Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes
Schaden war entstanden, als beim Absturz eines Drakkenschiffes ein größeres Wrackteil auf das Ordenshaus gestürzt war.
Der Dachstuhl eines Nebengebäudes war ausgebrannt, die Stallungen ebenfalls, die östliche Hofmauer war zum Teil eingestürzt, und die kunstvolle Fassade des Hauptbaus hatte arg gelitten. Viele der Schäden waren bereits notdürftig repariert, aber noch immer gab es eine Menge zu tun. Gerüste waren aufgebaut, und Handwerker wie auch Ordensbrüder arbeiteten daran, den historischen Bau wieder instand zu setzen. Überall liefen Männer mit Werkzeug, Baumaterial und Gerüstteilen umher. Der Primas rief einen Novizen herbei, um ihn nach Tee zu schicken, dann begannen sie den etwas beschwerlichen Aufstieg ins Turmzimmer, in die private Studierstube des Primas. Dort hielt sich der Hochmeister gern auf, wenn es darum ging, bedeutsame Dinge zu besprechen – nicht zuletzt, weil der Turm ein Stück höher als die meisten anderen Gebäude Savalgors war und ihm so ein Gefühl der Übersicht bescherte.
»Ihr seht müde aus, Hochmeister!«, stellte Leandra fest, als sie sich im Turmzimmer niedergelassen hatten.
»Ja, ich weiß«, seufzte der alte Herr. »Ich bin jetzt zweiundachtzig. Wenn ich mir überlege, was ich im letzten Jahr so alles durchgemacht habe, nicht zuletzt wegen dir, junge Dame…«
Leandra lächelte höflich. »Wo wart ihr zwei denn so lange? Ihr habt Alina ganz allein hier zurückgelassen, und sie hätte eure Hilfe nötig gehabt.«
Munuel hob eine Hand. »Ich weiß – und es tut mir Leid, Alina.
Das haben wir uns unterwegs oft vorgeworfen. Wir waren einer Sache auf die Spur gekommen und hofften jeden Tag, das Rätsel lösen zu können. Aber dann wurden aus zwei Tagen zwei Wochen und schließlich zwei Monate.«
»Und? Habt Ihr herausgefunden, was Ihr wissen wolltet, Hochmeister?«, fragte Alina neugierig.
Der Primas schüttelte den Kopf. »Wir haben einiges entdeckt, aber leider nicht die Antwort, nach der wir suchten.« Er wandte sich an Munuel. »Sind wir überhaupt schon so weit, einen Bericht abgeben zu können?«
Munuel zuckte die Schultern. »Von Alina und Leandra dürften wir kaum Geheimnisse haben. Und du weißt ja, was wir uns vorgenommen haben.«
Der Primas brummte leise. »Also gut. Dann will ich euch berichten. Es begann vor drei Monaten, als wir hier anfingen sauberzumachen. Wie ihr wisst, hatte sich die Bruderschaft in diesen Räumlichkeiten breit gemacht. Der Cambrische Orden existierte für ein Jahr nicht, und diese Schmutzfinken stellten hier alles auf den Kopf. Es war sogar das Hauptquartier dieser Duuma!« Er schüttelte den Kopf. »Es sah aus – ich kann euch sagen! Wir fingen an, ihre Hinterlassenschaften zu tilgen. Besonders schlimm waren die Verwüstungen in unseren Bibliotheken. Diese Ignoranten haben einfach uraltes, wertvolles Schriftgut vernichtet - das sogar ihnen hätte nutzen können. Es war ein Graus!«
»Aber dennoch auch wieder ein Glück«, ergänzte Munuel. »Wir haben bei den Aufräumarbeiten uralte Dokumente gefunden, auf die wir ansonsten wohl nie mehr gestoßen waren.«
Leandra lachte spöttisch auf. »Wirklich? Dann lass mich raten: aus der Zeit des Dunklen Zeitalters?«
»Noch ältere sogar. Und sie stießen uns ganz unvermutet wieder auf eine alte Frage, die nie beantwortet wurde.«
»Und die lautet?«
»Du kennst sie. Warum haben die Drakken nie versucht, mit uns zu verhandeln? Wenigstens ganz zu Anfang?«
Leandra nickte bedächtig. »Ja. Das hat sogar Rasnor nachdenklich gemacht. Es schien den Drakken immer darum gegangen zu sein, uns mit Gewalt die Geheimnisse der Magie zu entreißen.«
Der Primas hob einen Zeigefinger. »Mehr noch, Leandra. Du selbst hast herausgefunden, dass es darauf hinauslief, unsere Welt vollständig zu zerstören. Binnen einer Frist von etwa zwanzig Jahren wäre das Land entvölkert worden. Mit den gewaltigen Staubwolken der Schlote ihrer Bergwerke hätten sie unsere Welt unbewohnbar gemacht und uns Menschen entweder getötet oder irgendwohin verschleppt. In Wahrheit wollten sie nicht nur unsere Magie. Nein, sie wollten uns von Anfang an vollständig vernichten!«
Alina nickte bitter. »Und das, obwohl sie immer streng nach einem Plan des größtmöglichen Nutzens handelten. Ich habe es in ihren Bergwerken selbst erlebt. Aber was könnte ihnen denn unsere Vernichtung einbringen?«
Munuel hob ratlos die Achseln. »Tja, was?«
»Ist es denn wirklich sicher, dass sie das wollten? Gibt es einen Beweis
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