Höllenfeuer (German Edition)
musste mich ganz allein aufziehen.“
„Hör auf! Hör endlich auf!“ , schrie Johannes Marie an.
Marie hörte auf zu erzählen. Unheimliche Stille eroberte den kleinen Raum. Johannes stand auf, wurde nachden k lich und ruhig, lief im Zimmer auf und ab. Langsam e r innerte er sich an die Ereignisse von damals vor zwa n zig Jahren. Es schien, als würde er wieder normal we r den, als würde er sich wieder von einem Mister Hyde in einen Menschen verwandeln.
„Was weißt d u noch von damals? Hat denn deine Mutter danach keine Männer mehr gehabt ? “ , fragte er in einem normalen Umgangst on, als hätte er sich nie vorher in einen Mister Hyde verwandelt.
„ Sogar mehrere. Aber das waren alles nur kurze B e kanntschaften. Etwas Festes war nie dabei. Ich weiß nicht, ob es an Mutter lag oder an den Männern. Mutter ist auch kein einfacher Typ. Sie hat genaue Vorstellungen, und wenn sie bei einem Mann nicht zutreffen, dann bleibt sie eben lieber allein.“
„Und wie geht es Rosi, ich meine, wie geht es d einer Mutter heute?“
„Es geht so. Man boxt sich halt durch. Mehr schlecht als r echt. Aber ich kann nicht klagen. Ich gehe ja auch arbe i ten. Da kommen wir schon zurecht.“
Johannes hörte gespannt zu. Plötzlich kamen Schuldg e fühle in ihm hoch. Er schämte sich sehr, Marie und ihre Mutter im Stich gelassen zu haben. Andererseits f reute er sich aber umso mehr, dass er von heute auf morgen so lch eine hü b sche Tochter hatte.
„Du bist so hübsch, Marie. Genau, wie Mama. Spricht sie noch manchmal von mir.“
„ Ja, ab und zu. Sie hat te Dich damals sehr geliebt und war sehr traurig, dass das mit e uch auseinandergegangen ist. Ich glaube fast , sie hat die ganze Zeit nur nach einem Mann wie d ich gesucht.“
„Wie hast d u herausbekommen, wo ich wohne?“
„Na, ja, das war gar nicht so einfach, weißt d u . Einwo h ne r meldeamt und so ein Gedöns . Ich habe e uch und e uren Bauernhof erst eine ganze Weile beobachtet, mir einen Überblick über die ganze Familie verschafft. Ich ko n nte ja nicht so einfach bei d ir klingeln. Also musste ich mir e t was einfallen lassen. Ich beobachtete heimlich Anna in der Di s co. Damals war sie noch mit Sabine b e freundet. Mir war klar, dass ich d ich am ehesten über sie kennenlernen kön n te .
Eines Tages sprach ich sie dann einfach mal auf der Stra ß e an. Wir tranken einen Kaffee zusammen und nach kurzer Zeit entwickelte sich eine Freundschaft. Ich verstehe es ganz gut , Menschen einzuwickeln und für meine Intere s sen zu gewinnen. Und den Rest kennst d u ja.“
Johannes schwieg. Er lief wieder im Zimmer auf und ab , die Hände in den Taschen. Ihm fiel es immer noch schwer, Marie die ganze Geschichte abzukaufen. Aber in der Art, wie sie sie rüberbrachte, wirkte sie durchaus glaubhaft. Er befreite Marie von den Fesseln gab ihr den Slip wieder und ein Stück von einer Küchenrolle.
„ Hier zieh d ich wieder an. Es tut mir leid. Das wollte ich nicht.“
Marie zog ihren Slip an und wischte sich mit der K ü chenrolle das Blut von der Lippe.
„Ich bin ja so froh, dass ich es d ir endlich sagen konnte.“
Marie stand auf, Johannes nahm sie in die Arme und drückte sie fest an sich , Tränen standen ihm in den Augen : „Marie, meine Tochter. Was habe ich nur getan? Es tut mir ja so leid. Sag mir, war es damals wirklich ein Unfall, mit Anna, d u weißt schon, oder hast d u ...?“
Marie unterbrach ihn: „Es war ein Unfall, ich schwöre. Das musst d u mir glauben.“
Johannes ging nicht darauf ein. Stattdessen fragte er: „ Und wie soll es nun weitergehen, mit uns?“
„Am besten so, wie bisher . Niemand soll erfahren, dass ich d eine Tochter bin. Das würde sonst zu viel aufrü t teln. Wir könnten uns ab und zu mal in der Stadt zum Eisessen tre f fen, wenn du möchtest.“
„Einverstanden. Ich brauche erst einmal ein wenig Zeit, um das G anze zu verdauen. Ich fahr d ich jetzt in die Stadt zurück .“
*
Auf der Fahrt in die Stadt, als sie am Krankenhaus vo r bei fu h ren, sagte Johannes: „Jetzt weiß ich auch, wen die Schwester im Krankenhaus meinte, als sie von einem jungen Mädchen sprach, das mich besuchen wollte.“
„Die Schwester hat es d ir also doch gesagt. Ich bat sie eigentlich darum, d ir nichts von meinem Besuch zu erzä h len. Dann gab ich ihr die Blumen.“
„Ach die schönen Rosen waren von d ir?“
„Ja, Papi.“
In der Stadt setzte Johannes sie auf ihren Wunsch vor dem Rathaus ab. Marie verabschiedete
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