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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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lassen.
Mit einem Laut des Elends stand die schwarz vermummte Gestalt einige Augenblicke wankend da, ließ sich dann zurücksinken
und kam auf den Stufen zu sitzen.
Endlich erreichte Alina sie und strich mit einer sanften Bewegung die dunkle Kopfmaske der Gestalt zurück. Zum Vorschein
kam das Gesicht von Yo, der jungen Diebin – gerötet, tränenfeucht und mit einem Ausdruck hilfloser Verzweiflung in den Zügen. »Alina…«, keuchte sie. »Ich…«
»Beruhige dich«, sagte Alina leise und nahm Yo in die Arme.
»Wie kommst du hierher? Ich dachte, du wärest in Savalgor.«
»Ich bin noch durch das Portal gegangen, vorgestern, ehe Cleas
die Steinplatten entfernt hat…«
Stöhnend richteten sich Hochmeister Jockum und Izeban auf.
»Was, zum…«, keuchte der Primas – dann erkannte er endlich Yo.
»Du meine Güte!«, ächzte er und kämpfte sich mühsam in die
Höhe. Izeban, der bereits wieder aufrecht stand, half dem Hochmeister.
»Habt Ihr Euch wehgetan?«, fragte Alina besorgt. »Nein, nein,
schon gut. Yo! Du bist hier! Aber… was ist hier nur geschehen?«
Yo blickte auf. Ihr Gesicht war von solcher Verzweiflung gezeichnet, dass der Primas erschrak. »Es ist niemand mehr hier!«,
klagte sie unter Tränen. »Alle sind fort. Nur diese Bestien streifen
hier umher, seit… zwei Tagen schon… ich konnte nichts tun…«
Jockum kniete sich eine Stufe unterhalb von ihr nieder und nahm
ihre beiden Hände. »Beruhige dich. Wen meinst du? Wer ist weg?
Roya und Marko…?«
»Nein!«, rief sie und schüttelte heftig den Kopf. »Alle! Alle sind
weg! Es ist kein einziger Mensch mehr hier! Ich hab mich versteckt…«
Schweigen kehrte ein. Es sah Yo nicht im Geringsten ähnlich,
dass sie sich versteckte, wenn Gefahr drohte oder Freunde sich in
Schwierigkeiten befanden. Sie war eine erfahrene Kämpferin, ja,
man hätte sie als eine tödliche Waffe bezeichnen können. Wie
kaum ein anderer verstand sie es, mit den Schatten zu verschmelzen und aus ihnen heraus zu handeln.
»Bitte, Yo!«, sagte Alina. »Wir verstehen kein Wort.
Erzähl es der Reihe nach. Was ist hier geschehen?«
Yo atmete angestrengt, ihre Brust hob und senkte sich in
schwerem Rhythmus. »Die Drakken«, sagte sie. »Und die Bruderschaft. Sie kamen… vor zwei Tagen. Und ein riesiger Drache.«
»Ein… Drache?«
Yo schluckte. »Er war wahnsinnig groß – so etwas habe ich noch
nie gesehen.« Ihre Blicke huschten unsicher und Hilfe suchend
zwischen ihnen hin und her.
»Was geschah dann?«
Yo holte tief Luft. »Sie überfielen das Dorf. Mit diesen… Dunkelwesen. Nahmen alle Leute mit. Und da… da war dieser Drache.«
Neue Tränen strömten über ihre Wangen.
»Ich… ich hab mich versteckt… ich habe solche Angst gehabt…«
Sie beugte sich vornüber und vergrub verzweifelt das Gesicht
unter den Armen.
Alina, Jockum und Izeban tauschten betroffene Blicke. Jockum
schüttelte leicht den Kopf, zum Zeichen, dass man Yo für den
Augenblick lieber in Ruhe lassen sollte. Dann erhob er sich, blickte hinauf und sagte leise: »Ich werde mich da oben mal umsehen…«
Von unten ertönte das Getrappel eiliger Schritte.
»Alina!«, hörten sie Hellamis Stimme.
»Hochmeister! Wo seid ihr?«
Alina stand auf und eilte die Treppe hinab. Kaum war sie unten
angekommen, war Hellami auch schon da. »Schnell!«, rief sie.
»Wir haben Marko gefunden. Er stirbt! Wo ist der Primas?«
Hochmeister Jockum kam die Treppe heruntergeeilt.
»Marko?«, fragte er. »Wo ist er?«
»Unten im Dorf. Er hat sich halb tot unter einen Brückensteg
verkrochen. Ein verletzter Jungdrache ist auch dort. Sie müssen
seit über einem Tag dort unten am Wasser liegen. Cleas versucht,
Marko irgendwie am Leben zu halten, aber er kennt sich mit
Heilmagien nicht gut aus.«
»Los, zeig mir, wo er ist!«
Hellami eilte voraus, dicht gefolgt von Hochmeister Jockum. Bevor sich Alina den beiden anschloss, rief sie Izeban zu, er solle
hier bleiben und sich um Yo kümmern. Dann rannte sie ebenfalls
los.
In aller Eile überquerten sie die schaukelnde Hängebrücke vor
dem Wasserfell und liefen den schmalen Pfad an der Felswand
hinab, bis sie das eigentliche Gebiet des Dorfes erreicht hatten.
Sie folgten Hellami über die kleine Dorfwiese und dann die steile
Böschung zu dem kleinen See hinab, der vom Wasserfall gespeist
wurde. Endlich erreichten sie einen kleinen Steg, der allenfalls
einem Angler hätte dienen können. Boote gab es hier nicht.
Gleich neben dem Steg erhob sich ein Felsen, und an

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