Hölle unter Null Grad
Er war plötzlich nicht mehr zu sehen. Sein Unterarm lag neben einem Flutventil.
Das Chaos wurde unvermittelt von einem grollenden Donnerschlag abgelöst. Die Bildflächen der Maschinenkontrolle verschwammen mir vor Augen. Hannibals Kopf schlug gegen meine Kinnlade. Akruls Gesicht verschwand auf einmal in dem großen Radar-Bildschirm. Die Druckwelle erfaßte uns mit grausamer Wucht.
Als das Boot von den entfesselten Gewalten nach oben gerissen und hart gegen die Eisdecke geschleudert wurde, erkannte ich, daß der Raketen-Torpedo mindestens fünfzig Meter unter dem Boot explodiert war. Auch konnte es sich nur um eine verhältnismäßig harmlose chemische Sprengladung handeln, da ich bei einer atomaren Explosion den Schlag nicht mehr gehört hätte.
Es war ein Warnschuß gewesen, zweifellos ein Warnschuß. Der Aal hätte unter allen Umständen haargenau neben dem Druckkörper explodieren müssen, wenn sein selbststeuerndes Robotgehirn entsprechend geschaltet gewesen wäre. Fehlschüsse gab es überhaupt nicht, zumal wir nicht die elektronische Abwehr eines U-Kreuzers besaßen. Also hatte man uns nur Respekt beibringen wollen, was die Unbekannten auch erreicht hatten.
Wenn man in einem U-Boot sitzt, machen sich auch harmlose Geräusche überlaut bemerkbar. Das Wasser leitet nun einmal sehr gut. Das Tosen und Brüllen schien direkt in mir zu sein. Die harten Schläge des erneut gegen das Eis prallenden Druckkörpers versetzten mein Nervensystem in eine wirbelnde Bewegung.
Der Bildschirm des Radar-Tasters war ausgefallen. Ich glaubte aber zu hören, daß die von unten gekommene Druckwelle nicht nur die »Skorpion« hochgerissen, sondern auch die Eisdecke aufgebrochen hatte.
Der Lautsprecher des Zentrale-Robots quäkte eine unverständliche Meldung. Mir war alles gleichgültig. Ich dachte nur noch daran, daß wir jetzt unter allen Umständen nach oben mußten.
Die roten Lampen des E-Gehirns flammten. Natürlich hatte der komplizierte Mechanismus die schweren Erschütterungen nicht vertragen. Das Boot war praktisch steuerlos.
Über uns krachte es erneut, als die »Skorpion« von der verlaufenden Druckwelle nochmals angelüftet wurde. Es klang so, als wären wir mit den flachen Turm durch das Eis gebrochen.
Hannibal rutschte aus meinen Armen. Ich merkte erst später, daß er fast besinnungslos gewesen war, weil ich ihn in der Aufregung etwas zu fest gegen die Brust gedrückt hatte.
Ich taumelte über ihn hinweg, stolperte über den flach auf dem Boden liegenden Maschinenmaat und schlug dann auf die Ventilhebel der Preßluftanlage.
Da ich dem Robotgerät nicht mehr traute, trennte ich auch noch die Kupplung vom Untersetzungs-Getriebe, damit die Schraube keine einzige Umdrehung mehr machte. Aus mehreren kleinen Wunden blutend und innerlich bebend, hörte ich den Preßluftstrom in die Tauchtanks heulen. Das Sichtglas des Tiefenmanometers war zerbrochen, aber die Zahlenwalzen arbeiteten noch.
Mit dem Heck voran schoß die »Skorpion« nach oben. Anscheinend war eine der vorderen Flut- oder Trimmzellen leck geschlagen. Deshalb jagte ich nochmals einen Preßluftstrom in die Bugzellen.
Langsam kam das Boot hoch. Plötzlich herrschte vollkommene Stille.
Leferts lag noch auf dem Boden. Sein Blick war starr und geistesabwesend. Hannibal richtete sich soeben auf. Während ich noch fieberhaft kontrollierte, ob sich die Flutklappen und Schnellentlüfter der Tauchzellen auch ordnungsgemäß geschlossen hatten, hörte ich ihn stöhnen:
»Das Schott. Aufpassen, Langer. Manzo! Vier Mann sind draußen.«
Ruckartig fuhr ich herum. Meine Hand betätigte den Öffnungskontakt. Die Schaltung
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