Hoelle auf Zeit
sich hinter das Steuer des Mini Coopers. Als sie auf den Beifahrersitz geklettert war, drehte er den Zünd schlüssel um. Es rührte sich nichts.
»Zwecklos«, flüsterte er. »Man hat uns reingelegt. Versuchen wir’s mit Jocks altem Kombi.«
Sie stiegen aus und gingen zur nächsten Scheune. Sarah war tete draußen, während Egan sich ans Steuer setzte. Die roten Bremslichter brannten, obwohl der Motor nicht ansprang, dann schaltete er die Scheinwerfer an, und die Strahlen fielen durch die offene Tür auf die drohende schwarze Gestalt mit der Strumpfmaske über dem Gesicht und der Schrotflinte in der Hand.
Als der Mann schoß, sprang Egan mit einem Satz aus dem Wagen, schob Sarah an die Wand und feuerte zurück. Er stieß sie zur Rückseite der Garage und machte die Tür zur Sporthalle auf. »Schnell da rein, Sarah.«
Sie lief durch die Sporthalle, Egan hinter ihr. Licht flammte auf. Eine weitere Salve aus der Schrotflinte streckte Egan nieder, der Browning schlitterte über den Fußboden.
Sarah drehte sich um. Der Mann in Schwarz verharrte kurz in der Tür, kam dann auf sie zu. Sie kauerte neben Egan. Sein Blouson war blutig. Er raunte ihr zu: »Erschießen Sie ihn, Sarah. Knallen Sie das Schwein ab.«
Sie hob die Hand, in der sie die Walther hielt, aber sie konnte nicht abdrücken; so einfach war das. Der Mann stand über ihr und brachte langsam die Schrotflinte in Anschlag. Sie ächzte, ihr Arm sank herab.
Plötzlich nahm ihr Egan die Walther aus der Hand und feuer te dreimal in Kernschußweite, doch der Mann in Schwarz ging nicht zu Boden. Statt dessen zog er sich die Strumpfmaske vom Gesicht, und Jock White blickte zu ihr herab.
»Begreifen Sie’s jetzt, Sarah Talbot?« fragte er ernst.
Es regnete wieder am nächsten Morgen, als sie und Egan ab fuhren. Jock und Peggy begleiteten sie nach draußen. »Ich nehme an, Sie fanden das sehr unfair von uns?« erkundigte sich Jock.
»Eigentlich nicht. Sie haben mir eine Lektion erteilt. Sie ha ben mir bewiesen, daß ich außerstande bin abzudrücken.«
»Ein Souvenir.« Er zog die Walther aus der Tasche. »Damit Sie für den Fall der Fälle einen Trumpf in petto haben.«
Sie zögerte, verstaute dann die Waffe in ihrer Handtasche und küßte ihn zum Abschied auf beide Wangen. »Sie sind ein großartiger Mensch, Jock White.«
»Ich müßte zwanzig Jahre jünger sein, Mädchen.«
»Das wäre zuviel des Guten.«
Sie stieg ein, und Jock beugte sich zum Fenster hinunter.
»Du hast gesagt, du kriegst raus, was Villiers vorhat. Du weißt doch, daß Alan Crowther voriges Jahr aus dem Ministe rium ausgeschieden ist?«
»Alan Crowther ist genau derjenige, an den ich gedacht ha be.« Egan grinste. »Du bist ein Prachtskerl, alter Gauner«, doch das ging im Lärm unter, als er den Motor hochjagte und davonbrauste.
Jago parkte auf dem Damm und hörte in seinem Landrover mit. Er ließ sie abfahren, ließ sich drei Minuten Zeit, ehe er ihnen folgte, Alan Crowther? Das klang interessant. Er fing leise zu pfeifen an.
8
»Wer ist dieser Crowther?« erkundigte sich Sarah. »Wie paßt der ins Bild?«
»Alan? Das ist ein bemerkenswerter Typ«, erwiderte Sean. »Stammt aus Yorkshire, hat eine Deutsche geheiratet. Seine Frau war nicht nur Jüdin, sondern auch noch Marxistin, also ging er mit ihr in die DDR, in ihre Heimatstadt Dresden. Er wurde dort Professor an der Technischen Universität. Sein Fachgebiet war die Entwicklung von Computern mit begriffli chem Denkvermögen.«
»Eine große Herausforderung.«
»Die Japaner sind nahe dran. Alle Welt arbeitet intensiv auf eine Computergeneration hin, die fähig ist, selbständig zu denken. Jedenfalls war Alan bei den Kommunisten nicht son derlich glücklich. Er meinte, wenn London für Marx gut genug war, so sollte es das auch für ihn sein. Er wandte sich an oppo sitionelle christliche Gruppen; die gaben die frohe Botschaft an unsere Leute weiter.«
»Die ihn mit offenen Armen aufnahmen?«
»Genau.« Egan nickte. »Er und seine Familie wurden in ei
nem Viehtransporter an einem kleinen Grenzübergang hinaus geschmuggelt, wo man die Wachposten bestochen hatte. Im letzten Augenblick, als der Laster sich Richtung Bundesrepu blik in Bewegung setzte, ballerte jemand los. Alans Frau und seine beiden Söhne wurden getötet.«
»Mein Gott, wie gräßlich! Aber er hat überlebt?«
»So könnte man es wohl
Weitere Kostenlose Bücher