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Hoelle auf Zeit

Hoelle auf Zeit

Titel: Hoelle auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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reichte er dem Coroner ein Schriftstück. Der überflog es. »Ist Colonel Villiers im Saal?« fragte er.
      »Sir.« Villiers erhob sich.
      »Ich habe den Klassifizierungsvermerk, der von Ihnen im
    Namen des Verteidigungsministeriums vorgelegt wurde, zur Kenntnis genommen und billige ihn. Ich weise sämtliche an­ wesenden Pressevertreter ausdrücklich darauf hin, daß es auf­ grund dieser D-Einstufung strikt untersagt ist, irgendwelche Einzelheiten über dieses Verfahren zu berichten, und daß jeder, der dagegen verstößt, mit einer Gefängnisstrafe zu rechnen hat. Colonel Villiers, Sie können sich wieder hinsetzen.«
      »Danke, Sir.«
      »Die den Tod von Eric Malcolm Ian Talbot betreffenden Tat­
    sachen sind bereits durch das Geschworenengericht in Paris, dem Ort des Geschehens, ermittelt worden.«
      Sarah wollte aufspringen, ihren Protest gegen die Ausführun­ gen des Coroners laut hinausschreien. Villiers, der ihre Gedan­ ken zu erraten schien, hielt ihre Hand fest umklammert.
      Der Coroner fuhr fort. »Der bedauerliche Verlauf, den die Ereignisse nach dem Tod dieses unglücklichen jungen Mannes genommen haben, ist Gegenstand der Untersuchung durch die zuständige Institution. Ist der nächste Angehörige hier anwe­ send?«
      Es dauerte einen Augenblick, bis sie die Frage erfaßt hatte und aufstand. »Hier, Sir.«
      »Treten Sie bitte in den Zeugenstand.« Sie ging nach vorn, stieg hinauf und stellte sich ans Geländer. Der Coroner konsul­ tierte das vor ihm liegende Schriftstück. »Sie sind Mrs. Sarah Talbot, derzeit wohnhaft in New York in den Vereinigten Staaten von Amerika?«
      Das war alles so förmlich – so präzise. »Das ist richtig.«
      »Bitte benennen Sie Ihr Verwandtschaftsverhältnis zu dem Toten.«
      Sarah befeuchtete die trockenen Lippen. »Ich war seine Stiefmutter.«
      »Der Leichnam Ihres Stiefsohnes befindet sich zur Zeit in der städtischen Leichenhalle. Haben Sie ihn identifiziert, Mrs. Talbot?«
    »Nein, Sir.«
      Der Protokollführer reichte dem Coroner ein weiteres Schriftstück, das dieser durchsah. »Die diesem Gericht als Beweismittel vorgelegten Fingerabdrücke ermöglichen es mir, auf diese Forderung zu verzichten. Ich werde Ihnen die Ge­ nehmigung zur Beisetzung erteilen.« Er hielt inne. »Dieses Gericht bekundet Ihnen sein aufrichtiges Beileid, Mrs. Talbot.«
      »Vielen Dank.«
      Sie verließ den Zeugenstand, verblüfft, daß es so schnell ge­
    gangen war.
      Alles erhob sich und strebte dem Ausgang zu. »Es hätte schlimmer sein können«, meinte Villiers. »Du hast dich gut gehalten, Sarah.«
      Jago, der sich hinter sie gedrängt hatte, hörte sie antworten: »Es wird weitaus schlimmer kommen, aber das läßt sich nicht vermeiden.«
      »Was, um alles in der Welt, meinen Sie?« erkundigte sich Ferguson.
      »Eric«, entgegnete sie lapidar. »Ich möchte ihn sehen.«
      Villiers legte ihr den Arm um die Schulter. »Dazu besteht keinerlei Veranlassung, Sarah. Das mußt du dir nicht antun. Ich habe ihn gesehen, das ist nicht mehr Eric. Ich habe alles arran­ giert. Er wird nachmittags nach London übergeführt, die Trau­ erfeier im Greenhill-Krematorium findet um zehn Uhr morgens statt. Es ist für alles gesorgt.«
      »Ich muß ihn unbedingt sehen«, erklärte sie entschlossen.
      Er sah Ferguson an, der Brigadier nickte. »Also gut, bringen wir’s hinter uns«, seufzte Villiers.

    Er hatte natürlich recht. Das war nicht Eric, dieses schwärzlich angelaufene, entstellte Geschöpf, das da zur Schau gestellt wurde, als der Wärter das Schubfach herauszog und die weiße Gummidecke wegnahm. Und dennoch verweilte sie einen langen, endlos langen Augenblick davor, erinnerte sich an den Hochzeitstag, an seine Hand, die so voller Glück, voller Ver­ trauen in der ihren gelegen hatte. Endlich nickte sie dem Wär­ ter zu und verließ die Halle, die beiden Männer folgten ihr hinaus.
      Sie stiegen in den Daimler. Als er anfuhr, fragte Ferguson: »Wie fühlen Sie sich, Mrs. Talbot? Alles in Ordnung?«
      Sie wandte sich zu ihm und entgegnete mit flammenden Au­
    gen: »Ich bin mein Leben lang das gewesen, was man einen anständigen Menschen nennt. Die gute, brave Durchschnitts­ bürgerin. Nichts ging über Amerika und den freiheitlichen Rechtsstaat. Ja, und jetzt muß ich Ihnen eine Neuigkeit verra­ ten, Brigadier. Heute fühle ich mich nicht ganz so friedfertig. Ich will diese Schweine, die ihm das angetan

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