Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
Vom Netzwerk:
er in der Nahe der Hallenmitte. Marina sprang von seinem Rücken und kniete neben
dem Ornament nieder.
Es sind Azranis Kleider! Und ihr Rucksack!
Ihre Kleider?
Marina wurde schwindelig. Ja, selbst ihre Unterwäsche liegt
hier. Aber…
Sie erhob sich wieder und versuchte sich zu erinnern, ob sich
Azrani im letzten Moment aus irgendeinem Grund die Kleider vom
Leib gerissen hatte…
Aber warum? Auch war viel zu wenig Zeit gewesen, alles war
viel zu schnell gegangen…
Was ist hier geschehen?, fragte Nerolaan. Welchen Grund hätte
sie haben können, alles hier zurückzulassen? In solch einer Situation müsste man doch froh sein, alles bei sich zu haben, das man
besitzt…
Marina sah sich verstört um. Die Sorgen um Azrani schienen
nicht weniger werden zu wollen. War sie tot? Hatte dieser Energiestrahl sie zu nichts aufgelöst, nur sie, ein lebendes Wesen,
während alles andere zurückgeblieben war?
Nerolaan schien ihre Furcht zu spüren. Sie lebt, Marina.
Vergiss nicht, was deine kleine Schwester Cathryn sagte.
Ich glaube ihr. Und dieser Ort hier sieht mir nicht nach einer
Falle für ahnungslose Wanderer aus. So einen Aufwand müsste
niemand betreiben, nur um jemanden umzubringen.
Marina stöhnte. Das hat Azrani auch gesagt. Aber vielleicht geht
es gar nicht darum, Nerolaan.
Vielleicht ist es ein Mechanismus, der einen dann tötet, wenn
man hier eindringen will. Oder wenn man etwas falsch gemacht
hat.
Das… das glaube ich nicht. Er… er will… Nerolaan unterbrach
sich, und Marina blickte fragend zu ihm auf.
Er will… trennen.
Marina schluckte. Trennen?
Nerolaan wirkte plötzlich abwesend, sein Kopf wiegte langsam
hin und her, sein Blick wirkte glasig. Ja. Er will trennen. Einzelne
Wesen voneinander trennen.
Voller Unruhe blickte sie zu ihm auf. Was ist mit dir, Nerolaan?
Woher willst du das wissen – so plötzlich? Du warst nie vorher
hier!
Nerolaan schien langsam wieder zu sich zu kommen. Sein langer Hals wurde wieder ruhig, und er starrte Marina an. Ich… ich
glaube, ich…
Was denn?
Der große, graue Felsdrache blinzelte ein paarmal langsam,
dann schüttelte er heftig den Kopf, so als wollte er einen seltsamen Traum von sich abschütteln. Plötzlich blickte er sich wild um,
sein Kopf schoss von rechts nach links und wieder zurück, und
mit einem Mal breitete er die Schwingen aus.
Ich war schon einmal hier, Marina!
Völlig ohne Ankündigung warf er sich mit einem gewaltigen Satz
in die Luft und schlug so stark mit den Schwingen, dass der plötzliche Luftzug Marina umwarf. Verwirrt starrte sie hinauf zur Decke, wo der Drache wie ein aufgescheuchter Vogel herumflatterte,
an den gewölbten Wänden entlang kurvte und offenbar jedes
Stück Raum innerhalb der Halle ausmessen wollte.
Nicht ich selbst, hörte sie seine aufgeregte Stimme durchs Trivocum hallen, aber einer von uns. Vor langer Zeit. Ich erinnere
mich!
Marina brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, wie er das
meinte. Du… du kannst dich an Dinge erinnern, die ein anderer
deines Volkes erlebt hat?
Ja. Es wird mir eben erst klar! Jetzt, in diesem Moment. Eine
Pause entstand, dann hörte sie wieder seine Stimme. Wir Drachen haben etwas, das uns verbindet… eine gemeinsame Erinnerung. Nichts, was ständig da und uns jederzeit vertraut wäre,
aber manchmal… Er unterbrach sich, fing seinen aufgewühlten
Flug ab und steuerte wieder auf die Hallenmitte zu, wo Marina
noch immer verdattert auf dem Boden saß. Innerhalb weniger
Augenblicke war er gelandet und saß wieder dort, wo er vorher
gewesen war. Diese Fähigkeit ist uns bekannt, Marina!, erklärte
er erregt. Sie ist nicht sehr ausgeprägt, aber manchmal können
wir fühlen, was andere Drachen fühlen, oder… was sie früher
einmal fühlten! Uns allen ist gegenwärtig, was damals in Bor Akramoria geschah, vor zweitausend Jahren – als unser Urdrache
Ulfa getötet wurde. Das hat sich in unsere gemeinsame Erinnerung eingebrannt. Wir können auch spüren, wenn einer von uns
stirbt – einer, der uns nahe steht. Und es gibt noch andere Dinge.
Aber jetzt, da ich weiß, dass wir nicht von hier stammen können,
gewinnt das eine viel größere Bedeutung!
Marina rappelte sich hoch. Eine größere Bedeutung?
Nerolaan war sehr aufgeregt, tänzelte unruhig auf der Stelle,
hielt die Schwingen ein Stück entfaltet und ließ seine Blicke stetig
durch die Halle schweifen. Ich sagte dir doch – Bor Akramoria
liegt für uns nur wenige Generationen zurück Mein eigener Urgroßvater hat das

Weitere Kostenlose Bücher