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Hoellenflirt

Hoellenflirt

Titel: Hoellenflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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sind doch die, die dem Teufel kleine Kinder opfern und Nazisymbole auf Friedhöfe sprühen, oder?«
    Er verzog keine Miene. »Du hast vergessen, dass wir auch Menschenblut trinken.«
    Ich versuchte zu lachen, es klang in meinen Ohren aber nicht sehr überzeugend.
    »Und was machen wir hier? Kommen jetzt gleich deine Kumpels in schwarzen Kutten und opfern mich auf einem Grab?«
    »Hast du Angst?«
    »Nein, nicht die Spur. Gehört zu meinen liebsten Hobbys, mich mit Satanisten nachts auf dem Friedhof zu treffen. Kommt gleich nach Briefmarken sammeln.«
    Er sah mich von der Seite an. »Schade. Man sollte ab und zu mal seine Angst spüren. Es ist nichts Schlimmes, es macht einen stärker.« Er streckte eine Hand aus und griff unter sein Cape.
    Was, wenn er jetzt ein Messer herausholte? Gott, wie blöd war ich eigentlich? Ich rückte von ihm ab und überlegte, ob ich schneller laufen konnte als er.
    Er zog aber nur Zigaretten und ein Feuerzeug heraus. »Willst du auch eine?«
    »Nein, danke.«
    »Hast du keine Fragen?«
    »Doch, jede Menge sogar. Zum Beispiel: Was genau meinst du damit, dass du Satanist bist?«
    »Jedenfalls hat es nichts mit dem zu tun, was man in der Bild-Zeitung lesen kann. Satanismus bedeutet, dass man keinen Gott anbetet. Jede Art von Gottesvorstellung ist nur ein lächerliches Vehikel.« Er hielt kurz inne, zog an seiner Zigarette. Das Aufglimmen der Glut brachte ein wenig Licht und ich konnte seine Gesichtszüge erkennen.
    Unfassbar sexy, selbst in diesem Augenblick.
    »Man selbst ist Gott, doch man betet sich nicht an, sondern ist nur sich selbst die höchste moralische Instanz. Verstehst du?«
    Ich hatte Mühe, mich auf den Inhalt seiner Worte zu konzentrieren, so sehr irritierte mich seine körperliche Nähe. Aber ich versuchte, mich zusammenzureißen.
    »Was hat das alles mit Satan zu tun?«
    »Er ist nur ein Symbol. Er war es, der den Menschen die Er kenntnis gebracht hat. Du weißt schon, die böse Schlange, die Eva den Apfel gegeben hat, in den Adam dann reingebissen hat.« Er hielt kurz inne, nahm die Zigarette in die andere Hand und legte den frei gewordenen Arm hinter mir auf der Rückenlehne der Bank ab. »Was soll daran so schlecht gewesen sein? Überleg doch mal, was das Paradies in Wahrheit war: keine Eigenverantwortung, keine Selbstbestimmung. Nur Adam und Eva und der liebe Gott, der über sie bestimmte. Und in dem Moment, wo sie eine eigene Entscheidung treffen, wo sie anfangen, selbstständig zu denken, begehen sie eine Erbsünde? Kommt dir das nicht auch ziemlich unglaublich vor?«
    Darauf hatte ich keine Antwort. Ich hatte unzählige Religionsstunden hinter mich gebracht, aber warum hatte ich mich nicht ein einziges Mal gefragt, was daran schlecht sein sollte, wenn man Gut und Böse unterscheiden kann?
    »Aber wieso Satanist? Da kannst du doch auch einfach Atheist sein.« Ich war erstaunt, dass ich tatsächlich noch Sätze von mir geben konnte, die Sinn machten.
    Ich spürte, dass Valle grinste. Er rutschte dichter zu mir heran, legte den Arm nun richtig um meine Schulter.
    »Gute Frage. Aber hältst du dich als Atheist nicht aus allem heraus? Das ist der bequeme Weg. Du brauchst dich einfach nicht festlegen. Wir Satanisten haben dagegen eine Haltung, wir beziehen Stellung.«
    »Und die wäre?«
    »Wir finden zum Beispiel, dass alle Kirchen besteuert werden sollten. Wir glauben auch an Rache, anstatt einfach die andere Wange hinzuhalten.«
    Er redete nun lauter, gerade so, als ob er vor Publikum sprechen würde. »Und vor allem glauben wir an die unbefleckte Wahrheit statt an heuchlerischen Selbstbetrug. Dazu gehört auch, dass man sich über seine Gefühle im Klaren ist und sie nicht ständig unterdrückt, wie die Christen das tun. Wir glauben, dass das Leben jetzt stattfindet, nicht im Jenseits.«
    »Wenn ich jetzt also das Verlangen hätte, dich zu küssen, dürfte ich das einfach so, weil mir danach ist? Weil ich das Leben jetzt leben will?« Ich hörte, wie mein Herz wie wild pochte, glaubte, dass er es auch spüren müsste.
    Valle schüttelte den Kopf. »Nein. La Vey hat in den elf Regeln der Erde festgelegt, dass man niemandem sexuelle Angebote machen soll, bevor man keine eindeutigen Signale empfangen hat.«
    Die Enttäuschung schwappte über mich wie eine Woge. Was sollte das denn heißen? Empfing Valle denn gar nichts von mir? Wegen ihm hatte ich die letzen Wochen kaum einen Bissen heruntergebracht. Wegen ihm hatte ich nächtelang nicht schlafen können! Und ich war

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