Höllenbote Angela
fiel auf den Rücken, er verlor seine Waffe und auch seine Taschenlampe. Aus der Wunde quoll Blut, und er blieb auch so liegen. Einige Sekunden geschah nichts, aber auf dem Gesicht des Mannes erschien der Ausdruck des Entsetzens, als hätte er etwas Furchtbares zu Gesicht bekommen.
Ich spürte, wie mich dieser Film mitriß. Ich hatte schweißfeuchte Hände bekommen, und auf meiner Stirn glänzte es ebenfalls. Was wir hier sahen, war kein Spielfilm, sondern Realität, auch wenn sie in der folgenden Zeit unbegreiflich war.
Die Waffe steckte noch immer in der Brust des Mannes. Plötzlich ruckte sie und wurde dann aus dem Körper gezogen.
Für uns unverständlich, aber sie blieb im Bild, denn sie wanderte schwebend über den Körper des Mannes hinweg, bis sie einen bestimmten Punkt erreicht hatte.
Wie ein tödlicher Uhrzeiger stand sie über dem Hals der liegenden Person, als wollte sie ihr klarmachen, daß deren Zeit abgelaufen war.
Dann fiel sie nach unten.
Senkrecht, kam nicht einmal aus der Richtung und traf den Hals voll. Sie blieb dort stecken. Dunkles Blut schoß wie eine Fontäne in die Höhe. Abe Douglas flüsterte: »Achtet auf das Blut. Auf das Ende dieser Säule. Es sieht so aus, als würde es im Nichts Verschwinden, aber ich bin sicher, daß dort etwas gewesen ist.«
Ja, so sah es tatsächlich aus. Es verschwand nicht im Nichts. Dennoch hatte es den Anschein, denn kein Tropfen Blut fiel wieder zurück auf den Boden.
Schließlich versiegte die Quelle. Die Waffe wurde aus der Kehle hervorgezogen.
Danach geschah zunächst nichts. Ich wollte schon Fragen stellen, aber Abe winkte ab.
Die Tür des Wagens öffnete sich. Die Waffe wurde auf den Beifahrersitz geworfen. Auch den Revolver des Toten hatte diese unsichtbare Person mitgenommen.
Da stieg jemand ein.
Die Tür wurde wieder geschlossen.
Jemand startete den Wagen.
Das Tor hob sich. Alles lief in umgekehrter Reihenfolge ab. Der Lincoln rollte aus dem Bau hinaus in die Dunkelheit der Nacht. Als letztes sahen wir noch seine Rücklichter, dann waren auch sie verglüht.
Neben uns bewegte sich Abe Douglas. Er stellte den Film ab und atmete tief durch.
»War’s das?« fragte ich leise.
»Ja, das ist es gewesen. Wir haben soeben einen der geheimsten Filme gesehen, der in den gesamten Staaten existiert. Und nun, meine Freunde, seid ihr dran…«
***
Das hatten wir uns schon gedacht. Wir wollten und mußten auch reden, aber nicht im Vorführraum, wo die Luft so trocken war, daß ich Durst bekommen hatte. Wir waren in die Kantine gegangen. Nicht, um etwas zu essen, da war uns der Appetit schon vergangen; ein Wasser oder ein Saft tat jetzt gut.
Ich hatte die Getränke geholt und setzte mich zu den beiden Freunden, die noch ein wenig blaß um die Nasen herum waren.
»Tja«, sagte Abe Douglas und kippte Wasser aus der Flasche in sein Glas. »Das ist das Problem. Wobei ich mich frage, ob es jemand gibt, der sich unsichtbar machen kann.«
Suko hatte schon getrunken und sagte: »Das hatten wir schon mal. Damals, Mark Baxter.«
»Stimmt. Das ist Vergangenheit.«
»Du glaubst nicht, daß er seine Hände mit im Spiel hat?«
»Auf keinen Fall.«
»Welche Lösung bleibt uns dann?«
Abe hob die Schultern. »Ich weiß es nicht, aber daß man beim NSA rotiert, ist doch klar.«
Das konnten wir nur bestätigen. Dennoch gefiel mir das nicht, denn gerade dieser Dienst hatte immer etwas zu verbergen. Da hatte man zwar mit Menschen zu tun, die allerdings kamen mir nicht so vor. Für mich waren sie eher Figuren oder Marionetten gewesen, die von einer bestimmten zentralen Stelle hin- und hergeschoben wurden.
»Abe«, sagte ich. »Wer war dieser Mann, der umgebracht wurde?«
Der G-man lachte freudlos. »Eine gute Frage. Du glaubst gar nicht, wie lange ich bohren mußte, um das herauszufinden. Er hieß Big Smith und ist einer der Einsatzleiter für die Region Europa gewesen.«
»Was hat er in dieser Halle gesucht?«
»Den Sarg.«
»Klar, Abe. Wenn ich mir die Szene recht in die Erinnerung rufe, dann hat niemand darin gelegen.«
»Richtig. Genau das ist unser Problem. Es gab keinen Inhalt, aber es hätte einen geben müssen.«
»Wer, wen oder was?« fragte ich leise.
Abe verzog bitter das Gesicht. »Ich will euch nicht von meinen Schwierigkeiten erzählen, bis man mir da eine Auskunft gegeben hat, denn niemand beschmutzt selbst sein Nest. Eigentlich hätte in diesem Sarg eine Frau liegen müssen. Sie hieß Angela Sarti und gehörte zu einem der Killertrupps,
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