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Hoellenglanz

Hoellenglanz

Titel: Hoellenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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hatte, und selbst wenn er es mir nicht sagen konnte, seine Handlungsweise teilte mir mit, dass wir ein Problem hatten und nichts weiter tun konnten, als ihm nach Möglichkeit zu entkommen.
    »Da drüben ist ein Bach«, sagte ich, während ich ihm die Richtung zeigte. »Wenn das ein Werwolf ist, den wir abschütteln wollen, dann unterbricht das Wasser unsere Fährte, oder?«
    Er antwortete, indem er sich in diese Richtung in Bewegung setzte.
     
    Der Bach war nicht viel mehr als ein Rinnsal, aber es reichte, um unsere Spur zu verwischen. Als wir weiterrannten, grub er sich allmählich tiefer in die Erde; die Ufer stiegen rechts und links zu steilen Böschungen an. Wenn wir hier blieben, würden wir am Ende noch in der Falle sitzen.
    Derek übernahm die Führung und kletterte das steile Ufer hinauf, ich hinterher. Meine durchweichten Schuhe rutschten im Dreck ab, als ich nach Wurzeln griff, um mich höher zu ziehen. Ich bewegte mich so leise, wie ich konnte, denn jeder Werwolf, der sich in der Nähe aufhielt, würde das gleiche scharfe Gehör haben wie Derek.
    Wir rannten an dem hohen Ufer entlang, bis wir ein dichteres Waldstück erreicht hatten. Derek scheuchte mich zu einer kleinen Lichtung und legte sich dort auf den Boden, die Vorderbeine ausgestreckt, Kopf und Schwanz am Boden – er versuchte, sich in seine menschliche Gestalt zurückzuwandeln. Aber nach ein paar Minuten des Fauchens und Abmühens gab er auf.
    »Wir können nicht hierbleiben«, sagte ich. »Wenn es ein Werwolf ist …«
    Er grunzte, um mir dies zu bestätigen.
    »Dann wird er unsere Spur irgendwann finden. So groß ist der Wald ja nicht.«
    Wieder ein Grunzen.
Ich weiß.
    »Ich glaube, das Haus liegt in dieser Richtung.«
    Er schüttelte den Kopf und zeigte mit der Nase etwas weiter nach links.
    »Okay, gut«, sagte ich. »Dann brauchen wir also nur …«
    Er wurde plötzlich ganz ruhig, hob die Nase, ließ die Ohren kreisen. Ich ging neben ihm in die Hocke. Er witterte weiter, wobei er tief in der Kehle murrte, als hätte er eben einen Geruch aufgefangen, den er jetzt nicht wiederfinden konnte. Irgendwann schob er mich zu der Mündung der Lichtung und machte ein Geräusch, von dem ich zunächst glaubte, es bedeutete
Renn.
Aber als ich losschoss, packte er das Rückenteil meiner Jacke mit den Zähnen.
    »Langsam?«, flüsterte ich. »Leise?«
    Ein Grunzen.
Ja.
    Er glitt vor mich und tat einen Schritt. Dann einen zweiten. Eine Wolke schob sich vor den Mond, und der Wald wurde schwarz. Wir blieben stehen. Weiter rechts knackte ein Zweig. Derek fuhr so schnell herum, dass er gegen mich prallte. Dann stieß er mich nach hinten und schnappte nach mir, als ich mich nicht schnell genug bewegte.
    Als ich auf die Lichtung zurückwich, meinte ich, an ihrem Rand einen dunklen Umriss zu erkennen. Beim nächsten Knacken eines Zweigs warf Derek sich gegen meine Kniekehlen, stieß und schob mich, bis ich den hinteren Rand der Lichtung erreicht hatte, und weiter ins dichte Gestrüpp hinein.
    »Ich kann doch nicht …«, flüsterte ich.
    Er schnappte und knurrte.
Doch, kannst du.
    Ich ging auf alle viere und arbeitete mich tiefer ins Unterholz, die Hände vor dem Gesicht, um es zu schützen und mir einen Pfad zu bahnen. Ich war nur ein, zwei Schritte weit gekommen, als ich gegen einen Baum stieß. Dicke Sträucher versperrten mir auf beiden Seiten den Weg. Ich drehte mich um, um Derek zu sagen, dass ich nicht vorankam, aber er war am Eingang meines Verstecks geblieben. Sein Hinterteil versperrte die Mündung des Tunnels.
    Die Wolkendecke wurde dünner, und eine Gestalt wurde auf dem Pfad sichtbar. Es war ein zweiter Wolf, so schwarz wie Derek. Er schien auf uns zuzugleiten, lautlos wie Nebel, der langsam und stetig in unsere Richtung trieb.
    Die Wolken hatten den Mond schließlich passiert, aber der Wolf war immer noch schwarz wie die Nacht, nur an einer Flanke bemerkte ich hellere Streifen. Als ich die Augen zusammenkniff, um besser zu sehen, stellte ich fest, dass die Streifen von fehlendem Pelz herrührten. Die bloße Haut war rosa und runzlig von Narbengewebe. Ich hatte diese Narben wenige Tage zuvor schon einmal gesehen.
    »Ramon«, flüsterte ich.
    Derek fauchte, sein Pelz sträubte sich, der Schwanz plusterte sich auf, die Reißzähne blitzten. Aber der andere Wolf kam auf uns zu, stetig und unnachgiebig. Irgendwann brüllte Derek auf und stürzte auf ihn los.
    Ramon blieb stehen. Er wich nicht zurück. Knurrte nicht einmal. Er hielt ganz einfach die

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