Höllenflut
hatte, wurde mit Hilfe des
Satellitenortungssystems über das Wrack geschleppt und dann
so versenkt, daß er unweit des Vorschiffes der Princess Dou
Wan am Grund aufsetzte. Die Kranführer, die sich mit Hilfe von
Unterwasserkameras orientierten, brachten die an langen
Trossen hängenden Greifer in Position und bargen die Kisten,
die auf den Oberdecks vertäut und in den Frachträumen verstaut
waren und zwischen den beiden Rumpfteilen am Seeboden
lagen, und beförderten sie mitsamt ihrem Inhalt auf den
versenkten Kahn. Sobald er voll beladen war, wurden die
Ballasttanks mit Preßluft gefüllt, worauf der Kahn nach oben
stieg. Dann wurde er von einem Schlepper zum Hafen von
Chicago gebracht, wo ein Archäologenteam der NUMA die
Kunstschätze in Empfang nahm. Sie wurden vorsichtig aus den
verquollenen Transportkisten genommen und sofort in
Wassertanks gelagert, wo sie vor weiterem Verfall geschützt
waren, bis man sie endgültig konservieren konnte. Sobald der
eine Kahn weggeschleppt war, brachte man den nächsten in
Position und versenkte ihn neben dem Wrack.
Sechs Tauchboote - drei von der NUMA, ein kanadisches und
zwei von der Navy - hoben vorsichtig eine Kiste nach der
anderen und verluden sie im Frachtraum des versenkten Kahns.
Damit man leichter an die im Bauch des Schiffes verstauten
Kisten herankam, schweißten die in den Newtsuits steckenden
Taucher mit modernstem, unglaublich leistungsfähigem Gerät
die Stahlplatten am Rumpf auf. Sobald ein neues Loch
geschaffen war, drangen die Tauchboote vor und hievten,
unterstützt von den Kränen an Bord der Bergungsschiffe, die
Kisten heraus.
Das ganze Unternehmen wurde vom Kontrollraum an Bord
der Ocean Retriever aus überwacht. Von hier aus konnte man an
zahlreichen Bildschirmen und über die rund um das Wrack
aufgebauten Videokameras den Fortgang der Bergung genau
verfolgen. Pitt und Gunn, die dafür zu sorgen hatten, daß
Männer und Gerät immer am rechten Ort waren, ließen die
hochauflösenden Videosysteme nicht aus den Augen. Sie
arbeiteten in Zwölfstundenschichten, so wie alle anderen
Mannschaften an Bord der drei Schiffe, die rund um die Uhr
zahllose Kunstschätze aus dem Bauch des alten Dampfers
räumten.
Pitt hätte sonst was dafür gegeben, wenn er vor Ort hätte sein
können, sei es in einem der Tauchboote oder in einem Newtsuit,
aber da er aufgrund seiner Erfahrung Leiter dieses Projekts war,
mußte er die Arbeiten von oben beaufsichtigen und
koordinieren. Neidisch sah er auf einem der Monitore zu, wie
Giordino trotz seines gebrochenen Beines in ein Tauchboot, die Sappho IV, gehoben wurde. Giordino konnte über siebenhundert
Arbeitsstunden in Tauchbooten vorweisen, und das hier war sein
Lieblingsgerät. Diesmal wollte der durchtriebene kleine Italiener
in die Aufbauten der Princess Dou Wan vordringen, nachdem
die Taucher Löcher in die Schotten geschweißt hatten.
Pitt drehte sich um, als Rudi Gunn in den Kontrollraum trat.
Die Strahlen der Morgensonne fielen durch die Tür und
spiegelten sich in den Instrumenten, zu denen ansonsten kein
Tageslicht drang, da der Raum weder Bullaugen noch Fenster
besaß. »Du bist schon da? Ich hätte schwören können, daß du
gerade rausgegangen bist.«
»So kann die Zeit vergehen«, antwortete Gunn lächelnd. Er
hatte eine Rolle unter den Arm geklemmt, eine große, aus
zahllosen Einzelbildern zusammengesetzte Aufnahme vom
Fundort des Wracks, die man vor Beginn der Bergungsarbeiten
angefertigt hatte. Sie leistete wertvolle Dienste, wenn es darum
ging, die zwischen den Wracks verstreuten Trümmer
aufzuspüren und die Tauchboote und die Taucher an Ort und
Stelle zu lotsen. »Wie weit sind wir?« fragte er.
»Der Kahn ist voll und wird gerade gehoben«, erwiderte Pitt.
Er roch den Kaffeeduft, der aus der Kombüse herüberzog, und
sehnte sich nach einer Tasse.
»Diese schiere Masse an Kunstschätzen ist für mich nach wie
vor unfaßbar«, sagte Gunn, als er sich vor den Bildschirmen und
den Funk- und Fernsprechgeräten niederließ.
»Die Princess Dou Wan war unglaublich überladen«, sagte
Pitt. »Kein Wunder, daß sie auseinandergebrochen und
untergegangen ist, sobald sie in schwere See geriet.«
»Wie lange dauert's noch, bis wir fertig sind?«
»Der Großteil der am Grund herumliegenden Transportkisten
ist geborgen. Das Heck ist so gut wie ausgeräumt. Die
Frachträume im Bug sollten bis Ende der nächsten Schicht
ebenfalls leer sein. Jetzt müssen wir nur noch
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