlich gelang ihm eine Einigung.
Nur eine Gruppe stellte sich quer. Es war eine gewisse Bruderschaft von Yoor unter ihrem Führer Sardin.«
Leandra und Alina nickten. »Ja. Diesen Teil der Geschichte kennen wir.«
»Womöglich nicht genau«, wandte der Primas ein.
»Zuerst gelang es Armenas nämlich, Sardin zu überzeugen.«
»Ach… tatsächlich?«
»Ja, das steht in diesen Dokumenten geschrieben.
Doch Sardins gute Vorsätze hielten nicht. Kurz bevor es zur feierlichen Unterzeichnung und zum Inkrafttreten des Kodex kam, sperrte er sich plötzlich. Armenas war enttäuscht, um nicht zu sagen: wütend. Er schickte seinen besten und umsichtigsten Mann, nämlich unseren Chronisten Phenros, um dahinterzukommen, was da geschehen war. Phenros deckte auf, dass offenbar Fremde aufgetaucht waren, die Sardin einen besseren Vorschlag unterbreitet hatten.«
»Fremde? Die Drakken?«
»Davon dürfen wir wohl ausgehen. Obwohl nirgends etwas Näheres über sie vermerkt ist.«
»Und was tat Armenas?«
Der Primas nahm noch einen Schluck Tee, ehe er weitersprach.
»Nun, er kam auf die Idee, selbst mit diesen Fremden reden zu wollen. Er stellte eine Abordnung zusammen. Und dann ging das ganze Unheil los. Gewöhnlich hört man sich doch zumindest an, was eine Gegenpartei vorzubringen hat, nicht wahr? Aber in diesem Fall kam nur mehr die Sprache der Gewalt zum Zuge. Die Abordnung des Cambrischen Ordens, unter ihnen auch Armenas, wurde von den Fremden in eine Falle gelockt und getötet. Nur Phenros blieb unbehelligt – er war bei dem Treffen eines banalen Zufalls wegen nicht zugegen.«
Leandra nickte. »Jetzt verstehe ich. Die Fremden, die Drakken, wollten schon damals mit niemandem verhandeln. Aber warum sprachen sie dann mit der Bruderschaft?«
Munuel seufzte. »Das ist eine schwierige Frage. Die beste Antwort, die ich bieten kann, ist: Die Drakken hatten schon immer vor, unsere Welt auszubeuten und anschließend zu vernichten.
Für diesen Zeitraum benötigten sie einen Verbündeten. Jemanden, der skrupellos genug war, ihnen aus Vorteilssucht alle Wege zu eröffnen.« Alina legte die Pergamente beiseite und widmete sich nun auch ihrem Tee. »Ihr glaubt, die Bruderschaft wusste von diesem Plan? Und obwohl die gesamte Welt…?«
Munuel unterbrach sie. »Nein, das wohl nicht. So gewissenlos dürfte nicht einmal Sardin gewesen sein. Schließlich brauchte er selbst ja eine Welt, in der er leben konnte – besonders, nachdem es ihn nach der Unsterblichkeit dürstete.« Er schüttelte den Kopf.
»Nein, ich denke, die Drakken haben ihre wahren Pläne niemandem offenbart. Später dann war ihre Einfältigkeit schuld, dass Rasnor davon erfuhr.«
Leandra schüttelte ungläubig den Kopf. »Für eine
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