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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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dann
Azrani und sah wieder zu ihrem Drachenfreund. »Es ist schon gut,
Nerolaan, ich verstehe dich«, sagte sie. »Es gibt noch einen anderen Ort, wo es dich hinzieht, nicht wahr? Du willst deiner inneren
Stimme folgen.«
Das Wichtigste ist, dass ihr beiden wieder sicher nach Hause
kommt, erklärte er Nerolaan nach kurzem Zögern.
Marina erhob sich. »Es gibt noch viel zu erzählen, Azrani«, erklärte sie und half ihrer Freundin beim Aufstehen. »Aber das sollten wir wirklich unterwegs tun.
Ich glaube, wir sollten als Erstes versuchen, nach Hause zurückzukehren. Ullrik wird schon wieder aus Savalgor zurück sein,
und so verliebt, wie der ist, könnte er uns auf eigene Faust folgen
– und wer weiß, wo er dann landen würde. Einen Würfel müsste
er ja dabeihaben.« Azrani grinste. »Wirklich? Er ist verliebt?«
»Ja, in uns beide.« Sie zog eine Grimasse, irgendwo zwischen
Wohlwollen und Bedauern. »Ich fürchte, ernstlich.«
Azrani kicherte leise. »Hat er das gesagt?«
»Nur andeutungsweise. Aber er redet im Schlaf.«
Nun lachte Azrani lauthals los. »Ist das wahr? Was hat er denn
gesagt?«
Marina grinste. »Das möchtest du gar nicht hören, glaub mir.«
Nerolaan senkte seine rechte Schwinge, damit die beiden aufsteigen konnten; es gab nicht das kleinste Stück Gepäck, und so
konnten sie sofort aufbrechen. Als Azrani auf ihrem gewohnten
Platz auf dem Drachenrücken saß und Marinas Arme spürte, die
von hinten ihren Bauch umschlangen, fühlte sie sich endlich wieder in Sicherheit.
Nerolaan warnte sie kurz, sich festzuhalten, warf sich mit einem
kräftigen Sprung in die Luft und gewann rasch an Höhe. Bald darauf war er hoch genug, dass für sie die Sonne hinter den Bergen
wieder aufging, und Azrani begann von ihrer seltsamen Reise
durch diese tote und doch belebte Welt zu erzählen.
27
Mai:Tau’Jui
    Einen so alten Ajhan wie Aan:Ars’Jui hatte Leandra nie zuvor
gesehen. Ihr Herz krampfte sich leicht zusammen, als Roscoe ihn
ihr vorstellte. Sie wusste, dass die Ajhan ein wenig alter als die
Menschen wurden, über hundert Jahre im Durchschnitt, aber sie
schienen einen hohen Preis dafür bezahlen zu müssen.
Aan:Ars’Jui war kleiner als sie, so gebückt ging er, und er sah aus
wie ein verschrumpelter Apfel. Tiefe Falten überzogen seine Gesichtshaut, den Hals und die Arme; von der strotzenden Kraft
eines Ain:Ain’Qua, dessen Gestalt Aan:Ars’Jui auch einmal gehabt
haben mochte, war nichts mehr übrig geblieben. Darüber hinaus
erschien er Leandra fahrig, zerstreut, ein wenig schroff und ungeduldig; alles in allem empfand sie ihn als eine Enttäuschung, wo
sie sich doch so sehr auf ein neuerliches Zusammentreffen mit
einem Ajhan gefreut hatte. Ihre erste Begegnung mit Ain:Ain’Qua
war so aufregend und von einem geheimnisvollen Zauber erfüllt
gewesen, dass sie sich wohl zu viel erhofft hatte.
    »Vielleicht hätte ich dir vorher erzählen sollen«, flüsterte ihr
Roscoe zu, als er ihren betroffenen Blick bemerkte, »dass
Aan:Ars’Jui ein hartes Leben hinter sich hat. Ein Leben voller Ärger und Frustrationen, denn die Hüller wollen nichts mit ihm zu
schaffen haben. Sie halten ihn für einen Kollaborateur der Drakken und des Pusmoh, obwohl das überhaupt nicht stimmt. Er ist
wirklich nur Wissenschaftler.« Er seufzte und blickte den Ajhan
an, der ziellos in seinem Labor umherlief und sie nach Kräften zu
ignorieren versuchte. »Obwohl das langsam wohl nicht mehr so
viel Bedeutung hat«, fügte Roscoe noch hinzu. Die Labortür glitt
auf, und Roscoes Gesicht hellte sich auf. »Da kommt was Schöneres«, raunte er und lief auf die Person zu, die gerade eintrat.
Es war eine Ajhana, eine junge Frau, und Leandra stockte der
Atem, als sie sie sah.
    Schon auf Potato, der Raumkartoffel der Brats, hatte sie über
die weiblichen Ajhan gestaunt, aber dieses Mädchen schlug in
Sachen Schönheit und Anmut alle, die sie bisher zu Gesicht bekommen hatte. Sie knisterte förmlich vor Erotik. Ihre Gestalt war
so unerhört weiblich, dass Leandra ein beißender Anflug von Neid
überkam. Mit unglaublicher Eleganz bewegte sie sich herein, warf
Roscoe ein hinreißendes Lächeln zu und streckte ihm auf keckmädchenhafte Weise die Hand hin. Wäre Leandra an Roscoes
Stelle gewesen, wäre sie sofort über die Ajhana hergefallen.
    Hart schluckte sie einen kleinen Kloß der Eifersucht in ihrer Kehle herunter, indem sie sich sagte, dass sie immer noch einen Vorteil gegenüber dieser jungen Schönheit besaß –

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