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Hoelle auf Zeit

Hoelle auf Zeit

Titel: Hoelle auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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habe Soldaten nie begriffen. Meine erste Liebe wurde in Vietnam getötet. Es erscheint einem jedesmal so stupide, so sinnlos.«
      »Manchmal ist es aber notwendig, mein Kind. Das Kunst­ stück besteht darin, alles andere auszuschalten, nur hier und jetzt, außerhalb der Zeit zu leben. Zu handeln, als gäbe es sonst nichts auf der Welt. Keinen Anfang, kein Ende …«

    Jago, weit entfernt auf einem Deich, beobachtete sie durch ein Zeiss-Glas. Als er sie zusammen mit White sah, empfand er unbändige Wut, daß ein anderer ihr nahe sein durfte, er dage­ gen nicht. Einen Augenblick lang erfaßte ihn ein Gefühl von Einsamkeit und Verlassenheit.
      »Fang jetzt bloß nicht an, weich zu werden, alter Knabe«, sagte er leise.

    »Ist das schön hier.« Sarah schaute leicht fröstelnd über die Salzsümpfe.
      »Die Gegend war seit der Römerzeit für manche eine Frei­ stätte«, erklärte Jock. »Dann kamen Angelsachsen her. Geäch­ tete, von den Normannen verfolgt. Jahrhunderte später waren es Schmuggler, denen die Zöllner im Nacken saßen. Ein biß­ chen was davon gibt es auch heute noch.«
      »Das spürt man. Ein Schattenreich. Eine tote Welt.« »Keine Rede davon, Mädchen. Hier herrscht Leben. Krebse in den Wasserläufen, Fische in den Flüssen, Brachvögel, Rotschenkel und Wildgänse fliegen jeden Winter von Sibirien bis hierher. Alles, was der Mensch zum Überleben braucht, ist hier vor­ handen.«
      »Und das ist Ihr Unterrichtsfach?«
      »Wenn Sie so wollen. Mit dem, was ich meinen Schülern beibringe, könnten sie die schlimmsten Katastrophen überle­ ben, außer sie gehören zu den Lebensverneinenden – arme, bedauernswerte Geschöpfe, die ohne Dach über dem Kopf, ohne Milch und Brötchen, frei Haus geliefert, die Hände in den Schoß legen und sterben würden.«
      Sie lachte. »Zu denen rechnen Sie mich?«
      Er winkte mit der Hand. »Das Schilfrohr, richtig verflochten, bietet eine hervorragende Bleibe und Schutz gegen jedes Wet­ ter. Fast jedes Lebewesen in diesem Sumpfgebiet ist eßbar. Insekten haben einen hohen Proteingehalt. Krähen, Igel.« Er bückte sich und holte aus dem Morast am Wegrand eine dicke Kröte. »Ein Leckerbissen, Mrs. Talbot. Hätten Sie Lust darauf? Oder auf getrocknete Würmer? Reines Protein in Hülle und Fülle.«
      Die schiere Häßlichkeit der Kröte faszinierte sie. »Na, ich glaube nicht, daß Würmer auf der Speisekarte von ›The Four Seasons‹ viel Anklang fänden.«
      »Was ist denn das?«
      »Mein Lieblingsrestaurant in Manhattan.« Sie berührte die Kröte vorsichtig mit einem Finger. »Tatsächlich ist sie viel zu niedlich, um verspeist zu werden.«
      »Ich habe den Verdacht, Sie könnten für mich zur Anfech­ tung werden, Sarah Talbot.« Er setzte die Kröte behutsam in den Morast zurück. »Los, wir kehren jetzt um.«
      Sie nahm seinen Arm. »Ich glaube, Sie haben mit Sean ge­ sprochen. Und ich denke, Sie versuchen, mich von der ganzen Geschichte abzubringen.«
      »Irrtum, Mädchen. Mir geht es darum, zu verhindern, daß Sie sich in etwas verrennen, daß Sie Ihr Leben zerstören in einem finsteren Labyrinth, für nichts und wieder nichts.«
      »Mir bleibt keine Wahl. Wenn ich nichts unternehme, verlie­ re ich womöglich den Verstand.«
      »Das verstehe ich.« Er seufzte tief. »Und solange Sie hier sind, könnten wir auch die Zeit nutzen, finde ich. Mit etwas Glück wird dieser Halunke Shelley in ein bis zwei Tagen die richtigen Lösungen präsentieren, und Sie können heimfahren.«
      »Warten Sie’s ab«, erwiderte sie und erkannte im gleichen Moment voller Entsetzen, daß sie das gar nicht wollte. Mein Gott, Sarah, dachte sie, was geschieht mit dir?

    Eine der Scheunen war zu einer Art Sporthalle mit säuberlich gekalkten Wänden umgewandelt worden. Es gab Kletterstan­ gen, Scheibenhanteln fürs Gewichtheben und von den Decken­ balken herunterhängende Seile. In der Mitte lagen mehrere Judomatten. Sarah trug einen Trainingsanzug, Jock White ein altes Sweatshirt und Shorts. Egan rekelte sich auf einer Bank, wie üblich in Blouson und Jeans, und sah ihnen zu.
      »Karate und Judo, im Grunde jeder Selbstverteidigungssport, erfordern eine sehr lange Lernzeit – zu lange. Jemand wie Ihnen kann ich vier bis fünf Möglichkeiten beibringen, sich gegen Angriffe zur Wehr zu setzen, das ist alles.«
      »Gestern abend in der Untergrundbahn haben mich ein paar Punks bedroht.«
      »Was ist

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