Hoelle auf Zeit
nennen. Seine Lehrtätigkeit hat er an den Nagel gehängt und in der Computerabteilung von DI5 den Forschungssektor übernommen. Er ist natürlich ein Genie, auf ihn trifft das Wort wirklich zu.«
»Und er ist immer noch dort?«
»Nein. Voriges Jahr hat er herausgefunden, daß die unselige Sache mit dem Maschinengewehrfeuer auf den Lastwagen, der ihn aus der DDR herausbringen sollte, das Werk eines Doppel agenten namens Kessler war Er hat Crowther und dessen Fami lie verraten, um seine eigenen Spuren zu verwischen. Alan entdeckte nun, daß unsere Leute darüber genau Bescheid wuß ten, aber zehn Jahre den Mund gehalten hatten, weil Kessler für uns immer noch von Nutzen war.«
»Das Abscheulichste, was ich je gehört habe.«
»Alan dachte haargenau gleich. Er hat einfach seinen Hut genommen. Es gab mächtigen Stunk, nicht nur weil er einsame Spitze ist, sondern auch wegen seiner umfassenden internen Kenntnisse.«
»Und er wird uns helfen?«
»Ich denke schon. Er hat ein Haus in Camden am Kanal. Wir fahren direkt dorthin, aber vorher möchte ich noch ein paar Anrufe erledigen.«
»Und ich sollte mich besser mal im Büro melden. Die müs sen glauben, ich war gestorben.«
Er steuerte eine Tankstelle an, stieg aus und ging zu einer Telefonzelle. Sarah dehnte und streckte sich ein paarmal, bevor sie ihm folgte. Sie betrat die benachbarte Telefonzelle und meldete das Gespräch mit Dan Morgan an; während die Ver bindung hergestellt wurde, konnte sie einige Satzfetzen von nebenan mithören.
»Jack, bist du’s? Hier spricht Sean. Hast du schon was raus gefunden?«
Shelley saß im weißen Bademantel am Schreibtisch, das Haar noch feucht vom Duschen. Er leerte die Kaffeetasse und drückte auf einen Knopf. »Noch gar nichts, mein Sohn, aber es ist doch erst Montagmorgen, Gott behüte. Scotland Yard macht am Wochenende den Laden dicht, in jeder Hinsicht, aber ir gendwo weiß irgendwer irgendwas, und den oder die finden wir irgendwie. Wir bleiben in Verbindung.«
Villiers befand sich in Fergusons Wohnung am Cavendish Square, als Egan in der Zentrale von DI5 anrief. Das Gespräch wurde durchgestellt, und Villiers, an Fergusons Schreibtisch stehend, nahm es entgegen.
»Wer ist der Typ, von dem Sie Sarah beschatten lassen?« fragte Egan.
»Erklären Sie das näher«, forderte Villiers.
»Er kam ihr neulich abends in der Untergrundbahn in Chalk Farm zu Hilfe, als sie von ein paar Skinheads belästigt wurde. Hat zwei von denen niedergeschlagen. Dann hat er sie gestern aus dem Sumpf bei Jock Whites Grundstück gezogen, als sie von der Flut erwischt wurde.«
»Wie sieht er aus?«
»Laut Sarah mittelgroß, gutaussehend, redegewandt, reakti
onsschnell, durchtrainiert, bärenstark, kurz – ein As. Er hat die Skinheads regelrecht das Fürchten gelehrt, sagt sie. Ach ja, ein besonderes Kennzeichen – eine Narbe vom linken Augenwin kel zum Mund. Er muß neu sein. Ich dachte, ich kenne alle Ihre Leute in Group Four.«
»Das dachte ich auch, Sean. Bedaure – da kann ich nicht hel fen.«
»Sie sind ein verdammter Lügner«, konterte Egan.
Villiers legte den Hörer auf. Der Brigadier sah ihn fragend an. »Worum ging’s denn?«
Villiers erklärte es ihm. »Haben Sie etwas damit zu tun, Sir?«
»Mein lieber Tony, ich spiele zwar gelegentlich mit gezink
ten Karten, aber doch nicht in einem solchen Fall.«
»Wer kann es dann sein?«
»Ihr Schutzengel, wie es sich anhört. Trotzdem wäre es nütz
lich zu wissen, wer er ist. Versuchen Sie, ob Sie mit der Perso
nenbeschreibung über Computer etwas herausbringen können. Mal sehen, wen er so ausspuckt.«
»Die berühmte Stecknadel im Heuhaufen, Sir.«
»Unsinn. Nicht zu fassen, was diese Computer in zwei bis drei Tagen ans Licht fördern. Geben Sie die Einzelheiten tele fonisch durch, damit wir weiterarbeiten können.«
Als sie die Themse auf der Waterloo Bridge überquerten, sagte Sarah: »Ich hab über unseren geheimnisvollen Mann nachge dacht. Wenn er nicht bei Tony ist, wie steht’s dann mit Ihrem Onkel?«
Egan schüttelte den Kopf. »Seien Sie hübsch logisch. Jack hat Sie erst nach dem Zwischenfall in der Untergrundbahn kennengelernt.«
»Sie haben recht. Blöd von mir. Warum haben Sie ihn Ihrem Onkel gegenüber nicht erwähnt, als Sie mit ihm sprachen?«
»Ich muß ihm doch nicht alles auf die Nase binden. Keinerlei
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