Hoellenfluestern
Aufenthalts zur Verfügung gestellt hatte, gehörte zu der Sorte, die man am liebsten nie wieder verlassen würde: Das Bett war betäubend bequem, und die dicke Daunendecke war aus dem Stoff, aus dem Legenden sind. Nach einer Dusche vergrub Riley sich unter der Decke. Obwohl es kuschelig warm war, stellte sie gereizt fest, dass ihr Verstand sich weigerte, Ruhe zu geben.
Ihr Vater hatte das die Vergangenheit sortieren genannt. Er hatte immer behauptet, das Leben sei ein Buch, Zeile um Zeile niedergeschrieben, mit jedem Tag, der verstrich. Sobald die Zeilen zu Papier gebracht waren, konnten sie nicht mehr geändert werden.
So vieles von dem, was in den letzten Tagen geschehen war, hätte Riley nur zu gerne aus dem Buch getilgt. Es war wie eine Achterbahnfahrt der Gefühle – die Zeit, die sie mit Ori im Mausoleum verbracht hatte, die Begegnung mit Luzifer, der brutale, verletzende Streit mit Beck und die krankmachende Erkenntnis, dass er tief in seinem Inneren immer gehofft hatte, sie hätten eine gemeinsame Zukunft.
Riley drehte sich um und starrte an die Decke. Warum vermassele ich andauernd alles?
Aber das stimmte ja gar nicht. Sie hatte ihre Sache bei den Dämonenjägern gut gemacht, und sie hatte den Meistern bei den Nachforschungen zum Weihwasser geholfen. Nicht alles lief schlecht. Aber die Dinge, die schlecht liefen, hörten nie auf, sie zu quälen.
In Momenten wie diesen wünschte sie, ihre Mom oder ihr Dad wären hier, säßen am Bett und erzählten ihr eine Geschichte, wie früher, als sie noch ein Kind war. Danach hatte sie sich immer besser gefühlt. Alles, was sie wollte, war noch eine letzte Geschichte mit einem Happyend. Und noch mehr wünschte sie, es wäre ihre eigene Geschichte.
Es kam ihr vor, als sei nur eine Minute vergangen, als Stewart an die Tür klopfte und sie weckte. Sie reagierte mit einem Stöhnen. Geh weg! Noch ein Klopfen, drängender dieses Mal.
»Die Pflicht ruft! Zeit für die Überwachung«, rief ihr Gastgeber laut, dann entfernten sich seine Schritte.
Sie hatte nicht lange geschlafen.
Ein paar Minuten später schlurfte sie ausgiebig gähnend den Korridor hinunter. Ihr Verstand war noch ganz benebelt vom Tiefschlaf. Als sie die Treppe hinabstieg, entdeckte Riley eine Gestalt neben der Eingangstür, die in einem vertrauten abgenutzten Paar Stiefel steckte. Becks Arbeitstasche lag neben ihm auf dem Boden.
Wie angewurzelt blieb sie auf der Treppe stehen. Was macht der denn hier? Stewart würde sie doch wohl nicht mit diesem Kerl losschicken, oder? Er wusste, was zwischen ihnen vorgefallen war, zumindest den Teil mit Ori. Nicht einmal Stewart konnte so grausam sein.
Der Meister tauchte am Fuß der Treppe auf. »Ah, da bist du ja.«
Als sie die letzte Stufe erreichte, sah Beck sie finster an, wie ein Wasserspeier mit Verstopfung.
Der Meister ignorierte ihn. »Ihr beide müsst die Recyclingfabrik überwachen. Wenn ein Laster mitten in der Nacht irgendetwas abholt, folgt ihr ihm und findet heraus, wo sie ihren Laden haben.« Er richtete den Blick auf Beck. »Und dann rufst du mich an, verstanden? Du wirst dich nicht allein mit diesen Mistkerlen anlegen!«
»Jawohl, Sir.« Beck deutete mit einer Kopfbewegung auf Riley. »Sie brauche ich nicht. Erzähl mir einfach nur, wo ich hinsoll.«
Als sie seine ätzende Stimme hörte, zuckte Riley zusammen.
»Ich sagte, ihr beide übernehmt diesen Job.«
Ihr Protest kam zur gleichen Zeit wie Becks.
»Ruhig, alle beide«, schnitt Stewart beiden das Wort ab. »Ihr werdet tun, was ein Meister sagt, oder in der Zunft ist kein Platz für euch.« Abwechselnd warf er jedem von ihnen strenge Blicke zu. »Da ihr einige Stunde zusammen sein werdet, könnt ihr euer persönliches Problem angehen. Seht zu, dass ihr es in den Griff bekommt, verstanden?«
Er stapfte davon, der Stock pochte mit jedem Schritt auf den Holzfußboden.
Mist.
Beck warf ihr einen weiteren stechenden Blick zu, als sei alles ihre Schuld, dann verschwand er durch die Vordertür. Harper hätte sie so einen Wahnsinn durchaus zugetraut, aber dem Schotten? Hasst er mich wirklich so sehr?
Riley kehrte in ihr Schlafzimmer zurück und zog ihren Kapuzenpulli über die Bluse und den Sweater, anschließend schlüpfte sie noch in ihre Jacke. Beck war garantiert nicht so gut vorbereitet wie Peter, und sie wollte sich nicht die ganze Nacht den Hintern abfrieren.
Sie tappte aus der Vordertür hinaus in die kalte Nachtluft.
Ich will nicht hier sein. Nicht mit dir. Nicht, nachdem
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