Höllen-Mädchen
gar kein…«
Seine müden Augen fixierten mich mit verlöschender Kraft. »Nennst du mich einen Lügner, Humfrey?«
»Nein, natürlich nicht! Das Wort des Königs ist Gesetz! Aber…«
»Dann nimm die Krone. Nutze sie gut, bis du einen anderen Magier findest, an den du sie weiterreichen kannst.«
»Aber… «, sagte ich hilflos.
»Nimm sie!« forderte er mich auf. Seine faltige Hand umklammerte mein Handgelenk. »Versprich es!«
Ich konnte mich nicht entziehen. Sein Blick ließ mich nicht los. »Ich verspreche es«, flüsterte ich.
Erst dann schloß er die Augen, und sein Griff lockerte sich. Er war tot.
6
DER KÖNIG
Ich hielt die Krone noch in den Händen, als ich aus dem Totenzimmer kam. MähreAnne, Dana und die Bediensteten starrten mich an.
»Der König ist tot«, verkündete ich. »Es lebe der König.«
»Ja, natürlich, der Informationsmagier!« rief ein Bediensteter aus. »Er hat Euch ja in jeder Hinsicht dazu ausgebildet.«
Unglücklich schaute ich MähreAnne und Dana an. Sie kannten die Wahrheit. Ein Wort von ihnen, und ich war aus dieser schrecklichen Lage befreit.
Aber beide verbeugten sich vor mir. »Eure Majestät«, sprach MähreAnne mich an – und Dana widersprach ihr nicht. Nun saß ich in der Falle.
Der Ablauf des Begräbnisses war vom Protokoll vorgeschrieben. Am folgenden Tag wurde König Ebnez beerdigt, so daß sein Haus von nun an mir gehörte – aber damit fingen meine Probleme erst richtig an.
MähreAnne trat an mich heran. »Ihr müßt heiraten. Das gehört zu den Pflichten eines Königs.«
»Wohlan«, bekräftigte ich. »Ich möchte dich heiraten.«
Tränen liefen ihr über die Wange. »König Humfrey, es ist nicht an mir. Ich liebe Euch, aber meine Unschuld liebe ich noch mehr. Deshalb muß ich Euch verlassen, damit Ihr frei seid, eine andere zu heiraten.«
»Nein!« rief ich aus. »Ich brauche dich doch!«
»Ihr braucht mein Talent im Umgang mit den Pferdewesen«, sprach sie betont. »Aber solltet Ihr baldigst eine andere freien, dann werde ich bleiben, um Euch zu dienen.«
Ich begriff, daß ich ihrem Verlangen nachgeben mußte, damit sie in meiner Nähe blieb. »Aber wen sonst kann ich heiraten?« fragte ich ratlos.
»Ähem.« Ich hörte ein Räuspern. Es war Dana Dämon.
Plötzlich verstand ich den Sinn des Orakelspruchs. »Du mußt einen König heiraten! Und ich habe einen Dämonen zu erobern. Warum hast du immer so treu zu mir gehalten, Dana?«
»Weil ich dich liebe, Humfrey«, sagte sie, »du hast in mir tatsächlich einen Dämonen erobert.«
»Aber du konntest niemals wissen, daß ich einmal König werde! Durch deine Liebe zu mir hattest du nichts zu gewinnen.«
»Das hatte ich auch nicht«, stimmte sie zu. »Und mein Gewissen verbot mir, dir meine Gefühle zu offenbaren, denn ich wollte deine Freundschaft zu MähreAnne nicht zerstören. Deshalb begnügte ich mich mit König Ebnez, und ich hätte ihn auch geheiratet und glücklich gemacht, wenn er es nur gewollt hätte. Doch meine wahre Liebe hat immer dir gegolten. Trotz seines langsamen Siechtums hatte ich mehr Geduld mit Ebnez, als es mir sonst möglich gewesen wäre, denn es diente mir als Vorwand, um weiterhin an deiner Seite zu bleiben.«
Auf den Gedanken war ich noch gar nicht gekommen. MähreAnne war die einzige Frau in meinem Herzen gewesen. Und ihre Weigerung, mich zu heiraten, betrübte mich.
Für Danas Hilfe war ich immer dankbar gewesen, hatte ihre wahren Gefühle aber nie beachtet, um mein Verhältnis zu ihr nicht zu gefährden. Ich hatte mich gegenüber dem Offensichtlichen absichtlich verschlossen und erkannte nun, wie gefährlich so etwas werden konnte. In Zukunft mußte ich sehr darauf achten, besonders, da ich nun König war.
»Ich nehme an, deine Seele ist dafür verantwortlich, daß du im Gegensatz zu anderen Dämonen der Liebe fähig bist«, vermutete ich, während ich innerlich um eine Entscheidung rang. Auch die Frage, ob ich eine Dämonin heiraten durfte, verschob ich auf später.
»Ja, ich kann jetzt Freundschaft und Liebe empfinden«, stimmte Dana mir zu. »Und ich muß offen eingestehen, daß das auch sein Gutes hat. Bevor ich eine Seele bekam, war mein Leben ziemlich langweilig. Als ich dann eine besaß, war ich traurig, aber meine Liebe zu dir hat mich wieder glücklich gemacht.«
Das zu glauben fiel mir immer noch schwer, denn ich war von kleinem Wuchs und nicht besonders gutaussehend, wenn man einmal von meiner ausgezeichneten Gesundheit absah. Als MähreAnne
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