Hoelle auf Zeit
hinaus.
»Ich hab’s gerade erst festgestellt«, sagte Jago. »Ich war zum Essen aus. Ich dachte, sie wollte sich früh hinlegen.«
»Das spielt jetzt keine Rolle«, entgegnete Smith. »Sie hat zum letztenmal ihren Kopf riskiert. Ich hab die Nase voll. Ich ruf die Frasconis an. Sagen Sie ihnen, sie sollen sie in Empfang nehmen.«
»Sie wollten doch nicht, daß ihr etwas zustößt, das haben Sie ausdrücklich erklärt«, erinnerte Jago ihn.
»Na ja, es handelt sich hier um ein anderes Land.«
»Und Egan?«
»Kann ruhig sein Glück versuchen, bei den Leuten hat er sehr geringe Chancen, glauben Sie mir. Von jetzt ab können Sie alles mir überlassen. Mrs. Talbot ist endgültig erledigt.« Die Leitung war tot, und Jago stellte überrascht fest, wie sehr ihm das Ganze mißfiel. Es war ihm zutiefst zuwider.
»Endgültig erledigt, ist sie das wirklich?« murmelte er und rief in Heathrow an. Man konnte ihm bestenfalls einen späten Flug nach Rom anbieten; dort hätte er frühmorgens Anschluß nach Palermo.
Er ging ins Schlafzimmr, holte seinen zweiten Koffer aus dem Kleiderschrank, öffnete ihn und entnahm ihm eine große schwarze Blechschachtel. Sie enthielt eine komplette Schmink ausstattung für Schauspieler und ein Sortiment an Haarfärbe mitteln. Ferner mehrere Pässe: britische, amerikanische, schwedische. Die jeweiligen Fotos waren echt, zeigten ihn jedoch in zweckentsprechender Verkleidung. Er wählte einen britischen Paß auf den Namen Charles Henderson, Theaterdi rektor, und machte sich ans Werk, wobei er mit den Haaren anfing.
Salvatore Frasconi stand gerade unter der Dusche, als Smith anrief, und nahm das Gespräch im Hauptwohnraum der Villa entgegen, in einen weißen Bademantel gehüllt, um den Hals ein Handtuch. Sein Zwillingsbruder Daniele hörte auf dem
Nebenanschluß mit.
Als Smith geendet hatte, erklärte Salvatore ruhig: »Überlas sen Sie das mir. Die macht Ihnen keinen Ärger mehr, auch dieser Egan nicht. Mein Wort darauf.«
Er legte den Hörer hin und begann, sich das Haar zu trock nen. »Was hältst du davon?« fragte Daniele.
Salvatore ging auf die Terrasse hinaus – auf der einen Seite lag der Monte Pelegrino, der ganze Bereich von Palermo, die Bucht, auf der anderen lief eine große Fähre ein. Daniele folgte ihm nach draußen.
Salvatore kämmte sich sorgfältig. »Offen gestanden bin ich an der Frau und dem Engländer gar nicht so besonders interes siert, sondern an ihrer Verbindung zu der alten Spinne Barbera. Die Situation enthält ungeahnte Möglichkeiten.«
Auf dem Tisch stand eine Flasche Zibibbo im Kühler, der Wein von der Insel Pantellaria mit dem würzigen Anisge schmack. Salvatore schenkte zwei Gläser ein und reichte das eine seinem Bruder. »Die Nachricht von Vitos Tod wird Barbe ra inzwischen bekommen haben«, meinte er. »Das dürfte ihm schwer zusetzen, so daß er nicht auf der Hut ist.«
»Glaubst du?«
»Sicher, er ist zwar ein alter Mann, aber eins steht fest: Nach allem, was Smith mir gesagt hat, wird er die Frau empfangen, wenn sie ihn aufsucht. Und das eröffnet eben interessante Möglichkeiten.«
»Zum Beispiel?«
»Seine Villa außerhalb von Bellona. Elektronische Alarman
lagen, elektrisch geladener Drahtzaun auf der Mauer.«
»Ich weiß. Eine Festung, aber das hatten wir doch alles schon. Unmöglich, da reinzukommen.«
»Nicht für die Frau.«
Daniele machte ein verdutztes Gesicht, und Salvatore erklärte ungeduldig: »Sie braucht einen Wagen und einen Fahrer, um hinzukommen. Allein findet sie Barberas Haus nie. Wir brau chen lediglich dafür zu sorgen, daß sie am Flughafen unseren Wagen und unseren Fahrer nimmt. Ein Kinderspiel. Die ande ren Fahrer werden tun, was man ihnen sagt, weil sie im Ge schäft bleiben wollen. Unser Mann fährt sie nach Bellona, und wir schicken einen Schlägertrupp hinterher.«
»Und dann?«
»Man muß ihn reinlassen, damit er sie vors Haus fahren kann. Sie bleibt, er verabschiedet sich. Auf dem Weg nach draußen erledigt er den Torwächter, und unsere Jungen gehen rein.«
»Verstehe.« Daniele nickte. »Aber vielleicht möchte sie den Besuch heute abend gar nicht mehr machen. Vergiß nicht, die Fahrt dauert zwei Stunden. Sie wäre erst kurz vor Mitternacht dort.«
»Paß auf, selbst wenn sie in einem Hotel übernachten und erst morgen fahren will, kommt’s auf dasselbe raus, oder?« Salvatore
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