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Höllen-Mädchen

Titel: Höllen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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natürlich verlassen, hauptsächlich weil die Leute hier später noch genug Zeit verbringen mußten. Aber dieser besondere Friedhof war wirklich verlassen gewesen, das heißt, auch die Geister waren verschwunden. Da ich keine Vorstellung davon hatte, was einem Gespenst Furcht einflößen konnte, hatte ich trotz meiner Neugier gezögert, der Sache nachzugehen. Wahrscheinlich gab es gewichtige Gründe, sich zu fürchten. Deshalb hatte ich nur diesen kleinen Spiegel aufgehoben.
    »Welche Eigenschaft hast du?« fragte ich.
    »Ich bin ein magischer Spiegel, der jede Frage beantworten kann, die mir gestellt wird.«
    Wie schön. Das war wirklich ein ausgezeichneter Fund! Doch wegen der Umstände, unter denen ich ihn gefunden hatte, war ich mißtrauisch. Deshalb fragte ich weiter: »Welche Folgen hat es für mich, wenn ich dich benutze?«
    »Ich beantworte dem jeweiligen Besitzer jede Frage weniger genau als die vorhergehende.«
    Das gab mir zu denken. Ich konnte mir vorstellen, daß ein lebendes Wesen den Spiegel wiederholt eingesetzt hatte, ohne sich über die verhängnisvolle Eigenart Klarheit verschafft zu haben. Während der Spiegel schrittweise von der Wahrheit zur Lüge überging, mußte sich das Glück des Fragestellers in Pech verwandeln. Zuletzt würde der Spiegel eine Antwort geben, die den Besitzer möglicherweise umbrachte. Beispielsweise mochte der Spiegel behaupten, daß an einem bestimmten Ort ein Schatz zu heben wäre, obwohl dort in Wirklichkeit schon ein Ghul lauerte. Das könnte die Erklärung sein, wieso der Spiegel auf dem Friedhof zurückgelassen worden war.
    Aber konnte das auch die Abwesenheit von Geistern erklären? Ja, weil sie den Spiegel ansprechen konnten, als er bei ihren Gräbern lag, und vielleicht hatten sie sich mit ihm unterhalten und ihm viele Fragen gestellt – bis er ihnen zuletzt eine Gespenstergeschichte erzählte, die sie in eine Geisterstadt führte, aus der sie nicht mehr fliehen konnten.
    Deshalb hatte ich dem Spiegel keine weiteren Fragen gestellt. Jedenfalls hatte ich ihn aufbewahrt, weil er möglicherweise noch halbwegs ehrlich war. Wenn sich herausstellen sollte, daß er offensichtlich falsche Antworten gab, konnte ich ihn immer noch weitergeben, natürlich mit einer ernsten Warnung.
    Ich hatte ihm nur zwei Fragen gestellt. Wie schnell nahm wohl seine Genauigkeit ab? Wenn ich ihn danach fragte, wie man sicher nach Schloß Roogna käme, und er mir eine Antwort gab, die weitgehend in Ordnung war, aber den Hinweis auf eine tödliche Bedrohung unterschlug, was dann?
    Ich beschloß, auf Umstände zu warten, in denen die Genauigkeit der Antwort wirklich wichtig war. Im Augenblick gab es zu viele Unwägbarkeiten. Deswegen hatte ich vielleicht meine Zeit verschwendet, aber so war ich eben: immer versuchte ich alles zu bedenken und mir meine Lage vor Augen zu führen. Besser, ich überlegte vorher, bevor ich in Schwierigkeiten geriet. Lieber vorausschauen, als das Nachsehen haben. Aber solche Weisheit und Vorsicht wuchs nur aus bitterer Erfahrung. Bescheiden formuliert war ich bis jetzt noch nicht so umsichtig, wie ich es später sein sollte.
    In weiblicher Begleitung, oder wenn ich geheiratet hätte, wäre es mir sicher besser ergangen. MähreAnne hatte mich in ihrer charmanten Art in die richtige Richtung geschubst, und Dana war immer mit gutem Rat zur Hand gewesen, solange sie eine Seele besessen hatte. Jungfer Taiwan organisierte viele Dinge recht gut für mich. Auch Peggy, mein geflügeltes Pferd, hatte mich mit deutlichem Wackeln ihrer Ohren ermahnt, wenn ich etwas noch Dümmeres als sonst zu tun drohte. Seit wirklich langer Zeit stand ich nun auf eigenen Füßen. Aber mit auffällig zeitlicher Übereinstimmung bin ich genauso lange ungewöhnlich gedankenlos gewesen. Offensichtlich benötigte ich eine Führungskraft. Mit anderen Worten: ich brauchte wieder eine Frau. Aber nach einer Liebe und zwei Ehen war ich nicht mehr darauf versessen, das noch einmal durchzumachen. Zumindest nicht, solange ich nicht beides zugleich haben konnte. Rückblickend wünschte ich wirklich, daß MähreAnne willens gewesen wäre, auf ihre Unschuld zu verzichten und mich zu heiraten. Doch sie hatte sich besagte Unschuld bewahrt, und soviel ich wußte, ging sie nun der Beschäftigung nach, diversen Dörfern Mähren zu beschaffen. Sie schickte eine schickliche Mähre zur künftigen Niederlassung, und die übte ihre Tätigkeit mit so cleverer Zurückhaltung aus, daß sie gar nicht vorhanden zu sein

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