Höllen-Mädchen
wie die Dorfbewohner vor uns. »Bleib hinter mir«, rief ich. »Vielleicht kann ich sie so lange beschäftigen, bis du zur Tür geschlichen bist.« Das war eine fast aussichtslose Chance – aber auch die einzige, die sich anbot.
»Oh, Humfrey, ich liebe dich«, flüsterte sie.
»Ihr benehmt euch, als wäre ich gar nicht da«, schaltete Dana sich ein. »Ihr stellt euch jetzt beide hinter mich!«
Benommen taten wir, was sie sagte. Dann verwandelte sie sich in einen gräßlichen, feuerspeienden Drachen. Ihr Haupt ruckte auf die vorderste Spinne zu, und eine Flammenzunge schoß aus ihrem Rachen.
Doch die Spinne trat einen Schritt zur Seite, und der Feuerstoß ging vorbei. Inzwischen waren die anderen Wolfsspinnen näher herangerückt. Es wurde offensichtlich, daß nicht einmal ein Drache sie aufhalten konnte. Auch ein Drache kann nicht alle Richtungen auf einmal verteidigen.
»Ein Basilisk!« flüsterte ich. »Kannst du dich in einen Basilisken verwandeln?«
»Schützt eure Augen«, wisperte der Drache zurück. Dann wurde er zu einem kleinen Leguan mit Flügeln.
MähreAnne und ich bedeckten unsere Augen mit den Händen. Dem Blick eines Basilisken zu begegnen, war tödlich.
Aber konnte die Dämonin tatsächlich mit Blicken töten? Feuerspucken ist im Grunde nicht magisch, denn sie brauchte dafür nur die inneren Organe eines Drachen nachzubilden. Doch der Todesblick war magisch. Eigentlich verfügten Dämonen nicht über diese Art Zauberkräfte. Wenn die Spinnen dahinter kamen…
Der Basilisk zischte und richtete seinen kleinen Kopf gegen die Spinnen. Sie blickten ihn mehrmals argwöhnisch an, krochen dann aber geduckt aus dem Weg. Der Bluff funktionierte!
Dann stutzte eine der Spinnen, die vielleicht ein kleines bißchen klüger als die anderen war. Sie hatte erst die Dämonin gesehen, dann den Drachen und schließlich den Basilisk. Die Wolfsspinne schöpfte Verdacht, daß es sich um eine Illusion handeln könnte. Wenn sie den Bluff durchschaute, kamen wir wieder in Schwierigkeiten.
Dana-Basilisk starrte die Spinne an. Diese begegnete ihrem Blick – und blieb am Leben. Sofort öffnete sie ihren Wolfsrachen, um den Angriff zu befehlen.
Jetzt folgte das Spiel meines Lebens. Ich schleuderte mein Messer nach der Bestie. Auch im Werfen war ich niemals gut gewesen, doch was hatte ich noch zu verlieren?
Das Messer zischte geradlinig und treffsicher auf sein Ziel zu. Es fuhr genau in den offenen Wolfsrachen und traf den Schlund. Ich konnte es nicht fassen. Wie war es möglich, daß ich ein solches Kunststück vollbringen konnte? Ich war weder ein Messerstecher noch ein Messerwerfer. Mein Erfolg entsprang kopfloser Verzweiflung. Plötzlich erinnerte ich mich an mein Bad in der Heilquelle. Dadurch war ich jetzt kerngesund, mein Körper funktionierte besser als je zuvor. Er tat genau das, was ich von ihm wollte – ich hatte das Messer kräftig und schnell in den Wolfsrachen schleudern wollen, und zwar mit der Spitze nach vorn. Bisher hatte ich meine körperliche Leistungsfähigkeit offenbar unterschätzt.
Der Spinne entfuhr ein klagender Todesschrei, bevor sie zusammenbrach.
Als die anderen sich nach ihr umschauten, sahen sie ihren Freßkumpan nur noch tot umfallen.
Der Basilisk streckte seine winzige Fratze den Wolfsspinnen entgegen.
Daraufhin ergriffen diese panikartig die Flucht. Beinahe stolperten sie übereinander, rannten auf die Blätterwand zu und zwängten sich in eine Nische.
Wir folgten ihnen. Mitten im Dickichtwall gab es zwischen Baumstämmen und vereinzelten Felsen einen versteckten Durchgang, der zur anderen Seite führte. Auf diesem Weg also waren die Wolfsspinnen gekommen und hatten die Dornen und das Zaubertor umgangen. Sobald sie auf der Innenseite waren, machten sie den vermeintlich geschützten Zufluchtsort zu ihrem Jagdgebiet.
Wir sammelten umherliegende Äste und zogen dornige Ranken in den Durchschlupf. Auf diese Weise verschlossen wir ihn wieder, so daß nichts und niemand hindurch konnte. Natürlich war es für die Wolfsspinnen kein Problem, ihn wieder freizuräumen. Aber ich hatte meine Zweifel, daß sie zurückkommen würden. Sie mußten glauben, daß der Basilisk das Jagdrevier übernommen hatte. In Zukunft würde das Rudel mit Sicherheit anderswo nach Beute suchen.
Ich ging zu der verendeten Spinne hinüber, langte in das gräßliche Maul und zog mein blutbesudeltes Messer heraus. So gut wie möglich reinigte ich es im Gras. Dann gingen wir zum Tor und benutzten einer nach dem
Weitere Kostenlose Bücher