Höllen-Mädchen
Schaulustigen rechnen, die sich nichts entgehen lassen und an den Irrungen und Wirrungen eines armen Normalsterblichen ihre größte Freude haben würden. Vielleicht ginge es jedem so, der Tausende von Jahren mit der Macht lebte, alles tun zu können, und weder essen noch schlafen mußte. Nein, ich hatte von ihnen wirklich nichts anderes zu erwarten. »Ich danke dir«, brachte ich mit dem letzten Rest an Würde, den ich noch aufbringen konnte, rauh hervor.
»Hier entlang, Dummkopf«, raunte Metria mir zu und nahm mich bei der Hand.
»Mußt du dich jetzt nicht auch einschreiben?« fragte ich lahm. »Du wolltest dich doch mit mir zusammen bewerben.«
»Ich bin schon seit fünfhundert… «, hielt sie inne, »Stunden eingeschrieben. Jetzt werde ich mal ein paar Kurse nehmen.« Sie schob mich vor sich her.
Schließlich gelangten wir zu einer kahlen, steinernen Zelle. Sie begeisterte mich nicht gerade. Die Vorstellung, auf kahlem Stein anstatt in einem weichen Bett zu ruhen, war wenig angenehm. Metria schnippte mit den Fingern, und im gleichen Augenblick war die kahle Kammer gemütlich eingerichtet. Bunte Vorhänge hingen an Fenstern, die es bis dahin noch nicht gegeben hatte. Wo vorher ein nackter Steinfußboden gewesen war, lag nun ein weicher Teppich auf warmen Holzdielen. Die Wände waren mit Stoffdraperien geschmückt, und helles Sonnenlicht drang durch die Glasscheibe, die sich nun an der Stelle der soeben noch finsteren Felsendecke befand. In der Mitte des wohnlichen Zimmers stand ein riesiges, einladendes rundes Bett.
»Okay, laß uns loslegen«, schlug die Dämonin vor und ließ sich mit einem Satz auf das Bett fallen, während sich ihre Kleider in Dunst auflösten. Sie wippte munter auf der Matratze, und ihr festes, unverhülltes Fleisch wippte im Takt mit.
»Womit wollen wir loslegen?« fragte ich mit größerer Unschuld, als ich wirklich empfand.
»Los, runter mit den Klamotten, und ich zeig’s dir.«
Genau das hatte ich befürchtet. »Vergiß es, Dämonin! Ich schlafe heute auf dem Fußboden.«
»Nein, du wirst dich hüten. Sonst bekommst du noch wegen deines ungeschlachten Benehmens einen Minuspunkt.«
Das war mir neu, aber ich hatte keinen Grund, ihr Fachwissen in Frage zu stellen. »Ist ein Minuspunkt denn schlecht für mich?«
»Zuviel davon, und wir zählen dich aus.«
»Na gut, dann schlaf ich auf dem Bett«, gab ich zurück, »aber dich werde ich überhaupt nicht beachten.«
»Ha!« meinte sie selbstgefällig. Aber eine Ahnung von Unsicherheit war nicht zu überhören. Ich wußte, aus welchem Stoff solche Ahnungen gewebt waren. Sie schwebten im Raum und gediehen prächtig, bis sie eines Tages zuschlugen. Wie schön, daß auch Dämonen davon betroffen sein konnten.
Ich verschlimmerte es noch, indem ich meine wenigen Habseligkeiten absichtlich im ganzen Zimmer verteilte und sie dabei demonstrativ ignorierte. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich, wie sie gymnastische Beinscheren machte, aber ich schaute nie direkt hinüber. Beine, die bis zur Taille zu sehen waren, konnten einen kolossal ablenken. Ich wollte ihr aber beweisen, daß sie keinerlei Eindruck auf mich machten. »Wo kann ich essen?« fragte ich.
Dämonen müssen zwar nie Nahrung zu sich nehmen, ich aber verspürte Hunger. Metria brachte mich zu einer Art Mensa. Ich fragte mich, wieso es hier eine solche Einrichtung gab, bis ich dort die wohl größte Essensschlacht im zeitgenössischen Xanth antraf. Das also pflegten Dämonen mit Lebensmitteln zu tun: Die Wände klebten voll zermanschter Tomaten. Marmelade tropfte von der Decke. Haufen aus Schokoladenpudding lagen wie mundanische Kuhfladen zwischen Pfützen aus Milch und Bier.
»Bedien dich!« kicherte Metria und wies auf die Masse.
Ich zeigte wohl zu deutlich, wie mir dieser Anblick zusetzte, denn sie lachte nun aus vollem Hals. Dabei schmolz sie in sich zusammen und verschwand in einem der größten und dunkelsten Kuhfladen, aus dem nur noch ihr gurgelndes Lachen drang. »Ha, ha, ha!« hallte es von den Wänden wider. Ich schien die nach Unterhaltung lechzenden Dämonen jedenfalls nicht zu enttäuschen.
Natürlich wußte ich auch, daß solche Dinge arrangiert werden konnten. Während meiner Ehe mit der Dämonin Dana war ihr nämlich das eine oder anderere entschlüpft, so daß ich im Bilde war. Sie war mir eine wirklich gute Frau gewesen, solange sie noch eine Seele hatte. Das eigentlich seltsame an dem Umstand, daß Dämonen keine Seelen besaßen, war die Tatsache, daß sie
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