Höllenfracht
Sands starrte zum Fenster der Tankkabine in die tintenschwarze Dunkelheit hinaus. »Und ich werde einen Bericht schreiben, auf meine ›übliche angemessene, zuverlässige Art‹, das schwör' ich dir, du Bastard«, murmelte er. »Und wenn sie dich dann am Spieß rösten, werde ich zuschauen.«
»Na, wie steht's?« fragte Elliott Ormack. Der Kopilot hatte soeben mit McLanahan gesprochen. Sie hatten die Entfernungen koordiniert, die Höhe und die Treibstoffversorgung. Elliott war gerade fünf Minuten unter der Feuerwehr-Sauerstoffmaske gewesen und hatte sich in dieser Zeit die Instrumente im Cockpit angesehen, die die Treibstoffverteilung links und rechts anzeigten.
»Wollen Sie zuerst die gute oder die schlechte Nachricht?« fragte Ormack.
»Lieber die schlechte zuerst.«
»Es fehlen uns an die sechzigtausend Pfund Treibstoff«, sagte Ormack.
Elliott schwieg. Das war eine gewaltige Menge ...
»Das beinhaltet natürlich die achtzehntausend, die der Tank faßt, der uns abgebrochen ist«, ergänzte Ormack. »Ich habe etwas Sprit in den linken Innentank und die linken Tragflächenaußentanks fließen lassen, als wir beim Auftanken waren. Aber sie haben beide ziemliche Lecks. Fast alles ist raus - an die fünfzehntausend Pfund.
Den Rest habe ich in die Haupttanks geschickt, damit wir ihn nicht auch noch verlieren. Am rechten Außentank ist wahrscheinlich ebenfalls ein kleines Leck. Unser automatisches Treibstoff-
Überwachungssystem ist solange funktionsfähig, bis der rechte Zusatztank und die Außentanks trocken sind. Deswegen verzieht es uns auch das rechte Ruder so stark. Unser rechter Tragflügel ist einundzwanzig Tonnen schwerer als der linke.«
»Sechzigtausend Pfund zu wenig«, murmelte Elliott. »Treibstoff für zwei Stunden. Schön, und was ist mit der guten Nachricht?« Er blickte Ormack an, der McLanahan zunickte.
»Ich habe mir die aeronautischen Karten angesehen, die wir an Bord haben«, begann McLanahan. »Da gibt es ein paar zivile Luftstraßen von Alaska nach Japan, die ziemlich nahe an der Halbinsel Kamtschatka vorbeiführen.«
»Ja, ja«, sagte Elliott, während Ormack sein Exemplar der Navigationskarte für große Höhen auseinanderfaltete. »Die Russen können ihren Luftraum nicht völlig zumachen, auch nicht in ihrer Luftabwehr-Identifizierungszone. Aber um da reinzugehen, brauchen wir einen offiziellen Flugplan. Wenn wir einfach von irgendwoher auftauchen, haben wir unter Garantie im Nu die Abfangjäger am Hals.«
»Sie werden uns aber nicht sehen«, meinte Wendy Tork.
»Wie sollen sie uns denn übersehen?« fragte Ormack. »Diese Luftstraße ist ganze ...« er maß mit Hilfe eines Bleistifts nach, »...
ungefähr hundertzwanzig Meilen von ihrem Radar entfernt. «
»Na und? Hat uns Seattle Center vielleicht gesehen? Das war die gleiche Entfernung. Und ich möchte doch unterstellen, daß das Radar von Seattle ein bißchen besser ist als das sibirische. Unsere Fiberstahlhaut hat ihre Bewährungsprobe bereits bestanden. Los Angeles Center konnte uns ebenfalls nicht sehen, als wir in ›Traumland‹ starteten! Und dabei waren wir dort mitten in deren Luftraum!«
»Schon, aber hier müssen wir schließlich irgendwie über ihre Küste eindringen«, beharrte Ormack. »Wie sollen wir das anstellen?«
»Dave und ich«, meldete sich McLanahan, »haben hier unten ein bißchen am Computer herumgespielt. Wollt ihr wissen, was dabei herauskam? Also, da ist eine Insel vor der Küste von Kamtschatka, ungefähr auf halbem Weg zwischen Kawaschnija im Norden und den Vorbuchten bei Petropawlowsk im Süden.
Sie ist ziemlich groß und hat einen Flugplatz. Wenn ich mich nicht irre, haben sie dort auch eine Horchstation.«
»Beringa«, sagte Dave Luger zur Erläuterung. »Da haben sie einen Kreis herum, der sieht aus wie einfaches Überwachungsradar.« Er widmete sich wieder seiner Arbeit am Computerterminal.
»Diese Insel Beringa«, fuhr McLanahan fort, »liegt genau in einer Radarlücke zwischen dem Flugplatz Ossora bei Kawaschnija und dem von Petropawlowsk. Außerdem ist sie nur ein paar Meilen von der Luftstraße für große Höhen zwischen Anchorage und Japan entfernt. Genau in diese Lücke könnten wir hineinfliegen. Wir könnten uns am Beringa-Radar entlang bewegen - wobei wir immer auf unterer Höhe bleiben. Wenn wir dann in das High-Altitude-Radar geraten, sind wir gerade noch siebzehn Minuten von der Küste entfernt. Wir schlüpfen unter dem HA-Radar durch und verstecken uns in den Bergen,
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