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Höllen-Mädchen

Titel: Höllen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Norddorf zurück. Dabei passierte er die unsichtbare Einbahnbrücke, von der ich ihm erzählt hatte. Der Sturmkönig verbannte Bink, da er das Schreiben nicht anerkannte, das ich dem Burschen mitgegeben hatte, um seine ungeklärte Magie bestätigen zu lassen. Der Sturmkönig konnte mich genausowenig ausstehen wie ich ihn, und deshalb schadete meine Bescheinigung wahrscheinlich mehr, als wenn Bink gar kein Talent gehabt hätte. Vielleicht machte dem König die Vorstellung angst, daß bedeutende Magie im Spiel wäre, denn er war nun, da seine magischen Kräfte schwanden, kaum mehr als ein Hochstapler. Er erklärte einfach, Bink sei ohne Magie, und verbannte ihn aus Xanth. Das ärgerte mich zwar fürchterlich, aber mir waren schließlich die Hände gebunden. Wäre mir von vornherein klar gewesen, daß der Sturmkönig so kleinlich reagieren würde, hätte ich nach einer anderen Möglichkeit für Bink gesucht. Da hatte dieser Idiot von König doch tatsächlich einen echten Magier in die Verbannung geschickt!
    Hatte er vielleicht die Wahrheit geahnt und Bink aus dem feinen Gespür für den künftigen Rivalen in die Verbannung befohlen? Meine Gereiztheit wuchs sich zum waschechten Ärger aus. Was für ein Dummkopf war ich bloß gewesen, den Thron an dieses Windei abzugeben.
    Inzwischen hatte ich einen neuen Besuch. Es handelte sich um eine junge Frau, die sich Chamäleon nannte. Sie war unscheinbar, fast häßlich. Ihr Talent verblüffte mich: Im Laufe eines Monats verwandelte sie sich nach und nach von einer gewöhnlichen Erscheinung zu einer Schönheit und wieder zurück, bis sie vollkommen häßlich war. Der magische Spiegel zeigte mir die einzelnen Phasen: unbeschreiblich schön in der einen Richtung und erschreckend häßlich in der anderen. Verstand und Charakter hingegen veränderten sich im Gegensinn zu ihrer Erscheinung. So war sie am klügsten im häßlichen Stadium und am dümmsten, wenn sie wunderschön war. Meine Unterlagen bestätigten die Beobachtung. Daraufhin begutachtete ich noch einmal ihre Gegensätze im magischen Spiegel. Mit ihrer Schönheit konnte sie jeden Mann, sogar einen alten Griesgram wie mich, dazu bringen, sie mit unverhohlener Gier anzustarren, so wie jetzt. Ihre Häßlichkeit machte sie zu einer Vettel mit scharfer Zunge, die kein Mann ausstehen konnte.
    Natürlich wollte sie ihr Talent loswerden, da es ihr nichts Gutes brachte. Sie lebte in ständiger Gefahr, im dumm-lieblichen Stadium verführt oder im schlau-häßlichen gesteinigt zu werden. Nur die unverfängliche Mittelphase war annehmbar. Außerdem wollte sie den Mann, den sie liebte, für sich gewinnen – ganz zufällig war das Bink. Sie war ihm vor kurzem zweimal begegnet, einmal in dem… dem… einem gefährlichen Ort, als sie sich gerade in ihrer lieblichen Phase befand. Sie hatten sich nur wegen seines Edelmuts gerade noch rechtzeitig getrennt. Das andere Mal machte sie ihr unverfängliches Stadium durch, als er von einem Frauenhasser namens Crombie begleitet wurde. Sie war Bink dann bis hierher gefolgt und flehte mich um einen Befreiungszauber an.
    Ich verriet ihr nicht, in welchem Verhältnis ich zu Crombie stand, fühlte mich aber verantwortlich. Bink mochte sie nämlich auch in ihrer unverfänglichen Phase ganz gern, doch Crombies Feindseligkeit hatte sie schließlich vertrieben. Crombie hatte ihr irgendeine Geschichte über seine Mutter aufgetischt. Sie sollte in der Lage gewesen sein, Gedanken zu lesen, und hätte seinen Vater damit in den Wahnsinn getrieben. Inzwischen glaubte er wahrscheinlich selbst diesen Unsinn. Vielleicht war das seine Sicht unseres Familienlebens, um die Schande zu verbergen, daß seine Mutter aus Mundania stammte und sein Vater ein schrulliger Magier war.
    Ich mußte Chamäleon leider enttäuschen. Ihr Talent war fest mit ihrer Persönlichkeit verbunden und konnte daher nicht entfernt werden, ohne sie damit selbst auszulöschen. Aber ich hatte eine Antwort, für die ich keine Gegenleistung verlangte, weil sie schlimmer als ihr Leiden war: Sie konnte nach Mundania gehen. Dort würde sie dann in ihr unverfängliches Stadium fallen und so bleiben, wie sie war, weder schön noch häßlich, weder schlau noch dumm.
    »Wohin geht Bink?« fragte sie.
    »Wahrscheinlich nach Mundania«, antwortete ich schwermütig.
    »Dann will ich auch dorthin.«
    Ich starrte sie an. Das machte tatsächlich einen Sinn. Durch diesen mutigen Schritt bekam sie beides, ihr unverfängliches Wesen und den Mann, den sie liebte.

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