Hoelle aus Feuer und Eis
tot.« »Das sind wir wahrscheinlich sowieso«, sagte Skudder düster. Charity sah ihn fragend an, und Skudder fuhr mit einer wütenden Geste fort: »Du glaubst doch nicht, daß wir noch einmal hier herauskommen? Wahrscheinlich wissen sie längst, daß wir uns dieses Ding unter den Nagel gerissen haben, und sind bereits auf dem Weg hierher.« »Das ist nicht gesagt«, sagte Leßter. »Soweit ich das erkennen kann, arbeitet diese Maschine völlig autark. Möglicherweise hat überhaupt niemand etwas gemerkt.« »Möglicherweise«, murmelte Skudder. »Und wenn möglicherweise doch, dann wimmelt es in einer halben Stunde dort draußen von Ameisen.« »Kaum.« Charity sah auf den Bildschirm und zog fröstelnd die Schultern zusammen. »Noch ein paar Grad kälter, und die Luft dort draußen gefriert. Niemand kann dort leben.« »Hier drinnen ist es auch nicht gerade mollig«, sagte Skudder. Er sah Leßter an. »Gibt es so etwas wie eine Heizung hier?« »Ich weiß es nicht«, antwortete Leßter. »Um ehrlich zu sein - darum habe ich mich bisher nicht gekümmert.« Charity deutete auf den großen Monitor. »In welcher Richtung bewegen wir uns?« Sie war nicht sehr überrascht, als Leßter antwortete: »Nach Norden.« »Nach Norden?!« Skudder ächzte. »Aber das ... bringt uns direkt in die Todeszone hinein!« »Wir sind schon mitten drin«, antwortete Leßter ruhig. Er lächelte wieder. »Sie wollten nach New York, oder? Ich bringe Sie hin.«
Kapitel 12
Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da war Abn El Gurk Ben Amar Ibn Lot Fuddel der Vierte , wie der volle Name des Außerirdischen lautete, Daniel Stone einfach lächerlich vorgekommen. Aber das war lange her; Monate, die ihm jetzt wie Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vorkamen. Jetzt machte er ihm angst. Dabei hatte er sich nicht im geringsten verändert. Er wirkte noch immer wie ein mißgestalteter Krüppel, eine nur eineinhalb Meter große, spindeldürre Gestalt mit Skeletthänden und zu kurzen, krummen Beinen, einem Buckel, den das schlammbraune Cape, das er trug, nur unzureichend zu verbergen imstande war, einem dürren, knotigen Hals mit einem übergroßen Adamsapfel, der bei jedem Wort, das er sprach, wie ein fetter Käfer unter seiner Haut auf- und abhüpfte, und einem viel zu groß geratenen, kahlen Schädel, in den das Gesicht eines ständig schlechtgelaunten, gehässigen Zwerges eingraviert war. Seine Haut hatte einen kränklichen Farbton, der unmöglich mit Worten zu beschreiben war. Aber es war nicht das Äußere des Zwerges, das Daniel Stone erschauern ließ. Es waren seine Augen. Augen, die wie die eines Tieres groß und dunkel und ohne sichtbare Pupille oder Iris waren, und in denen ein Wissen und eine Art von Weisheit geschrieben stand, die Daniel Stone bis ins Mark erschauern ließen. Manchmal hatte er das Gefühl, daß diese Augen direkt bis in sein Innerstes blicken konnten, daß ihnen kein Geheimnis verborgen, kein Gedanke verheimlicht blieb. Und obwohl der Zwerg seit drei Monaten sein Gefangener war, obwohl er ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und keine Sekunde unbewacht gewesen war, hatte Stone manchmal das Gefühl, daß der Zwerg mit ihm spielte und nicht umgekehrt. »Wer bist du, Gurk?« Er begriff erst, daß er den Gedanken laut ausgesprochen hatte, als der Gnom darauf antwortete. »Ich glaube, das ist nicht der richtige Moment, um über mich zu sprechen«, sagte er mit seiner unangenehmen, hohen Fistelstimme. »Reden wir lieber über dich. Es sieht so aus, als stecktest du in Schwierigkeiten.« Er hob die Hand und fuhr sich mit dem Zeigefinger an der Oberlippe entlang. »Bis hierher.« »So?« sagte Stone düster. Er stand auf, trat ans Fenster seines Penthouse-Apartments und blickte auf die Türme Manhattans hinab, die sich unter ihm wie eine bizarre, fremdartige Planetenlandschaft aus Glas und Chrom und Beton ausbreiteten. Sicherlich zwei oder drei Minuten lang blieb er so stehen und starrte ins Leere, dann drehte er sich mit einem Ruck wieder herum und ging zu dem kleinen Tisch neben der Tür, um sich einen Drink zu mixen. »Mach mir auch einen«, verlangte Gurk. Stone sah überrascht zu ihm auf. »Ich wußte gar nicht, daß du Alkohol trinkst.« »Du weißt eine Menge nicht.« Gurk zog eine Grimasse, hüpfte von seinem Stuhl herunter und kam mit kleinen trippelnden Schritten auf ihn zu. Mit einem flüchtigen Grinsen nahm er Stone das Glas aus der Hand, das dieser für sich selbst gemixt hatte, prostete ihm zu
Weitere Kostenlose Bücher