Höllen-Mädchen
aufgeben. Ich sah Rose an. »In meiner Ehe mit der Dämonin Dana habe ich gelernt, daß Dämonen durchaus zuverlässig sind, wenn sie einen triftigen Grund dafür haben«, versicherte ich ihr.
»Ich weiß. Aber sie hatte eine Seele.«
»Von der sie sich, sobald sie es nur konnte, befreite, um auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Über Metria jedoch hatte Dana schon immer gesagt, daß sie nur dann schwindelte, wenn man sie nach ihrem Alter fragte. Vielleicht…«
»Na hör mal. Ich bin doch gerade erst eine Klitzekleinigkeit über siebzehn«, unterbrach Metria mich mit teenagerhaftem Gehabe. »Also, was ist denn nun?«
Es waren zwar zweiundzwanzig Jahre her, seit ich Metria das erste Mal im Schlüsselsteiner Wäldchen getroffen hatte, aber ich enthielt mich jedweder Bemerkung. Nicht so Rose.
»Zufälligerweise bin ich auch gerade nur ein klein wenig älter als siebzehn«, verkündete sie. »Zwar habe ich schon vor zweihundertsechsundsechzig Jahren das Licht der Welt erblickt, aber meine letzten zweihundertsechsundvierzig Jahre verbrachte ich auf Schloß Roogna, wo ich nicht einen einzigen Tag älter geworden bin.«
»He, die Frau gefällt mir!« krähte Metria. »Sie weiß, was es heißt, eine Frau ohne Alter zu sein.« Und mit einem Seitenblick auf mich setzte sie hinzu: »Na, Humfrey, wie siehst du jetzt die ganze Sau?«
»Die was?« fragte ich.
»Schwein, Ferkel, Eber, Bache…«
»Die ganze Sache?«
»Egal. Machst du mit oder was?«
Verstohlen sah ich noch einmal zu Rose hinüber: »Ich glaube, das ist unsere einzige Chance, mein Schatz.«
»Das fürchte ich auch, mein Liebster«, stimmte sie mir betrübt zu. »Nimm ihre Betreuung an, ich werde hier auf dich warten. Ich bin mir ganz sicher, daß in deinem zukünftigen Leben keine Dämonin eine Hauptrolle mehr spielen wird.«
»Aha. Aber was für eine Rolle haben sie in seiner Vergangenheit gespielt«, warf Metria ein. »Und welche Gegenwart steht ihm gerade ins Haus…«
»Was?« fragte ich.
»Gegenwert, Tausch, Handel, Abmachung…«
»Nein, du hattest schon das rechte Wort«, rief ich ungeduldig. »Was steht ins Haus. Was meinst du damit?«
»Zukunft und Vergangenheit stehen für dich fest, mein Lieber, aber ich werde dir eine Gegenwart bieten, die dich von deinem Studierhocker reißt. Schließlich wird man dich hochkantig aus der MU werfen. Dann gibt es allerdings keine Zukunft mit Rose von Roogna mehr für dich, und sie wird von dir gar fürchterlich enttäuscht sein. Ein Tragödie. Was werde ich mich köstlich amüsieren.«
»Ich glaube doch nicht, daß das eine so gute Idee von uns war«, sagte ich mit einem weiteren Seitenblick auf Rose.
»Es war sogar eine entschieden mittelprächtige Idee«, mußte Rose zugeben. »Aber auch die einzige Möglichkeit, die wir haben, mein Liebling. Beweise ihr einfach, daß sie keine Macht über dich hat, und kehre mit Brief und Siegel als Magier zu mir zurück.«
Mutig geworden durch das Vertrauen, das sie in mich setzte, besiegelte ich schließlich den Handel. »Gut, sei meine Betreuerin an der Magischen Universität«, forderte ich Metria auf. »Ich werde sie trotz all deiner Ablenkungsmanöver erfolgreich absolvieren.«
»Dann laß uns aufbrechen«, stimmte sie fröhlich zu. »Öffne das Pentagramm, und ich bringe dich hin.«
Ich rieb mit der Fußsohle an einer Stelle über die Linie des Bannkreises. Metria verwandelte sich in Rauch, kroch durch die so entstandene Öffnung hindurch und materialisierte nun in Form eines geflügelten Drachen. Die riesigen Kiefer des Drachen schnappten nach mir und packten mich. Glücklicherweise waren auch die Zähne mehr Schein als Sein. Sie konnten mir nicht den kleinsten Kratzer anhaben.
»Ich komme wieder!« war mein knapper Abschiedsgruß an Rose. Mehr war nicht drin, da sich der Drache schon in die Lüfte schwang und mich mit sich davontrug.
»Ich werde über dich wachen!« rief sie mir hinterher. Erst dachte ich, sie hätte eigentlich »auf dich warten« sagen wollen, dann aber fiel mir siedendheiß der Wandteppich ein und daß sie, wie schon so häufig, meine künftigen Taten darauf verfolgen konnte und würde. Allein das Wissen darum würde mich, sollte ich jemals in Versuchung geraten, bei der Stange halten.
Der Drache flog in Richtung Südost, bis sich unter uns eine große Wasserfläche erstreckte. Das war der Ogerlagersee, an dem in früheren Zeiten Oger lagerten, bevor sie sich zu ihrem Ogerfreßmoor-Marsch aufmachten. Hier nun tauchte der Drache
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