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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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Er beugte sich herab. Dann wandte Cathryn sich um und
sprang entschlossen davon. Ullrik sah ihr hinterher – sie stellte
sich geschickt an. Bald war sie auf den höchsten der Felsen hinaufgeklettert und verschmolz mit seinem Umriss. Wenn sie still
hielt, würde sie selbst ein nahe vorbeifliegender Drache nicht bemerken.
Als er sicher war, dass sie ihren Posten wie verabredet bezogen
hatte, sah er nach Hellami. Sie stand bereits breitbeinig mitten
auf dem Strand, bei einer Ansammlung kleiner, flacher Felsbrocken, wo sie in der Nacht in stundenlanger Arbeit eine kleine Grube ausgehoben hatten.
Nun war sie mit Zweigen, Blättern und einer dünnen Schicht
Sand abgedeckt; Ullrik hoffte, dass man ihr Werk aus der Luft
nicht sehen konnte. Hellami winkte ihm zu.
Er winkte zurück und schlug einen Weg nach Norden ein.
Jeder von ihnen sollte konsequent ein Drittel des Himmels beobachten. Kam ein Kreuzdrache in Sicht, würden sie sich mit einfachen Klopfsignalen Stein-auf-Stein Zeichen geben.
Sollten beide in Sicht kommen, würden sie sich mit schnellen
Doppelschlägen warnen. Hoffentlich blieb Hellami dann noch Zeit
genug zu fliehen.
Nachdem Ullrik ein kurzes Stück Strand überquert hatte, stieg
er über eine flache Felsenplatte zu einem einzelnen, verkrüppelten Baum hinauf, der aus einer breiten Spalte im Gestein wuchs.
Der Baum war niedrig, knorrig und hatte einen dicken Stamm,
was ihm vielleicht einen kleinen Schutz bieten würde. Wichtiger
aber war, dass er aus der Luft unter diesem Baum nicht so leicht
zu entdecken war.
Und er hatte von hier aus einen guten Überblick – bis zu Cathryn waren es etwa dreißig Schritt, bis zu Hellami siebzig. Die richtige Entfernung für die Magie, die er sich zurechtgelegt hatte.
Wenn alles so klappt, wie wir es uns ausgedacht haben.
Seine Blicke schweiften durch die Umgebung. Gerade erwachte
der Morgen. Das große Sonnenfenster im Osten über dem Land
strahlte bereits hell, das westwärtige lag noch im Dämmerlicht.
Die riesigen grauen Felspfeiler über der Insel und dem Meer boten ein prachtvolles Schauspiel von Licht und Schatten, das sich
hier und dort im Frühdunst in ein strahlendes Nichts auflöste. Das
Meer war ruhig und blaugrün, und die wenigen Vögel, die an dieser Küste lebten, sangen ihr Morgenlied. Alles wirkte friedlich.
Nicht einmal von der stygischen Verseuchung hatten sie bisher
etwas mitbekommen. Doch dieser Frieden würde heute auf eine
Weise durchbrochen werden, wie es diese Küste sicher seit zweitausend Jahren nicht mehr erlebt hatte. Ullrik setzte sich nieder,
lehnte den Rücken an den Stamm des Baumes und beobachtete
seinen Teil des Himmels. Vor ihm erhob sich ein schmaler Stützpfeiler aus der Mitte der Insel, links lag das Meer. Er war wach
und aufmerksam; regelmäßig warf er Blicke zu Cathryn und Hellami, um durch Zufall vielleicht das zu entdecken, was die anderen übersahen. Sie hatten abgemacht, sich gegenseitig zu unterstützen.
Dann begann das endlose Warten.
Die Stunden vergingen, heiß brannte die Sonne durch die Sonnenfenster herab, und die Warterei zerrte schon bald an ihren
Nerven. Besonders für Cathryn musste es hart sein, denn ein
Kind brauchte Bewegung und war gewiss nicht dafür geschaffen,
stundenlang mit aller Aufmerksamkeit in den Himmel zu starren.
Doch die Kleine hielt den ganzen Vormittag tapfer durch. Ullrik
hätte sie gern dafür gelobt, aber er wagte nicht, seinen Posten zu
verlassen. Zwei der Stützpfeiler waren nicht weiter als drei oder
vier Meilen entfernt, und aus ihrer Deckung heraus wäre ein
Kreuzdrache, mit voller Geschwindigkeit aus großer Höhe zu ihnen herabstürzend, in wenigen Augenblicken hier. Ein weiteres
Problem bestand darin, dass im Lauf der Stunden ihre Konzentration nachließ und somit die Gefahr wuchs, dass sie nicht rechtzeitig reagierten. Ullrik hatte nicht damit gerechnet, dass sie länger
als vielleicht eine halbe Stunde warten müssten.
Um die Mittagszeit schickte er Cathryn zum Wasserholen und
bat sie, etwas Essen zuzubereiten. Er wollte ihr eine Abwechslung
gewähren. Hellami konnte ihren Posten unmöglich tauschen, und
er selbst hätte keine Ruhe gehabt, hätte Cathryn allein die Hälfte
des Himmels überwachen müssen, während er sich um die Verpflegung kümmerte.
Der gesamte Mittag und der Nachmittag vergingen, ohne dass
sich auch nur irgendein Drache am Himmel gezeigt hätte.
Diese Gegend schien von allen Drachenarten völlig verlassen zu
sein. Konnte es sein, dass sich die

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