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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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entscheiden versuchte,
beschloss sie, die Auswahl dem Glück zu überlassen. Sie erinnerte sich an einen Abzählreim aus Kinderzeiten, begann bei der ersten Würfelfläche, nämlich der mit dem Punkt, und endete nach
ein paar Versen auf der blauen Würfelfläche, der mit dem Fünfeck. Sie benötigte noch eine ganze Weile, ehe sie den Mut wirklich aufbrachte. Dann löste sie die blaue Glaspyramide aus dem
Würfel, drehte sie um und kniete sich vor der mittleren Vertiefung, die von dem Dreiecks-Symbol umgeben war, auf den Boden. Nach mehrmaligem tiefem Luftholen ließ sie ihre Hand sinken und passte die Glaspyramide kopfüber in die Vertiefung ein.
Für Augenblicke geschah nichts.
Als dann aber wieder ein Rumpeln durch die Halle grollte und
der Boden unter ihren Füßen zu beben begann, wurde ihr schlecht
vor Angst. Dass sie auf der Spitze eines Kegels in die Höhe schießen würde, hatte sie ganz vergessen. Sie ließ sich auf die Knie
fallen, stützte sich mit den Händen ab und wartete auf das Unvermeidliche. Doch der Kegel wölbte sich nicht unter ihr auf.
Stattdessen flammte die Rückseite der Halle in grellorangefarbenem Licht auf. Eine unnennbare Druckwelle brandete heran, hob
sie vom Boden und presste sie mit rasender Geschwindigkeit
durch den Portalgang nach draußen. Sie schrie.
Nach wenigen Sekunden schon erreichte sie das Freie, wurde
wie ein vom Wind aufgewirbeltes Blatt weiter getragen und raste
auf das Säulenmonument zu. In dem sich verjüngenden Tunnel
der Säulenpaare gewann sie eine mörderische Geschwindigkeit
und hatte zugleich das Gefühl, zu heißem Dampf aufgelöst zu
werden. Während sie verzweifelte Schreie ausstieß, wurde sie ins
Nichts aufgesaugt und verschwand vom Antlitz der Welt.
9
Hühner
    Die Sache mit den Hühnern wurde weitaus komplizierter, als sie
gedacht hatten. Nachdem Roscoe dem Ajhankoch seine Fracht
abgekauft hatte, mussten sie für weiteres Futter sorgen, denn
ihre Reise nach Halon würde allein schon zwei Wochen dauern.
Aber es gab nicht einmal eine Hand voll Hühnerfutter auf ganz
Spektor III. So mussten sie sich von Diamond welches bringen
lassen. Obwohl es für eines der ständig verkehrenden Shuttles
nur eine kleine Zusatzfracht war, erleichterte diese Aktion ihren
Geldvorrat um weitere zweitausend Soli. Leandra stöhnte, als sie
das hörte. Ein Gefühl der Unruhe befiel sie. Wenn das so weiterging, waren sie ihr gesamtes Geld los, ehe sie den Halon erreicht
hatten. Dann begann die Lauferei. Der Besitz der Fracht musste
auf Griswold umgeschrieben werden, und da Spektor III ein Umschlags-, aber kein Handelsplatz war, gestaltete sich das schwierig. Der zuständige Beamte war krank, ein Vertreter war nicht
aufzutreiben. Zuletzt kostete es noch einmal 500 Soli, einen Mann
zu schmieren, der über Tricks an die benötigten Stempel kam und
die Transaktion ins Frachtregister eintrug. Leandra äußerte mehrfach wütend ihre Überzeugung, dass die Drakken die Bewohner
der Höhlenwelt auch ganz unblutig hätten ausrotten können –
indem sie ihnen solche Prozeduren aufzwangen. Griswold bekam
einen Lachkrampf, als er das hörte – Leandra jedoch fand das
nicht im Geringsten witzig.
    Als dann der Moment kam, da die Hühnerfracht verladen werden sollte und sich Leandra wie auch Roscoe in den Containern
verstecken mussten, war die Zeit des Lachens endgültig vorbei.
Die Tiere verfielen in Hysterie und Panik, als sich Leandra durch
die enge Luke auf der Oberseite in einen der Container zwängte.
Er maß etwa sieben Ellen in der Länge; sie nahm ihr neues Wissen zu Hilfe und übertrug es in die Maßeinheit Meter. Dementsprechend waren die Container etwa dreieinhalb Meter lang,
zweieinhalb Meter breit und zwei Meter hoch und bestanden aus
gelb-grau gestreiftem Kunststoff. Als sie drin war, brach in seinem Inneren das blanke Chaos aus. Die Hühner kreischten und
flatterten in heilloser Panik umher, manche fielen sogar in Ohnmacht. Der Gestank war trotz der vielen Luftlöcher erstickend,
der Boden war mit einem Gemisch aus Stroh und Exkrementen
bedeckt. Die Hühner saßen auf Stangen, die den Container der
Länge nach durchmaßen, und es gab nur eine Möglichkeit für
Leandra: sie musste sich ganz am Rand auf den Boden legen.
    Stöhnend drängte sie die Nase an eines der Luftlöcher und sagte sich, dass sie eigentlich alles überleben könnte, wenn sie das
hier überlebte.
    Vermutlich musste sie hier mehrere Stunden verbringen – bis
die Melly Monroe

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