Höllenbote Angela
mir vorstellen, daß sie sich rächen wird. Und zwar an denjenigen, die dabei waren, als ihr die Falle gestellt wurde. Jetzt bist du an der Reihe, Abe. Wie viele Personen haben denn da mitgemischt?«
»Keine Ahnung.«
»Verdammt, das gibt es doch nicht.«
»Doch, das gibt es. Man hat mich ziemlich im Regen stehenlassen.«
»Warum hast du den Job dann angenommen?«
»Warum? Warum?« Er hob beide Arme. »Sagt ihr nein, wenn man euch Druck von oben gibt?«
Ja, da lag er schon richtig. Auch wir konnten uns nicht weigern. Leute wie Suko, Abe Douglas und ich waren letztendlich immer die Angeschmierten. Aber man versorgte uns wenigstens mit mehr Informationen, als es bei unserem Freund aus Amerika der Fall war.
Darauf sprach ich ihn an. Er gab mir in allem Recht und meinte nur: »Irgendwo müssen wir anfangen. Der Fall soll auch schnell erledigt werden, weil die NSA kein großes Aufsehen erregen will.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte ich sarkastisch. »Wir sollten noch einmal auf die Falle zurückkommen, die man Angela Sarti stellte. Weißt du, Abe, wer alles daran beteiligt gewesen ist? Ich kann mir kaum vorstellen, daß dieser Big Smith die Fäden allein gezogen hat. Er wird Mitstreiter gehabt haben, denke ich.«
»Klar. Sie haben überall ihre Leute.«
»Und wer war noch dabei?«
»Unter der Hand wurde mir eine Nachricht weitergeleitet«, sagte er leise. »Ich hörte von einem gewissen Raoul…«
»Weiter«, sagte ich, als nichts mehr kam. »Mehr nicht.«
»Das kannst du dir an den Hut stecken, Abe…«
»Moment, John. Er betreibt ein Bistro, das zur Falle umgebaut wurde.«
»Name?«
»Keine Ahnung. Raouls Bistro vielleicht. Könnte ich mir zumindest vorstellen.«
»Das läßt sich feststellen.« Ich kam noch einmal auf die tote Angela Sarti zurück und wollte erfahren, ob Abe Douglas mehr über sie wußte.
»Wenig, leider nicht genug. Man spricht davon, daß sie früher einmal auf der Gegenseite tätig gewesen sein soll. Sie war eine gefürchtete Terroristin, die man umdrehte, als sie schließlich gestellt wurde. Sie ging der gleichen Tätigkeit bei der NSA nach, und niemand legte ihr mehr Steine in den Weg. So ist das Leben.«
»Ja, so verlogen.«
Suko zeigte sich aktiv. »Laßt uns hier verschwinden. Vielleicht gibt es ja ein Bistro mit dem Namen Raoul. Wundern würde mich gar nichts mehr…«
***
Als wir uns durch den Londoner Verkehr wühlten, erschien immer wieder Sukos Gesicht vor meinem geistigen Auge. Ich sah den Triumph darin, denn er hatte es tatsächlich geschafft, diesen Raoul zu finden, vielmehr das Bistro, das tatsächlich seinen Namen trug und sich so einen frankophilen Hauch gab.
Es lag in Soho, nicht weit weg. Und es hatte sich inmitten einer Yuppie-Landschaft eingefügt, denn dieser Teil von Soho hatte mit dem alten nichts mehr zu tun.
Hier war abgerissen, neugebaut oder renoviert worden, und alles war auf chic gemacht. Glänzende Fassaden, teure Preise, doch was steckte dahinter?
Wenig zumeist. Mittlerweile standen zahlreiche Wohnungen und Geschäfte leer, und einige Mieten zeigten bereits wieder die Tendenz nach unten. Wie auch in den Docklands, Londons neuestem Viertel, das schön und chic war, aber auch viel Leere aufwies.
Einen Parkplatz fanden wir auch. Wir mußten allerdings zahlen und eine Art Alleestraße überqueren. Auf den Bürgersteigen bewegten sich um diese Zeit nicht viele Menschen. Erst am Nachmittag oder gegen Abend würde sich die Gegend füllen. Dafür leuchtete jetzt bereits die Weihnachtsreklame aus jedem Schaufenster. Mal kitschig, mal modern oder überspitzt oder kalt, denn Weihnachtsmänner aus Leuchtstoffröhren waren nicht so mein Fall.
Uns blies ein mittelprächtiger Wind gegen die Gesichter. Zu kalt war es nicht, aber am Himmel segelten die Wolken wie gewaltige Kissen unter dem Blau hinweg.
Das Bistro hatte geöffnet. Zumindest leuchtete die Reklame im Schaufenster. Auch dort stand ein Weihnachtsbaum, der schrill und bunt geschmückt war.
Wir schoben die auf alt gemachte Holztür nach innen und traten ein. Eine altmodische Klingel bimmelte über unseren Köpfen und sorgte dafür, daß sich die drei Gäste umdrehten, die an den wenigen Tischen saßen. Zwei junge Männer gehörten zusammen. Sie schmachteten sich an und tranken dabei Kaffee. Am Nebentisch saß eine Frau, die in einem Modemagazin las. Hinter der Theke stand nicht Raoul, sondern ein junger Mann mit dunklem Bürstenschnitt, weißem Hemd, schwarzer Weste und ebenfalls schwarzer
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